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ADAM, Adolphe Charles: DAS SCHWEIZERHAUS (Le Chalet)

Adolphe Charles Adam (1803-1856):
LE CHALET
(Deutsche Titel: Das Schweizerhaus, Die Almhütte, Die Sennhütte)

Oper in einem Akt
Libretto von Augustin Eugène Scribe und Mélesville (Anne-Honoré-Joseph Duveyrier)
nach dem Lustspiel „Jery und Bätely“ von Johann Wolfgang von Goethe
Uraufführung am 25. September 1834 in der Pariser Opéra-Comique.


Personen der Handlung:
Daniel, ein junger Pächter
Max, Offizier eines Schweizer Regimentes
Bettly, seine Schwester
Chor: Dorfbevölkerung, Soldaten

Ort und Zeit: Dorf im Kanton Appenzell während der napoleonischen Kriege.


Einziger Akt.
Inneres einer Sennhütte. Ein Fenster gibt den Blick auf das Hochgebirge frei. Jungen und Mädchen in der Landestracht kommen singend daher.

Die männliche Dorfjugend sucht nach Daniel, die Mädchen rufen nach Bettly, doch sie treffen beide in der Hütte nicht an. Als sie nach einiger Zeit des Wartens wieder gehen wollen, kommt Daniel auf die Szene. Sofort geraten die Mädchen über den schönsten Burschen des Appenzeller Landes ins Schwärmen, und die Burschen überlegen, ob sein freudiger Gesichtsausdruck auf den Brief, den sie ihm geschickt haben, zurückzuführen ist. Daniel liefert in einer Arie die Erklärung für seine Freude: Endlich, nach langer Zeit des Hinhaltens, hat Bettly einer Heirat zugestimmt, jetzt hat er es sogar schriftlich! Und diese Hochstimmung lässt ihn alle seine Freunde zum Schmause einladen. Wenn er die Wahrheit kennen würde, hätte er die Einladung bestimmt nicht ausgesprochen.
Als die Clique wieder gegangen ist, geht Daniel mit Bettlys Brief triumphierend auf und ab. Er ist hin und her gerissen, weil er sich einerseits freut, andererseits den Grund für Bettlys Sinneswandel nicht kennt und deshalb überlegt, was er tun soll. Weit kommt er mit seinen Überlegungen nicht, denn seine Angebetete kommt in die Hütte und erzählt aufgeregt, dass sie einen Brief ihres Bruders Max erhalten habe, in dem er ihr sein Kommen anzeigt. Fünfzehn Jahre ist es her, dass er zum Militär ging; damals war sie ein kleines Kind und hat geweint; dennoch erinnert sie sich ganz genau an seine Abschiedsworte:
Adje, Schwesterchen! Wenn mich keine Kugel wegrafft, so bin ich zu deiner Hochzeit wieder da.

Daniel meint, das träfe sich ja gut, denn so müssten sie nicht auf seine Rückkehr warten, um heiraten zu können (dazu sei der Hinweis erlaubt, dass Frauen damals die Erlaubnis des Vaters oder des ältesten Bruders zu einer Heirat haben mussten). Bettly glaubt sich verhört zu haben: Wie kommt er aufs heiraten? Daniel antwortet unsicher, dass sie ihm genau das geschrieben und ihr Einverständnis zur Heirat signalisiert hat. Bettly bestreitet das vehement und nennt sogar einen triftigen Grund: Sie kann doch nicht schreiben, mit Mühe und Not nur ihren Namen. Und fügt dann noch hinzu, dass er offensichtlich einem bitterbösen Streich aufgesessen ist. Daniels Antwort zeigt Unverständnis:
All meine Fässer hab‘ ich angestochen, einen Ochsen und zwei Hammel geschlachtet, allen meinen Gänsen die Hälse abgeschnitten. Warum denn nicht – war ich doch so unaussprechlich glücklich – die ganze Welt hätt‘ ich einladen und bewirten mögen, und sie meine Wonne mit empfinden lassen – ich war außer mir vor Seligkeit – ganz berauscht – ja, dieser Taumel hat mich noch zu weit mehr hingerissen; ich bin sogar zum Advokaten gelaufen, um den Heirats-Kontrakt ausfertigen zu lassen.

Bettly ist des Diskutierens leid und sagt, dass sie nie heiraten werde, weder Daniel noch irgendeinen anderen Mann, denn sie liebt ihre Freiheit und will sich einfach nicht einem anderen unterordnen. Damit lässt sie ihn stehen und geht davon. Daniel ist verzweifelt und fragt sich, ob er ins Wasser gehen oder sich vom Berg in die Tiefe stürzen soll.
In diesem Moment wird seine Aufmerksamkeit von einem Trupp Soldaten gefordert, die auf die Hütte zukommen: Sind das Österreicher? Oder Franzosen? Oder sogar Russen? Nein, stellt Daniel erleichtert fest, es sind Schweizer, und deren Offizier singt sich vor der Hütte seine Heimatliebe von der Seele. Er befiehlt er seinen Untergebenen, sich hier zu lagern, während er in die Hütte geht und Daniel nach dem Weg zur Gemeinde Herißau fragt, weil er sich dort mit seinem kleinen Trupp dem Regiment anschließen will. Daniel sagt mit Nonchalance, den Ort könne er bequem in drei Tagen Fußmarsch erreichen; im Dorf unten kann er sich aber gerne mit seinen Soldaten auf seinem Hof stärken und übernachten.
Dann stellt er sich dem Herrn Offizier vor, der erstaunt angibt, von Daniel schon viel Gutes gehört zu haben. Dem kommt das gelegen, er bietet sich nämlich als Freiwilliger für die Armee an. Auf die Nachfrage des Offiziers nennt er nicht nur den Grund, unerwiderte Liebe, sondern auch den Namen der Maid: Bettly Sterner. Überrascht sagt der Offizier zu sich selber: „Meine Schwester.“ Max beschließt, seinem Schwager in spe zu helfen: Er verlangt, dass Daniel seine Papiere holt, weil er ohne sie nicht in die Armee aufgenommen werden kann.
Nach Daniels Abgang, ruft er seine Untergebenen herbei und befiehlt:
So plündert denn, Freunde, ohne Gnade dies Haus.
Skeptisch, aber vom Sergeant ermuntert, geben sie ihrer Freude chorischen Ausdruck:
Den Wein, den Wein, den Rum, den Rack, / Nur schnell damit in deinen Sack;
Steck ein, mein Kamerad, / Im Krieg ist alles dem Soldat!
Auf, zu suchen Wein und Braten, / Dringen wir zum Haus hinein,
Zeigt euch tapfer ihr Soldaten, / Holen wir gar schnell den Wein.
Mit Flaschen angefüllet / Soll unser Ranzen sein;
Doch erst den Durst gestillet / Sonst schrumpft der Magen ein.

Nun tritt Bettly auf und glaubt ihren Augen nicht trauen zu dürfen. Ihre Beschwerden über das Tohuwabohu prallen an Max und seinen Soldaten ab. Erst als die angeheiterten Uniformträger auch noch einen Kuss haben wollen, schreitet Max ein: Das geht zu weit, Kontenance bitte! Da tritt ein Soldat mit einer Küchenschürze aus der Türe und ruft alle zum Essen fassen. Sofort verbreitet sich Hochstimmung unter den Soldaten, während Bettly – die ihren Bruder nicht erkannt hat (und Max nicht ihren Seelenzustand) – ihre Angst vor den ungestümen Soldaten äußert.
Nachdem Max und sein Trupp vor die Hütte gegangen sind, gerät Bettly ins Grübeln: Wie soll sie sich nur wehren, wenn die Soldaten den Tag und die kommende Nacht hier bleiben wollen? Ihr nächster Nachbar ist Daniel, aber kann sie zu ihm flüchten? Das gäbe ein Getuschel unter den Leuten des Dorfes, denn schließlich ist Daniel kein Verwandter und dazu noch unverheiratet!
Als ein Wink des Schicksals kommt es Bettly vor, dass eben jener Daniel auf die Hütte zukommt. Auffällig ist, dass er ein Bündel um die Spitze eines Säbels gebunden über der Schulter trägt. Auf ihre entsprechende Frage antwortet er, dass er sich vom Offizier des Trupps zum Militär anwerben lassen will, weswegen er sich aus seinem Haus die notwendigen Papiere geholt hat. Bettly reagiert geschockt, als er ihr sein Testament mit der Bitte übergibt, dass sie es nach seinem Tode eröffnen soll. Sie wendet sich abrupt von ihm ab, als er die ausgeschlagene Hochzeit als Grund für seine Entscheidung nennt. Plötzlich aber dreht sie sich wieder zu ihm um, und bittet ihn, sie nicht alleine zu lassen, weil sie sich von den Soldaten bedroht fühlt. Daniel lehnt ihre Bitte erst ab, wird dann aber durch ihre enttäuschte Mine umgestimmt – er bleibt und Bettly zeigt sich sichtbar erleichtert. Sie setzen sich und ihre plötzlich auftretende Müdigkeit lässt sie einschlafen…
…als jedoch Max eintritt, der den leicht Betrunkenen mimt, erwacht Bettly und fährt erschrocken hoch. Er gibt vor, sich bei ihr für die hervorragende Bewirtung danken zu wollen, und diesen Dank will er partout mit einem Kuss belohnt wissen. Das weist sie als „Frechheit“ zurück, worauf Max sagt, er wolle ihren Mann um die Erlaubnis bitten. Entrüstet antwortet Bettly, dass sie unverheiratet sei. Das sei ja noch besser, meint Max, dann müsse er ja auch nicht großartig fragen – und umarmt sie stürmisch. In diesem Augenblick wacht Daniel auf und geht wütend dazwischen. Es kommt zu einem – von Max gut gespielten – Wortgefecht, das in einer Duellforderung an Daniel endet. Das hat der natürlich nicht erwartet und beginnt zu schlottern: Sollte sein Ende doch früher kommen, als er es erwartet hat? Betty fühlt sich berufen, die beiden „Streithähne“ zu beruhigen, doch Max weist sie höflich aber bestimmt hinaus: Das ist eine Sache unter Männern, da hat das schöne Geschlecht nicht mitzureden! Ängstlich geht sie hinaus.
Bettly kann nicht anders, sie schaut immer wieder durch den offenen Türspalt und bekommt mit, dass Max seinen „Kontrahenten“- sobald die Glocke schallt – zum Fichtenwald bestellt. Dann geht er ab und Bettly kommt verstohlen herein: Während sie auf sein Bleiben hofft, spielt Daniel ihr vor, dass er sich mit dem Sergeanten geeinigt hat. Er nimmt seinen Säbel, das Bündel und seine Papiere, geht auf Bettly zu und gibt ihr zum Abschied einen Kuss. Dass sie sich nicht gewehrt hat, lässt ihn erstaunt innehalten, dann bekennt er, glücklich über das „süße Angedenken“ zu sein und geht hinaus. Die Szene hat Max durch den Türspalt beobachtet und lächelt zufrieden, tritt dann aber mit Befehlston wieder ein und fordert Daniel auf, mit ihm zu kommen.
Jetzt, mag sich Bettly gedacht haben, jetzt muss es sein: Sie behauptet, Daniel sei ihr Ehemann, der, so jung als er noch ist, den Tod noch nicht verdient habe. Daniel blickt erstaunt auf, will etwas entgegnen, doch Bettly flüstert ihm zu, sie habe diesen Trick angewandt um ihn zu retten – aber er solle bedenken, dass es nur gespielt sei! Dann küsst sie ihn, was Max – gut gespielt – argwöhnisch beäugt. Aber dann, darüber hat Bettly nicht nachgedacht, will er den Ehekontrakt als Beweis sehen.
Während Bettly ratlos dasteht, hat Daniel kein Problem mit dieser Forderung: Der liegt, sagt er, bei seinen übrigen Sachen nebenan in der Kammer. Max schaltet sofort und befiehlt Bettly, das Papier zu holen. Die gehorcht, geht nach nebenan, und Daniel beginnt wieder zu zittern: Zwar hat er den Kontrakt unterschrieben, aber Bettly noch nicht. Als sie zurückkommt, nimmt Max ihr den Kontrakt sofort ab und stellt fest, dass beide Ehegatten unterschrieben haben. Bettly wirft ein, dass er noch ungültig sei, weil die Unterschrift ihres Bruders noch fehle. Mit den Worten „Du irrst Dich“ geht er an den Tisch, unterschreibt und reicht ihn Daniel; der liest überrascht laut: „Max Sterner, Sergeant.“ In einem Terzett, in dem sich Bettly geschlagen gibt, Daniel freudig an eine gemeinsame Zukunft mit seiner Angebeteten denkt, bittet Max für sein Täuschungsmanöver beide um Verzeihung – nicht ohne darauf hinzuweisen, dass es ihm nur um ihr Glück gegangen sei.
Aus dem Dorf sind inzwischen die Bauern und Bäuerinnen gekommen, auch die Soldaten tauchen wider auf; gemeinsam lassen sie diese Komödie ausklingen.

Anmerkungen:
Adolphe Adam war nicht nur ein erfolgreicher Komponist, sondern auch ein geachteter Kritiker. Es sind um die fünfzig Opern aus seiner Feder geflossen, darunter der auch heute noch immer hoch geschätzte „Postillion von Lonjumeau“ und sechzehn Ballette, darunter vor allen Dingen „Giselle“, die Ballettgeschichte geschrieben hat. Was aber ist sonst heute noch von diesem Komponisten lebendig? Die Antwort ist ernüchternd: Im Grunde wenig bis gar nichts! Dabei hat der hier vorgestellte Einakter mit seiner zündenden Musik durchaus Lebensfähigkeit bewiesen: Um die 1400 Aufführungen in Paris sprechen eine deutliche Sprache. Dann aber geriet das Werk in Vergessenheit – bis 2013 beim Rossini-Festival in Wildband auch das heutige Publikum zu begeistern vermochte.

© Manfred Rückert

Die nachstehende Aufnahme ist bei amazon nur als mp3-Version gelistet:

Sébastien Droy

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