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Beethoven, Klaviersonate Nr. 4 Es-dur op. 7, "Grande Sonate"

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Nr. 28

 

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Beethoven, Sonate Nr. 4 Es-dur op. 7

Tatjana Nikolajewa, Klavier

AD: 1983, Moskau live

Spielzeiten: 9:11-7:45-5:05-6:49 — 28:50 min.;

 

Tatjana Nikolajewa beginnt den Kopfsatz wesentlich langsamer als Paul Badura-Skoda, im temporalen Binnenverhältnis der ersten beiden Sätze eher wie Arturo Benedetti Michelangeli. Auch sie nimmt die Steigerungen zunächst noch moderat, bis auf die beiden ff-Akkorde natürlich. Auch die Sforzandi n den Takten 41 und 43, 51 und 53 sind gut zu vernehmen. Sie schafft einen schönen Kontrast zwischen den Legatostellen und den Staccati, Das lyrische Seitenthema ab Takt 59 fließt organisch in den musikalischen Ablauf ein, und die anschließenden Staccato-Achtel lässt sie in die beiden (nicht bis zum Äußersten gehenden) ff-Takte rein gleiten. Ganz entspannt leitet sie dann im Pianissimo zu den Achteloktaven und in die Schlussgruppe ab Takt 93 über. Auch die beiden aufstrebenden Sechzehntel-Legatobögen entlocken ihr noch kein richtiges Fortissimo. Die dann folgenden Oktavverschiebungen strukturiert sie mit kräftigen Sforzandi und kommt dann im Schlussanstieg zum Ende der Exposition.

In der Durchführung beginnt Nikolajewa dann mit zwei doch kräftigen ff-Akkorden und lässt ihnen schöne Achtelbögen folgen, an die sich eine kräftige Sforzandokette und im zweiten Teil, zwischen den beiden Doppelstrichen, die kontrastreiche Sequenz mit Pianissimi und Fortissimi anschließen, die unvermittelt vom pp in die ff-Reprise rein fallen, in der dynamisch am Beginn viel Betrieb ist und nach den vielen Achtelläufen kommt dann mit dem lyrischen Seitenthema wieder etwas Ruhe auf, ehe dann wieder Fortissimo-Takte und Sforzandoketten das dynamische Geschehen anheizen. Und in dieser Wiederholung setzt Nikolajewa dann auch die dynamische Grenze höher und erreicht nun doch das ff, präsentiert wieder prachtvolle Oktavverschiebungen, die in die höchst bewegte Coda übergehen und mit einem letzten pp-ff-Kontrast das Satzende bringen.

 

Tatjana Nikolajewa spielt das Largo zwar schneller als ABM und Brendel, aber etwas langsamer als Badura-Skoda, aber auch bei ihr scheint mir die Ausführung des zweiten Themas ab Takt 25 temporal zumindest grenzwertig zu sein. Dynamisch ist nichts dagegen einzuwenden. Ihrer Triller in der hohen Oktave haben auch nicht die silbrige Helligkeit und Leichtigkeit, die ich sonst höre. Auch bei Badura-Skoda gefällt mir diese Stelle besser.

Der Sforzandokette ab Takt 45 geht am Ende etwas die Luft aus, das anschließende Decrescendo ist wieder in Ordnung. Auch der Beginn der Reprise in Takt 51 gefällt mir wieder sehr gut, und die Überleitung zur Coda ab Takt 74 und die Coda selbst sind einfach grandios!!

Ein Satz mit viel, viel Licht und etwas Schatten.

 

Das Allegro spielt Tatjana Nikolajewa mit schönem weichem Anschlag, dynamisch ausgewogen und nicht zu schnell, etwa in dem Tempo wie Badura-Skoda, aber etwas schneller als Brendel. Das Minore spielt sie gemessen in Tempo und Dynamik, ganz dunkel im Ton. Die Wirkung ist eher dunkel geheimnisvoll als schauerlich bedrohlich. Noch einmal folgt das liebliche Allegro da capo.

 

Das Rondo beginnt  Nikolajewa mit normalem Tempo und leichtem, federnden Rhythmus. Dynamisch bewegt sie sich im mittleren Rahmen. Auch die aufwärtsstrebenden Forte-Zweiunddreißigstel Takt 16, 18 und 20 sind moderat, während die abwechselnden Forte- und Piano-Figuren ab Takt 22 einen größeren Kontrast bilden. Im durchführenden Abschnitt ab Takt 63 erweitert sie die Dynamik. Leider vergisst auch sie, wie Badura-Skoda, am Ende der bewegten Durchführung, das Ritartando, das für meine Begriffe eine Schlüsselstelle ist, ebenso, wie das Mancando ab Takt 39 im Allegro, das auch beide vergessen haben.

Aber die Reprise ist dann wieder ohne Fehl und Tadel. Da sind die dynamischen Einheiten wieder gut erfasst, auch der Codateil ab Takt 166, den sie ähnlich ausdrucksvoll spielt wie Badura-Skoda, ihn vielleicht aber doch nicht ganz erreicht.

Trotzdem ist auch dies eine sehr gute Interpretation.

 

Liebe Grüße

Willi????

Nr. 29

 

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Beethoven, Sonate Nr. 4 Es-dur op. 7

Anne Oland, Klavier

AD: 2001

Spielzeiten: 8:56-8:39-5:33-7:48 — 30:56 min.;

 

Anne Oland gehört wie Arturo Benedetti Michelangeli zu Denjenigen, die den Kopfsatz etwas länger spielen als das Largo.

Sie spielt von Anfang an in klarem, natürlichem Ton, in wunderbarem Legato, beachtet auch die kleinsten dynamischen Regungen und kommt in den Takten 25 und 29 in veritablen Fortissimi heraus. Ihre Staccati sind genauso klar wie die Legato-Abschnitte. Auch die Wiederholung des Hauptsatzes fließt wieder im Legato dahin, von den beiden Staccato-Takten 49 und 50 nicht unterbrochen.

Das Seitenthema kommt ganz entspannt daher und dreht dann in den Oktaven im Crescendo hin zu den beiden ff-Takten mächtig auf. Ähnlich wie Benedetti Michelangeli entfalte sie das Riesengebäude dieses symphonischen Satzes in aller Ruhe und fügt einen Baustein an den anderen ganz organisch und fließend, ohne in jedem Akkord und jeden Takt das „Große, Ganze“ zu suchen. Insofern schließt sie an die Sforzandokette (Takt 93 bis 96) ganz organisch die beiden Crescendo-Abschnitte in den Sechzehnteln an und fügt dann die Oktavverschiebungen in der Begleitung hinzu. Anders als in der gestern von mir erstmals gehörten und gesehenen Aufnahme Barenboims 1983-84 variiert sie aber die Sforzandi dynamisch nicht, sondern setzt sie alle gleich wie Marksteine nebeneinander. Auch die Überleitung zur Wiederholung des Exposition gestaltet sie in aller Ruhe, aber äußerst kraftvoll.

In der sehr kurzen Durchführung geht sie ebenfalls dynamisch sehr kraftvoll zu Werke und schließt an die beiden auftaktigen Fortissimo-Akkorde in Takt 137 und 139 eine wunderbare kurze Legato-Sequenz und dann die unnachahmliche Sforzandokette an, der eine Moll-Variante des Hauptthema-Beginns als Überleitung zur Reprise, ebenfalls kraftvoll gespielt, folgt.

Diese beginnt dann anders als die Exposition im Fortissimo. Auch hier agiert Anne Oland wieder sofort am hohen Ende der Dynamikskala. Auch das Wechselspiel zwischen Legato und Staccato beherrscht sie perfekt und beachtet weiter jede dynamische Regung. Auch das lyrische Seitenthema, das fließend auf die ff-Takte zusteuert und die Sforzandokette anschließt, all diese bewegten Bausteine verknüpft sie auf natürliche Weise miteinander, ebenso wie die sich wiederum anschließenden Oktavverschiebungen. Das ist zwar 17/18 Jahre nach Barenboims zweiter Einspielung entstanden, aber um wie viel klarer klingt das, obwohl ich die Barenboim-Aufnahme über Blue-Ray-Player gehört habe.

Dem allem schließt sich eine höchst kontrastreich gespielte  Coda an, auch wieder mit dem Hauptgewicht auf Klarheit und Ausdruck und nicht auf furiosen Brio.

 

Auch der Beginn des Largo con gran espressione ist eine Offenbarung, einfach weil es für mich mit sehr, sehr großem Ausdruck gespielt ist. Und die beiden Fortissimo-Takte 20 und 21 fahren wie das wahre Wort Gottes in das musikalische Geschehen hinein- absolut überwältigend!!

Auch das zweite Thema passt wunderbar zum dynamischen Gesamtkonzept. Es ist ja latent schneller, aber Anne Oland greift hier auch dynamisch wieder in die Vollen. Wunderbar, wenn man keine Angst hat, in einem langsamen Satz laut zu spielen, vor allem, wenn der Komponist es auch noch so vorschreibt. Auch die hohen Oktaven sind wunderbar, und bei ihr hört man auch den Unterschied zwischen den Takten 38 und 40 auf der einen Seite und dem „tenute“-Takt 41 auf der anderen Seite.

Diese Passage ist einfach herausragend gespielt, desgleichen die sich anschließende Sforzando-Kette und das folgende Decrescendo- wow!

Die neuerliche Themenweiderholung ist auf dem gleichen turmhohen Niveau und jagt mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Auch die Zweiunddreißigstel-Sextole in Takt 62 überspielt sie nicht, sondern hebt sie deutlich gegenüber der voraufgegangenen Sechzehntel-Triole ab. Und wieder ertönen am Ende dieser Phrase die eruptiven ff-Akkorde (Takt 70 und 71), und dann nähern wir uns einer der schönsten Übergänge und anschließenden Codas, die ich je gehört habe. Nur einer der Größten überhaupt kann so etwas in seinem Jungerwachsenen-Alter komponiert haben, und Anne Oland spielt das einfach überragend.

 

Das Allegro spielt Anne Oland abermals in einem entspannten Tempo mit sehr aufmerksam beachteten dynamischen Akzenten und temporal auch mit einer Beachtung des Mancando in Takt 39 bis 41.

Auch das Minore bleibt unter ihrem temporalen Gesamtkonzept, wodurch sie die einzelnen Strukturen sehr schön hörbar macht. Sie schließt dann da capo das Allegro an.

 

Das Rondo Poco Allegretto e grazioso spielt Anne Oland ebenfalls temporal gemessen, denn Allegretto ist kein schnelles Tempo. Manche Pianisten verwechseln dass (oder sie sind immer auf der Flucht). Auch dynamisch bleibt sie jederzeit der Partitur auf der Spur. Auch rhythmisch ist das Zusammenspiel von staccato, Legato und Nonlegato hervorragend. Den durchführenden Teil ab Takt 64 nimmt Anne Oland sogleich mit Schwung und Dynamik. In ihrer zupackenden Art ragt der durchführende Teil wie ein erratischer Block aus dem an sich lyrischen Finale heraus. Wie man es erwarten konnte, läuft ihre energische Behandlung dieses Abschnitts sanft in dem Ritartando ab Takt 92 aus.

Im reprisenförmigen Teil ab Takt 94 setzt sie den pastoralen Gesang fort, der von den Zweiunddreißigstel-Aufwärtsbewegungen in der hohen und tiefen Oktave zusätzlich strukturiert wird. Dabei misst sie dieser Figur in der tiefen Oktave nicht so ein starkes Drehmoment zu, wie andere das tun, sondern bindet sie mehr in einen organischen Fortgang ein.

Anne Olands Konzept dieses Finalsatzes ist ein entspanntes, in dem die Musik, ähnlich wie im Finale der Waldsteinsonate, alle Zeit der Welt hat, um sich zu entfalten. Und das tut sie. Der Gesang, den Anne Oland anstimmt, findet einen würdigen Abschluss im codaförmigen Teil ab Takt 166, in dem die Achtel und viertel der wunderbar fließenden Zweiunddreißigstel-Bewegung gegenüber stehen, die im Decrescendo-Ritartando langsam auslaufen.

 

Eine ganz herausragende Aufnahme!!!

 

Liebe Grüße

Willi????

Nr. 30

 

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Beethoven, Sonate Nr. 4 Es-dur op. 7

Gerhard Oppitz, Klavier

AD: 28. 05. 2005

Spielzeiten: 8:28-9:17-5:52-7:40 – 31:17 min.

 

Gerhard Oppitz, den ich bisher nur mit einigen Sonaten in meiner Sammlung hatte, ist jetzt komplett vertreten, da habe ich die aktuelle Sonate aufgelegt. Da ich auch einen neuen Computer habe, dessen DVD-Player eine ganz andere dynamische Auslegung hat als das alte Geräte, muss ich die Dynamik jetzt mächtig runterregeln.

Wie dem auch sei, Oppitz ist zwar temporal etwas gemäßigter im Kopfsatz, aber er greift schon beherzt zu, aber es ist ein frisches und klares Spiel mit echten dynamischen Spitzen in den Fortissimi und den Sforzandi, die aber zu der etwas höheren Dynamik passen.

Nach dem explosiven ff-Doppeltakt 79/80 kommt das etwas langsamere Tempo in den Takten 81 bis 84 einem Atemholgen gleich, das aber auf mich eine positive Wirkung ausübt, desgleichen der sonore Klang seines Instrumentes.

Auch die Sforzando-Stufen ab Takt 93 nimmt er mit deutlichen dynamischen Akzenten. Das ist mehr kraftvoller und weniger lyrischer Beethoven als schon gehört.

Da erreicht er dann am Ende der Sechzehntel-Steigerungen ab Takt 97 und 105 in der Tat ein Fortissimo, warum denn auch nicht. Auch die Oktav-Verschiebungen sind kraftvoll und klar.

Seine Behandlung des Durchführungteils zeitigt dann auch mehr Drama und nach den Sforzandi in Takt 161-163 spielt er dann in Takt 164 auch ein deutliches Fortissimo, um dann in Takt 165 ebenso deutlich ins Piano zurückzugehen. Er erreicht aber durchaus auch im zweiten Teil der Durchführung ab Takt 169 ein Pianissimo und spielt anschließend eine dynamisch bewegte Reprise. Auch sein lyrisches Seitenthema gefällt mir gut. Sein langes Crescendo ist natürlich gottvoll. Auch sein sehr bewegte r codaähnlicher Schlussteil atmet Kraft und findet doch zu einem sehr kontrastreichen pp-Durchatmen ab Takt 343 bis hin zum kraftvollen Schluss.

 

Sein Largo ist nun ein um so deutlicher Kontrast als Ganzes zum bewegten Kopfsatz, nicht so langsam wie Gilels und Korstick, aber voller Ruhe, Gelassenheit und auch schlüssigem Verhalten in den Takten 5 und 6. Nichts desto trotz setzt er auch hier die Rinforzandi und die Fortepiani sehr deutlich, desgleichen die beiden Fortissimo-Takte. Auch das zweite Thema ab Takt 25, das er, wie ich finde, schneller spielt als vergleichbare Kollegen und mit mehr dynamischer Energie, fast durchführungshaft, und durchaus auch zu einem kräftigen Forte reichend, schlägt dynamisch durchaus einen Bogen zum Kopfsatz. Auch die hohen Triller haucht er nicht, er spricht sie! Und von seiner sehr kräftigen Sforzandokette (bis zum ff) macht er allerdings einen gewaltigen Abschwung bis zum Pianissimo. Seine Wiederholung des Hauptthemas ab Takt 51 ist wieder grandios. Und seine Überleitung zur Coda ab Takt 74 (Coda ab 78) ist noch eine Steigerung des Ausdrucks- fabelhaft!!

Spätestens mit diesem Satz hat mich Oppitz, den ich vor vielen Jahren an meinem damaligen Wohnort Coesfeld-Lette in einem gemeinsamen Beethoven-Sonaten-Projekt mit Olli Mustonen,  Bruno Leonardo Gelber und Alfredo Perl erlebt habe, für sich eingenommen.

 

Für das Allegro nimmt er sich, wie Gilels alle Zeit der Welt, und das tut diesem 3/4 – Takt so gut. Allerdings, man ahnt es schon, vergisst er auch hier nicht, die Sforzandi entsprechend zu betonen.

Er erstirbt nicht im Pianissimo sondern spielt ein deutliches Dolce.  Und er spielt das Mancando! Auch hier nimmt er alle dynamischen Regungen wahr, das geht ja immerhin im Takt 68 bis 79 vom pp bis zum ff.

Das Minore bildet in Oppitz‘ Darstellung einen starken temporalen  Kontrast und auch vom Ausdruck her ist das sehr stark.

 

Auch das Rondo kann sich bei Oppitz ganz natürlich entfalten. Man hat Zeit, diesen herrlichen Satz in all seiner Grazie zu genießen. Doch man merke,“ grazioso“ muss nicht gleichbedeutend sein mit „pianissimo“, obwohl er dies in einer besonders schönen Sequenz von Takt 31 (f) bis 35 (pp) wunderbar entfaltet.

Seiner dynamischen Entfaltung kommt natürlich der Durchführungsteil prächtig entgegen. Hier hebt er natürlich auch das Tempo an und spielt diesen Satz furios. Und- erspielt das Ritartando!

Im Reprisenteil geht er natürlich zu seinem moderaten „Allegretto“-Tempo zurück und lässt auch hier die lyrischen hohen Themensequenzen wunderbar fließen, und auch der Codateil mit den Sechzehntel-Vorschlagnoten kommt seinem Tempo wunderbar entgegen und so gestalte er diesen immer langsamer werdende Coda grandios!! – Ein prächtiger Einstand!

 

Liebe Grüße

Willi😀

Saengerfreunde hat auf diesen Beitrag reagiert.
Saengerfreunde

Lieber Willi,

Du hast die Interpretation der 4. Sonate in Es- dur op 7 so umfangreich und kompetent besprochen, dass nur noch wenig zusätzlicher Kommentar möglich ist, besonders , wenn man weitegehend Deiner Besprechung zustimmen kann. Wir haben sicherlich die meisten Aufnahmen von Gerhard Oppitz, deshalb konnten wir  die Interpretation mit einer Einspielung von Alfred Brendel vergleichen. Nun ist sicherlich Brendel kein Pianist, der introvertiert und zurückhaltend spielt. Oppitz überzeugt jedoch besonders durch sein, wie Du richtig herausstellst, zupackendes Spiel. Dadurch wirken die ebenfalls mustergültig herausgearbeiteten Pianostellen und die gesamte Dynamik und Differenzierung ganz besonders. Dass Opitz, der meistens als kongenialer Brahms-Interpret gewürdigt wird,  von Dir auch mit seinem beherzten Beethoven Spiel so anerkannt wird, freut uns. Wenn wir diese Aufnahme der 4. Sonate  noch nicht hätten würden wir diese kaufen, obwohl ich von Ingrid  striktes Verbot habe  neue CDs zu kaufen, besonders wenn wir wie bei den Beethoven Sonaten mehrere vom gleichen Stück haben. Wir wissen einfach nicht mehr, wo wir die zahllosen CDs und Schallplattenaufnahmen, bei Opern meistens Gesamtaufnahmen noch lagern sollen. Bei dieser so überzeugenden Oppitz Interpretation hätte sicherlich die Chefin eine Ausnahme gemacht, weil ihr  die selbst im Vergleich mit Brendel so gut gefiel.

Herzlichst grüßen Musika, Dich und alle Leser Deiner so gelungen Besprechung

Ingrid und Hans die  Sängerfreunde.

Sängerfreunde.

Nr. 31

 

Beethoven, Sonate Nr. 4 Es-dur op. 7

Murray Perahia, Klavier

AD: 1978

Spielzeiten: 8:10-8:35-4:51-6:37 – 28:13 min.;

Murray Perahia fasst m. E. den Kopfsatz auch als Allegro molto e con brio auf. Auch er geht die Sforzandi und die Crescendi moderat an, lässt die Musik fließen und betont lediglich die beiden ff-Stellen energisch, aber ohne die Decke einstürzen zu lassen. Auch im zweiten Abschnitt der Exposition ab Takt 40 lässt er die Sforzandi moderat hervortreten, bleibt im p-Grundton und schließt nahtlos den lyrischen Seitengedanken an. Lediglich im großen Crescendo ab Takt 76 greift er zu, geht aber nach den beiden ff-Takten subito zum pp zurück, führt die Sforzandi in Takt 93 bis 96 und die beiden Steigerungen ab Takt 97 und 105 im natürlichen Fließen aus, und auch seine Oktavverschiebungen kommen schön zur Geltung.

In der Durchführung vergrößert  auch er die dynamischen Kontraste, werden, auch in der Sforzando-Kette, die dramatischen Züge deutlicher, aber schnell ist diese Spuk wieder vorbei. In einem schönen Abschwung leitet er zum zweiten Teil zwischen den beiden Doppelstrichen über: diese Stelle gestaltet er aus dem pianissimo heraus, das noch einmal von zwei kernigen Fortissimi unterbrochen wird.

Die Reprise steigt auch bei Perahia noch ein wenig an, auch die Steigerungen, aber alles ist folgerichtig. Auch här fließen die Achtelfiguren wieder munter im Piano dahin, nur von den wenigen Sforzandi markiert, die den Fluss keineswegs unterbrechen. Hier fällt auch auf, dass sich die beiden ff-Takte der allgemein gestiegenen Dynamik anpassen, wieder die schönen Oktavverschiebungen mit den markanten Sforzandi, nicht zu laut. Im Codateil erhebt Beethoven (Perahia) die Stimme noch einmal etwas lauter, aber mit unverändertem Vorwärtsdrang.

Dieser Satz ist sehr leuchtend und optimistisch  gespielt, wie ich finde.

Das Largo gehört zu den Schnelleren im Lande, worunter aber m. E. der Ausdruck nicht leidet. Er spielt das mit tiefem Ernst. Er betont wohl die dynamischen Gegensätze etwas mehr, als ich es schon verschiedentlich gehört habe, so ist das Rinforzando in Tat 17 kräftig, desgl. die sonor klingenden Fortissimi.

Natugemäß muss dann auch das zweite Thema ab Takt 25 rascher sein, um das Zeitgefüge organisch zu belassen, doch verhehle ich nicht, dass mir alles etwas langsamer noch besser gefällt. In der Wiederholung des wiegenden zweiten Themas steigert er in Richtung der hohen Triller doch sehr, was doch einen ordentlichen dynamischen Kontrast darstellt und den Trillern etwas Überraschendes verleiht. Die Sforzando-Kette in Takt 45 und 46 führt auch er als Crescendo aus etwa von mp bis f/ff, was wiederum den Kontrast zur absteigenden Sechzehntelkette enorm vergrößert. Er setzt diese großen Kontraste wohl als bewusstes Gestaltungsmittel ein. Wenn man das etwas höhere Tempo Perahias mal außer Acht lässt, spielt er das Largo-Thema und den Übergang mit den Sechzehntelfiguren, die jeweils die Oktave an Anfang haben, und auch die Coda atemberaubend.

Auch ist noch zu bemerken, dass sein Spiel sehr klar und transparent ist, auch in der Begleitung.

Auch das Allegro ist mir etwas flott, aber wohl Perahias temporalem Konzept geschuldet. Bei dem Tempo kann er natürlich nicht mehr auf das Mancando achten.

Im Minore, dass er dann ja auch sehr  forsch angeht, hebt er aber beim ffp nicht einen, sondern drei Töne an, im zweiten Teil dann aber nicht.

Das auch im Rondo etwas höhere Tempo stört mich aber nicht, weil Perahia das Stück mit vollendeter Grazie spielt, was hier, wie ich finde, zu Recht im Vordergrund steht. Im Durchführungsteil setzt er nicht nur einen dynamischen, sondern nochmals einen deutlichen temporalen Kontrast. Das hat etwas ungeheuer vorwärts Drängendes, ja Rastloses geisterhaft Mendelssohnsches. Und auch hier greift er im Übergang wieder zu einer überraschenden Wendung: nach diesem Vorwärtsstürmen spielt er tatsächlich das Ritartando, in Takt 92 angedeutet und in Takt 93 dann deutlich und bildet so einen nicht erwarteten temporalen Kontrast.

Im Reprisenteil, der dann wieder rasch vorwärts schreitet,  kann man trotz des Tempos dank Perahias kristallinem Spiel  und seiner konstanten Beachtung er dynamischen Feinheiten sehr viel von der Struktur aufnehmen. Nun ist es natürlich hilfreich, wenn man wie ich vorher schon sechzehn andere Interpretationen gehört hat, aber auch diese siebzehnte hat wieder Überraschendes, neues, Brilliantes.

Perahia nutzt die in der Partitur stehende dynamische Spannweite voll aus, ohne selbst in den in der Begleitung mehrfach vorkommenden Forte-Zweiunddreißigstel-Tonleitern bäuerlich-derb zu wirken, sondern beethovensch kraftvoll. Auch in seinem im Codateil ab Takt 166 nochmals leicht gesteigerten Tempo bringt er es fertig, das sich über mehrere Takte hinziehende Ritartando am Schluss deutlich zu formulieren.

Eine Interpretation, die mein Verständnis für eine schnellere Lesart deutlich wecken konnte!!

Liebe Grüße

Willi😀

Nr. 32

Leider kann ich bei Youtube keine Aufnahme finden.

Beethoven, Sonate Nr. 4 Es-dur op. 7

Alfredo Perl, Klavier

AD: 1994

Spielzeiten: 8:04-9:14-5:03-7:24 — 29:45 min.;

 

Alfredo Perl ist ähnlich wie sein großer Landsmann Claudio Arrau im Kopfsatz etwa eine Minute schneller als im Largo, ähnlich wie auch Gilels, aber auf einem etwas höheren temporalen Gesamtniveau als die beiden, wohl aber vergleichbar im temporalen Binnenverhältnis. Noch in Weiterem  ähnelt er den beiden Genannten, in der klassischen Linie, im sonoren Klangbild, dem natürlichen Fluss und der natürlichen Musizierhaltung. Die Fortissimi ergeben sich hier aus dem Fortgang der Musik, sie brechen nicht wie Pistolenschüsse plötzlich in das Geschehen ein. In seinem selbstgewählten dynamischen Rahmen  beachtet er sehr genau die dynamischen Vorschriften.

Er setzt alle Sforzandi deutlich, aber nicht aufdringlich, sowohl in den Takten 93 bis 104 als auch 111 bis 131. Er kann m. E. durchaus auch den Pianisten mit hochstehenden lyrischen Fähigkeiten zugerechnet werden.  Dies zeigt auch hier schon das lyrische Seitenthema ab Takt 59 sowie generell sein runder Klang.

(Dass er auch ganz anders kann, beweist er  in der Arietta von op. 111, als er in meinem Wohnort gastierte und dort die Schlusstrias spielte. Dieser Auftritt hat mich veranlasst, nach und nach seine Gesamtaufnahmen der Sonaten zu erwerben. Seitdem habe  ich noch keinen Pianisten getroffen oder gehört, der die „Boogie-Woogie-Variastion“ so mitreißend und im Originalrhythmus gespielt hat wie er).

Auch seine Gestaltung der Durchführung passt in dieses Bild von der „Klassischen Mitte“, die ja nur dann nicht langweilig wirkt, wenn sie spannungsreich und durchaus akzentuiert vorgetragen wird. Und das ist m. E. bei Perl der Fall. Sein Name ist in diesem Kopfsatz Programm.

Auch hier im zweiten Abschnitt der Durchführung zwischen den zwei Doppelstrichen fließt es trotz der Moll-Eintrübung lyrisch dahin, und auch hier sind die nicht übertriebenen ff-Akkorde wohl integriert.

In der Reprise dosiert er den dynamischen Anstieg wohlüberlegt und gleitet so nahtlos in die nächste lyrische Sequenz ab Takt 215, und auch hier führt dieser Abschnitt mit den Achtelfiguren wieder wunderbar in die Wiederholung des lyrischen Seitenthemas ab Takt 239 hinein. Auch hier in der Wiederholung- maßvoller Umgang mit den dynamischen Kontrasten, die gleichwohl deutlich zu Tage treten, auch in der zweiten, wiederum überlegen gestalteten Oktavverschiebung und dem Codaabschnitt ab Takt 311, in dem trotz aller dynamischen  Kontraste der lyrische Charakter wieder schön hervortritt.

In seiner Largo-Interpretation, langsamer als der mittlere Brendel, aber schneller als Gilels, überrascht er mich mit einer neuen Variante von Takt 5 und 6, wo er weniger als z. B. Korstick das Tempo verlangsamt, eigentlich kaum merklich. Auch das hat eine ungeheure Wirkung (auf mich).

Auch hier kommen die ff-Schläge in Takt 20 und 21 zwar kräftig, aber dennoch sehr rund daher. Vor allem im zweiten Thema steigert sich die Expressivität durch das langsamere Tempo  eminent, die bei zu rascher Lesart doch ziemlich abnimmt. Auch im nächsten Abschnitt wird der dynamische Kontrast zwischen der Steigerung ab Takt 35 und den f-Schlägen in Takt 37 und 38 auf der Eins zu den himmlisch gespielten hohen Trillern ganz kolossal. Das ist ein absoluter Höhepunkt dieses Largos.

Auch bei ihm tropfen die Sechzehntel in dem Abstieg ab Takt 47 nach der Sforzandokette bedächtig, aber sehr wirkungsvoll.

Auch im Reprisenteil ist das Thema wieder überragend gespielt, die Rinforzandi maßvoll, der Übergang zur Coda sehr spannungsreich und die Coda führt direkt ins Elysium!!!

Das Allegro fließt wunderbar weich und dynamisch ausgewogen dahin, alle dynamischen Kontraste sind wiederum auf einem maßvollen Level, und beinahe selbstverständlich, dass er das Mancando im Takt 39 bis 42 spielt, eine Tatsache, die unter den Pianisten ja nicht unbedingt selbstverständlich ist.

Auch hier verbinden sich lyrischer Ausdruck und dynamischer Zugriff wieder organisch miteinander.

Das Minore hat einen geheimnisvollen Anstrich bei gleichzeitig ordentlicher Betonung der ffp-Akkorde und Beachtung der Crescendi und ohne den Übergang zum da capo des Allegros zu sehr zu verzögern.

Auch im Rondo überzeugt seine dynamische Behandlung der Partitur. Besonders fiel mir das dieses Mal auf in den Takten 31 bis 33, wo er die jeweils gleiche Kombination aus Legato-Zweiunddreißigsteln und Staccato-Sechzehnteln wunderbar abstuft. Auch der Übergang zur Wiederholung des Hauptthemas etwa ab Takt 40 ist grandios gespielt.

Nach dieser lyrischen Exposition ist die Durchführung unter den Händen Perls wahrhaft dramatisch und nimmt dem Satz vollends jegliche Kehrausmentalität und Beiläufigkeit. Aber nach dem angedeuteten Ritartando in Takt 93 ist das Elysium wieder erreicht. Dass aber dennoch die „Erdgeister“ immer noch aktiv sind, zeigen die wunderbar integrierten Zweiunddreißigstel-Forte-Läufe in der Begleitung.

Auch im Reprisenteil verlässt Perl sein Konzept des „so viel Lyrik wie möglich – so viel Dynamik wie nötig nicht und erreicht auch in diesem Satz eine ideale Ausgewogenheit. Dies kommt auch dem Codateil zu Gute, wo er den lebendigen, aber immer gemäßigt-unaufgeregten Fluss des musikalischen Geschehens aufrecht erhält bis hin zu dem Decrescendo/Ritartando-Schluss.

Die Gesamtaufnahme Perls scheint sich m. E. immer mehr zu einer absoluten Spitzenaufnahme zu mausern, was auch vor knapp 20 Jahren dem „Klavierpapst“ Joachim Kaiser aufgefallen war, der damals schon Perl unter die 10 größten lebenden „Beethoven-Pianisten“ einordnete, und damals lebten so Giganten wie Richter und Gulda noch,  und – Perl sagte einmal, er sei kein geborener Virtuose, er habe sich alles hart erarbeiten müssen.

Liebe Grüße

Willi😀

P.S. Bei meiner Zeitangabe im letzten Kapitel ist zu berücksichtigen, dass ich die Rezension ursprünclich in Tamino im April 2014 geschrieben habe, dass das Zitat von Joachim Kaiser nunmehr dreißig Jahre alt ist.

Nr. 33

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Beethoven, Sonate Nr. 4 Es-dur op. 7

Maurizio Pollini, Klavier

AD: 2012

Spielzeiten: 7:28-7:16-4:28-6:26 — 25:38 min.;

 

Maurizio Pollini schlägt ein rasches Tempo an und zwar durchweg in der ganzen Sonate, was aber hier im Kopfsatz besser passt als möglichweise im Largo oder im Finale. Ähnlich wie Michelangeli bleibt er hier  im ersten Teil der Exposition eher im niedrigen dynamischen Bereich, was die lyrischen Momente dieseTeils sehr unterstreicht, aber die Fortissimo-Akkorde tun natürlich hier einen gewaltigen Kontrast auf. Das ist mir dann doch schon bald des Guten ein wenig zu viel. und in den beiden ff-Takten 79 und 80 legt er gegenüber den ff-Akkorden in den Takten 25 und 29 noch einmal etwas zu in Richtung Fortefortissimo. In diesem zweiten Abschnitt gestaltet er auch die Sforzando-Ketten ab Takt 93 dynamisch sehr hochstehend und zieht auch die Takte 101 bis 104 voll ff durch. Auch in den Sechser-Sechzehnteln ab Takt 111 bleibt er mindestens im mf. Ich sage nicht, dass mir das nicht gefällt, es ist mir nur aufgefallen. Es entspricht ja auch durchaus den dynamischen Vorzeihen. Nur, es ist schon gewaltig viel Sturm und Drang in dieser Exposition. und das ist wiederum bei Michelangeli oder Kempff, ja auch bei Gilels oder Arrau ganz anders.

In der Durchführung ist da eine temporal-dynamisch-dramatische Steigerung gar nicht mehr möglich.

Im Gegenteil, hier im zweiten Teil zwischen den beiden Doppelstrichen verhält er, holt er musikalischen Atem, den er dann auch für die dynamisch ja immer höher stehende Reprise auch braucht. Was mir allerdings hier wieder, in der Exposition  (T. 79/80) schon mal, auffällt, ist die Tatsache, dass er nach den beiden ff-Takten 259/260 und den vier nachfolgenden pp-Takten die Oktav-Läufe in der rechten Hand deutlich terrassendynamisch anhebt. Andere Kollegen machen das anders, z.  B., wie es in den Noten steht. Dieses An- und Abschwellen macht er nicht, und auch die vier Sforzandotakte 273-276 hebt er terrassendynamisch an, so dass man den jeweiligen Sforzando-Akkord auf Eins nicht als solchen wahrnimmt. Die dynamischen Gestaltung der Takte bis 276 würde ich so sehen: T. 261 – 264: pp, T. 265 bis 272: mf, Takt 273 bis 276 : ff.

Eine dynamische Steigerung des sogenannten Codateils ab Takt 311, wie sie in vielen von mir bisher gehörten Beispielen zu hören war, kommt hier dann leider nicht mehr so zum Tragen, weil er die dynamischen  Spitzen in der Reprise schon vorher ausgelotet hat (s.o.)

Im Text des Booklets von Paolo Petazzi klingt das noch anders:

Zitat: Nach der breit angelegten Exposition nutzt die straffere Durchführung geschickt die Möglichkeiten der Motive des Hautthemas. Den großen Proportionen des Satzes entspricht das Gewicht der abschließenden Coda.

Der erste Abschnitt des Largos ist temporal vielleicht gerade noch tolerabel, dynamisch ebenfalls. Aber spätestens das zweite Thema ab Takt 25 ist m. E.  viel zu schnell, und es ist mit „sempre tenute-sempre staccato“  überschrieben. Ich bin zwar Laie, aber von staccato höre ich da nichts. Dafür langt Pollini dynamisch wieder voll hin: in Takt 34 ist er an der Stelle „f“ m. E. schon im „ff“ und kann nach dem nicht als solchen vernehmbaren Sforzando in Takt 35 auf der Eins den Crescendo-Pfeil nicht mehr beachten, tut er auch nicht, das wäre höchstens in Richtung „FFF“ noch möglich gewesen. Da können auch die hohen Triller nichts mehr retten.

Wenn man dann nach der Sforzandokette in Takt 45/46 den Abschwung in den Sechzehnteln hört, dann fragt man sich: „Warum nicht mehr davon, Maestro Pollini? Und er gibt selbst die Antwort: jetzt, in diesem Reprisenteil, kommt endlich jene (immer noch etwas rasche) himmlische Ruhe auf, diese ausdrucksstarke Melodik, dieses atemberaubende Pianissimo in der Coda. Hat er den Schluss an einem anderen Tag gespielt?

Im Allegro wieder das alte Lied. kann man das Tempo gerade noch tolerieren, so kommen mir doch wieder gravierende dynamische Eigenheiten zum Vorschein . Taktübergreifend ab Takt 15 erscheinen drei Figuren mit 4 gebundenen Achteln und einer Dreiachtel-Sforzando-Note. Die hört man in der Dynamik nicht, weil die Figuren jeweils von Anfang an im Forte gespielt werden. Abgesehen davon, dass das dort nicht so steht, geht mir auch der Rhythmische Effekt verloren, der durch diese , wie ich meine, typisch Beethovensche Erscheinung erzielt wird. Der zweite Teil des Allegros ist dann ausgewogener.

Das Minore ist sicherlich am besten gelungen.

Im da capo des Allegros spielt er leider ab Takt 15 bis 18 wie gehabt. – Schade!!

Das Rondo ist sicherlich temporal am wenigsten zu beanstanden, sicher, es atmet nicht die Ruhe eines Arturo Benedetti Michelangeli , eines Claudio Arrau oder eines Emil Gilels, aber es ist doch hier und da Grazie zu verspüren, wenn auch hohe dynamische Figuren wie die Forte-Zweiunddreißigstel immer noch herausstechen. Aber auch die Staccati sind jetzt doch deutlich zu vernehmen. Natürlich rückt dann die Durchführung, die sich ja temporal noch mal von dem Expositionsteil abheben muss, gefährlich in die Nähe eines „Presto“. Ganz erstaunlich ist aber, und darüber freue ich mich wirklich, dass er in diesem permanenten Vorwärtsdrang noch an das Ritartando ab Takt 92 gedacht hat. Auch nach der Durchführung ist die Reprise eigentlich in einem zwar raschen, aber doch organischen Fluss und auch dynamisch im Lot und das Beste am ganzen Rondo ist die Coda, die tatsächlich auf vorher hohem temporalen Niveau ein schönes Ritartando aufweist.

Im ganzen lässt mich diese Aufnahme aber mit Fragezeichen zurück.

Liebe Grüße

Willi😀

Nr. 34

Bei Amazon habe ich zur Zeit keine Aufnahme gefunden.

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Beethoven, Sonate Nr. 4 Es-dur op. 7

Swjatoslaw Richter, Klavier

AD: 12. 01.1975

Spielzeiten: 8:23-7:45-5:26-5:40 — 27:13 min.;

Swjatoslaw Richter spielt den Kopfsatz auch sehr entspannt und hat  in den ersten beiden Sätzen ein ähnliches Zeitmangement wie Arturo Benedetti Michelangeli und Wilhem Kempff, nur ist er dabei von allen am schnellsten.

Auch dynamisch ist er nicht extrem nach oben hin, er spielt wohl ein superbes Pianissimo, was schon in Takt 26-28 und 30 bis 32 auffällt, aber noch stärker wirkt nach den beiden ff-Takten 79 und 80, wo er wunderbar ins pp zurückgeht, und auch seine Sforzandoketten sind zwar prägnant, aber nicht zu heftig. Vorher spielt er aber in Takt 89 bis 91 ein sehr schönes Crescendo, was ich so auch eher selten  gehört habe. Aber sein Allegro fließt wunderbar und zeigt, dass er nicht nur über Dynamik verfügte, wenn er sie für richtig hielt, sondern auch ein großer Lyriker am Klavier war. Auch seine Oktavverschiebungen Takt 111 bis 126 mit darüber fließenden Sechzehntelfiguren fließen sehr organisch dahin. Die Sforzandos im Übergang sind gemäßigt, damit das ff in Takt 132 einen größeren Kontrast bilden kann.

In der Durchführung lässt er die beiden ff-Akkorde kräftig erschallen, spielt aber die anschließenden Achtel gezügelt, ja geradezu geheimnisvoll klingend in einem wunderbaren Legato. Die dann anschließenden Sforzandi steigen langsam empor, bis sie das ff in Takt 164 knapp erreichen. Dann führt er weder wunderbar zurück und spielt einen atemberaubenden zweiten Teil der Durchführung zwischen den beiden Doppelstrichen, aus dem auch die beiden Fortissimi emporragen, nicht hervorbrechen. Das anschließende Piano ist dann auch eins und wird dann in den beiden Takten 187/188 wieder  zu einem  pp/ppp,

Natürlich steigert er auch in der Reprise, aber nicht über Gebühr.. Wieder kommt am Ende der Achteloktaven ein markantes Crescendo ab Takt 269, und da steigert er noch einmal mit wiederum frappierenden Oktavverschiebungen. Natürlich legt er auch im Codateil noch einmal zu, steigt aber auch wiederum souverän in den tiefen pp-Keller.

Wer erwartet hat, jetzt käme Richter und würde die Möbel gerade stellen, der hat sich geirrt.

Das ist ein wunderbar gespieltes Allegro, nur wenig schneller als Gilels, langsamer gar als Korstick und von der Lyrik und vom Fluss her keinen Vergleich zu scheuen brauchend.

Das Largo ist atemberaubend gespielt, zwar am Anfang fast pp statt p, aber trotzdem sehr spannungsreich und ausdrucksvoll. Wenn es jetzt noch etwas langsamer wäre, aber soll man, soll ich Richter korrigieren? Die jeweils drei FF-Schläge kommen kräftig und sonor.

Das zweite Thema, so schön es auch sempre tenute-sempre staccato gespielt ist, ist mir doch etwas zu schnell. Die Steigerung ab Takt 34 ist kräftig, die hohen Triller sind von beinahe  jenseitiger Schönheit, ein Wahnsinnskontrast zur vorherigen Steigerung.

Auch der Gegensatz  Sforzandokette-Decrescendo ist großartig. Die Reprise schließt in ihrer Ausdruckskraft nahtlos an die Exposition an, den Übergang zur Coda, den er moderat steigert, hätt ich mir wieder etwas langsamer gewünscht, ebenso den ersten Teil der ansonsten großartigen Coda, aber dafür reduziert er in den letzten fünf Takten noch einmal deutlich das Tempo.

Im Allegro wartet Richter mit moderatem Tempo auf, lässt die Musik wunderbar (dolce) und dynamische tief stehend fließen. Das Crescendo ab Takt 70 arbeitet er schön heraus.

Das Minore ist  temporal sehr verhalten und im ersten Teil dunkel-Geheimnisvoll und im zweiten Teil dynamisch gesteigert, aber weiterhin verhalten.

Auch das Rondo ist mir deutlich zu schnell. Das ist schon Allegro molto und auch deutlich schneller als der Kopfsatz. Da muss er schon in dur Durchführung presto spielen, was er auch mühelos kann und tut. Dennoch frage ich mich, warum er das so schnell spielt. Bei dem schnellen Spiel gelingt ihm dann am Ende doch das Ritartando. Dynamisch ist das natürlich alles ohne Fehl und Tadel.

Aber den Codateil habe ich schon, bedingt durch ein niedrigeres Grundtempo, wirkungsvoller gehört.

 

Liebe Grüße

Willi😀

Nr. 35

Zu dieser Soante habe ich auch keine reine Audioversion bei Youtube gefunden, sondern lediglich eine von Schiffs Lectures, die er mittlerweile produziuert hat. Dabei hätte sich eine Aufnahme wirklich gelohnt (siehe u. a. Text):

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Beethoven, Sonate Nr. 4 Es-dur op. 7

Andras Schiff, Klavier

AD: 7. März 2004

Spielzeiten: 9:07-8:54-5:12-7:25 — 30:38 min.;

 

In der Tat täte ich András Schiff Unrecht, wenn ich sagte: Endlich hat er zu Beethoven gefunden, denn dieses Programm mit op. 2 Nr. 1, 2 und 3 sowie op. 7 war das erste, das er aufgenommen hat. Er hat den ganzen Zyklus in chronologischer Reihenfolge aufgenommen. Er hat also schon mit dem op. 7, wie ich der ersten Hälfte entnehmen kann (und ich muss gestehen, auch Holgers Rezension (Posting Nr. 206), einen großen Wurf gemacht.

Es stimmt in diesem Abschnitt (Takt 1 – 78) einfach fast alles, Klarheit des Vortrags, Behandlung der Dynamik, Tempo, Legatobögen, Staccati. Selbst die eine oder andere agogische Freiheit in Takt 59 bis72 (kaum merkliches Ritartando auf der einen oder anderen Achtel) passt in dieses geschlossene Bild.

Selten noch habe ich einen so großen Kontrast von den beiden veritablen ff- Takten 79/80 zum subito Pianissimo vernommen. Es ist, als wenn man mit einem raschen Schritt von einer Welt in eine andere Tritt. Auch die folgende Passage spielt er unter Ausnutzung der ganzen dynamischen Spannweite mit wunderbaren Bögen, kräftigen Sforzandi und fein austarierten Melodie und Begleitung. Auch die Oktavverschiebungen mit den begleitenden Sechzehntelfiguren  sind kraftvoll und schön fließende vorgetragen.

Auch in der Durchführung bleibt das dynamische Wechselspiel erhalten, sind die Achtelbögen fein ausgesungen und folgen wiederum kraftvolle Sforzandi mit einem schön zurückgehenden Decrescendo.

Die zwanzig Takte im zweiten Teil der Durchführung zwischen den beiden Doppelstrichen beginnen ganz zart, werden dann von zwei kraftvollen ff-Akkorden kontrastiert und gehen dann wieder ab Takt181 und mehr noch in Takt 185 und 186 zurück. Auch die dynamisch höher stehenden Anfangstakte der Reprise spielt Schiff voll aus und demonstriert damit einmal mehr, dass dieser Satz nicht nur viele lyrische Passagen hat, sondern dass ihm auch ein kraftvoller Impetus innewohnt, der auch die Ambivalenz dieses Satzes ausmacht.

Auch in der Reprise geht er beim lyrischen Seitenthema sehr weit zurück, wobei er  die nächste Steigerung ab Takt 243 moderater ausführt. Die Oktavüberleitungen führen, wie ich finde, doch zu einer veritablen Fortissimo-Passage und subito pp zu einer eine kleinen viertaktigen pp-Überleitung zur nächsten Oktavenpassage, in der er die Hebungen und Senkungen im Bereich bis f ausführt, um die nächsten Sforzandi (Takt 273 bis 276) und die nachfolgenden dynamisch hochstehenden Oktaven-Sechzehntel und den sich anschließenden Crescendo-Legatobogen noch ordentlich steigern zu können. Nach der neuerlichen Oktavverschiebung geht es in den Codateil ab Takt 312, den Schiff auch entsprechend vorantreibt, bis er nach dem subito piano wieder sehr ausdrucksvoll den jetzt variierten lyrischen Seitengedanken vorträgt, der durch die crescendierten Dreiachtel-Akkorde in den dynamisch stetig kontrastierenden Schlussschwung übergeht.

Das Largo ist nur geringfügig kürzer als der Kopfsatz, sogar noch etwas länger als das von ABM und wesentlich länger als das von z. B. Kempff, der ja auch einen  längeren Kopfsatz gespielt hatte als das Largo.

Ausdrucksmäßig gehört dieses erste Thema zur Spitze dessen, was ich bisher gehört habe. Er behandelt die dynamischen Vorgaben mit feinstem Zugriff. Das ist alles wunderbar abgestuft. Selbst die beiden Fortissimi in Takt 20 und 21 lassen noch Luft nach oben.

Auffällig ist, dass er das zweite Thema zwar sempre tenute-sempre staccato spielt, aber keinesfalls schneller als das erste. Sonst wäre er in 8 Minuten mit dem Satz durch gewesen. Seine Staccati sind frappierend und auch die dynamischen Unterschiede durchaus erheblich. Was mit im Crescendo ab Takt 35 so gut gefällt, ist, dass  er dieses Crescendo auch adäquat auf die begleitenden Sechzehntel bezieht. Nach diesem kräftigen Crescendo tut sich in den herrlichen hohen Trillern ein immenser Kontrast auf. In der anschließende Sforzandokette crescendiert er, was auch nicht jeder tut, aber es macht Sinn, wenn dann ein spiegelbildliches Decrescendo folgt.

Ich mag mich irren, aber ich habe das Gefühl, dass er die Wiederholung des Hauptthemas etwas langsamer nimmt, was in meinen Augen (Ohren) zu einer ungeheuren Ausdruckssteigerung führt, weil das auch einfach grandios gespielt ist.  ER behandelt auch die nächsten Hebungen und Senkungen moderater und kommt erst im sfp in Takt 64 zu einem Forte, desgleichen in der Steigerung im Rinforzando ab Takt 67. Auch nach dem überleitenden Takt 69 ist der Kontrast zu den beiden ff-Takten wieder riesig, dafür in Takt 73 der Anstieg nicht so kräftig, ebenso wie in Takt und 77. Ich halte das für eher ausgewogen, zumal die (beinahe) jenseitige Coda folgt. Etwas langsamer wäre sie m. E. vollkommen jenseitig gewesen.

Der erste Teil des Allegros ist vom Feinsten. Auch hier sorgt Schiff dafür, dass die Begleitung die ihr zustehende Bedeutung bekommt, auch wenn den Achteln wie in Takt 20 und 21 nur zwei Viertel , von einer Viertelpause unterbrochen, entgegen stehen. Herrlich. Auch der zweite Teil steht auf hohem Niveau, die Bögen sind schön ausgesungen, und das Crescendo ab Takt 70 ist stetig, aber schlägt nicht über. Schiff hat hier eine etwas geringere dynamische Kuppel gewählt, wohl getan.

Das Minore habe ich so glaube ich noch nicht gehört. Er spielt die Begleitung nicht ganz gebunden, sondern in Richtung Portato, das gibt dem Ganzen einen brodelnden Unterton- toll!

Im Rondo ist er temporal ganz dicht bei Emil Gilels. Und er weiß das Hohe Lied der Lyrik in diesem Satz wahrlich zu singen. Er setzt sich auch nicht auf die steigenden Forte-Terzen-Ketten in Takt 16, 18 und 20. Er spielt sie gleichmäßiger und feiner als manche seiner Kollegen, die das „mit einer Spiralfeder“ spielen. Die Trillerketten nach dem Rinforzando n Takt 36 spielt er einfach grandios.

Auch vor dem Durchführungsteil spielt er die aufsteigenden Terzen, diesmal in der rechten Hand, wieder kerzengerade, nur jetzt natürlich nicht im Forte.

Im Durchführungsteil lässt er sich nicht zu einer Tempoverschärfung hinreißen, sondern spielt das Ganze im gleichen Tempo wie im ersten Teil. Es ist auch so Dramatik genug in diesem Abschnitt, aber bei seiner Lesart kann man die gewiss nicht einfache Struktur der Durchführung besser erkennen.

Und nachdem er im Allegro das Mancando „wohl übersehen“ hat, spielt er nun im Finale wenigstens das Ritartando in Takt 92/93, was ich als Schlüsselstelle für sehr wichtig halte (Beethoven wohl auch, sonst hätte er die Vorschrift wohl nicht hingeschrieben.

Auch der Reprisenteil ist wieder wunderbar entspannt und klar vorgetragen, die Terzen wiederum moderat  ansteigend, was mir viel besser gefällt als die Husarenritte mit Anlauf. Auch in der hohen Oktave spielt Schiff das Thema wie vom anderen Stern, und nach der letzten  Fermat in Takt 154 geht es subito pianissimo  weiter, und selbst die beiden ffp zwingt er unter seine moderate dynamische Kuppel. Er zieht das Konzept eisern durch, und heraus kommt ein wunderbarer Satz, mit einer wunderbar gespielten Coda, in der Beethoven demonstrierte, dass auch (im Gegensatz zu seinen Presto-Codas eine Coda ein wunderbarer Abschluss sein kann die höchst lyrisch immer leiser und langsamer wird.

Nach meiner Ansicht eine fast perfekte Interpretation!

Liebe Grüße

Willi😀

Nr. 36

 

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Beethoven, Sonate Nr. 4 Es-dur op. 7

Arthur Schnabel, Klavier

AD: 11. 11. 1935

Spielzeiten: 7:25-9:10-4:50-6:04 — 27:29 min.;

 

Arthur Schnabel nimmt die Satzbezeichnung „Allegro molto e con brio“ wörtlich und spielt den Satz sehr rasch und mit viel Schwung. Auch dynamisch führt er die vielen Kontraste sorgfältig aus, wobei er vielleicht das ff in den Takten 25 und 29 nicht ganz erreicht, aber die Wellenbewegungen des dynamischen Verlaufes gut nachzeichnet. Auch der Wechsel zwischen Legato und Staccato ist sehr ausgeprägt. Auch die Sforzandi in den Takten 41, 43, 51 und 53 sind sehr prägnant. Sehr schön spielt er auch das lyrische Seitenthema ab Takt 59 und den anschließenden Staccato-Abstieg mit den beiden folgenden ff-Takten 79 und 80.

Munter lässt Schnabel es danach weiter fließen über die beiden Sechzehntelläufe, jeweils mit Zielpunkt fortissimo und mündet nach den Trillertakten in den Sechzehnteln der rechten Hand mit der Oktavverschiebung in der Begleitung gegen Ende der Exposition , die er hier doch wiederholt, im Gegensatz zu Kempff in der zwei Jahre früher entstandenen Aufnahme. Die Tatsache, dass Kempff ohne Wiederholung der Exposition nur 80 Sekunden kürzer ist als Schnabel mit, zeigt, wie schnell Schnabel unterwegs ist, der ohne Wiederholung wohl 40 Sekunden schneller gewesen wäre als Kempff, die Exposition also um ein Drittel schneller gespielt hat. Dabei ging er so riskant zu Werke, dass ihm, gegen Ende der Exposition in den Oktavverschiebungen doch der eine oder andere Verspieler unterlief.

Dabei dreht er in der Durchführung noch mehr auf, sowohl temporal als auch dynamisch. Das nimmt in der Durchführung doch schon recht dramatische Züge an, vor allem in der zündenden Sforzandopassage Takt 153 bis 163, wobei er die dynamischen Kontraste gegen Ende der kurzen Durchführung besonders deutlich gestaltet.

Auch in der Reprise lässt er es in den vielen Legato-Passagen wieder herrlich fließen, immer wieder souverän angereichert mit Staccato-Einwürfen. Beim zweiten Mal führen uns die wunderbaren Oktavverschiebungen direkt in die feurige Coda hinein, in der auch noch einmal das lyrische Seitenthema an uns vorbeizieht, bevor alles in der Schlusssteigerung im Fortissimo endet.

Im Largo con gran espressione begegnen wir wieder dem überragenden Lyriker Arthur Schnabel, wie er es schon drei Jahre zuvor in der Aufnahme der  zweiten Es-dur-Sonate, Nr. 13 op. 27 Nr. 1, so eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Dabei lässt er, wie schon zuvor, keinen Zweifel daran, dass ein langsamer Satz und große dynamische Gegensätze (pp bis ff) sich keineswegs ausschließen müssen, zumal bei Beethoven nicht, wo man immer auf alles gefasst sein muss. Und, was wiederum äußerst wichtig ist, auch in diesem Satz lässt er sich wieder alle Zeit der Welt, die notwendig ist, um in diesem temporal längsten Satz der ganzen Sonate die musikalischen Tiefen auszuloten, die ihm innewohnen.

Das zweite Thema sempre tenute-sempre staccato ab Takt 25 kontrastiert er auch temporal stark und erhöht damit gleichzeitig die schon wesentlich gesteigerte dynamische Bewegung, so dass die Trillertakte ab Takt 38 wie aus einer anderen Welt anmuten, wiederum ab Takt 45 in den nächsten dynamisch heftigen Kontrast  in die Sforzando-Abwärtskette quasi -„hineinstürzend“ und von den anschließenden Sechzehntel-Staccati wieder abgefangen und im „tenute“ akustisch fast völlig versinkend. Das ist überragend gespielt.

Desgleichen in der reprisenhaften Wiederholung ab Takt 51, die uns verrät, dass der erste Teil kein Zufall war, obwohl ein absoluter Höhepunkt noch vor uns liegt mit dem zaubrische Übergang ab Takt 74 zu der absolut überirdischen Coda ab Takt 78, hier adäquat wiedergegeben.

Das Allegro behält Schnabel weiter in einem lyrischen Grundton, wobei er einen herrlich pastoralen Grundton hervorbringt, und er ist endlich mal wieder einer ,der das herrlich gespielte „Mancando“ (Takt 39 bis 42), zur Schlüsselstelle erhebt, bevor er die nächste Dolce-Stelle beginnt. Wenn man hört, wie selbstverständlich Schnabel das Spielt, dann fragt man sich unwillkürlich, wieso so viele andere Pianisten bedenkenlos über diese Stelle hinweg spielen können.

Das Minore spielt er tief dunkel und dynamisch sehr bewegt. Anschließend spielt er das Allegro da capo.

Das Rondo spielt er etwas schneller als Kempff, aber auch langsamer als z. B. Gulda, dennoch kommt es mir ein wenig schnell vor, zudem bei diesem hochvirtuosen Satz nicht ganz ohne Risiko, wie ich hier und da heraus zu hören glaube. Das verfehlt natürlich im mittleren, durchführenden Teil ab Takt 63, dessen beiden Teile wiederholt werden, nicht seine dramatische, aber ich finde, dass er hier ohne Not handelt. Dennoch versäumt er es auch hier nicht, in den Takten 92 und 93 das Ritartando zu spielen.

Dynamisch ist natürlich Schnabels Spiel in diesem Finale äußerst präzise und kontrastreich aber etwas weniger Tempo wäre hier vielleicht mehr (Abgeklärtheit) gewesen. Jedenfalls ist der Decrescendo-Ritartando-Schluss wieder überragend.

Eine große Interpretation, in der ich nur das finale temporale Fragezeichen habe, was aber sicher auch Jammern auf hohem Niveau ist.

Liebe Grüße

Willi😀

 

P.S. Heute, als ich diesen Text über neuneinhalb Jahre, nachdem ich ihn erstellt hatte, hier einstellte, hat mich dieses Largo Schnabels wieder bis ins Mark erschüttert!

Nr. 37

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Beethoven, Sonate Nr. 4 Es-dur op. 7

Grigory Sokolov, Klavier

AD: März 1991

Spielzeiten: 8:40-8:48-4:46-6:19 — 28:33 min

Grigory Sokolov wählt als Grunddynamik im ersten Teil der Exposition nach meiner Ansicht ein lupenreines Pianissimo, was von vornherein einen wunderbar silbrigen Schimmer über die Achtelläufe legt, wobei er wohl in den Takten 13 bis 16 eine veritable Steigerung bringt, d. h. er dehnt die Dynamik auch nach oben aus, spielt veritable Fortissimi in den Takten 25 und 29, geht aber sofort wieder deutlich zurück.  Auch in den Dreierachteln ab Takt 40 herrscht tiefer Frieden, in den wohltuende moderat die 4 Sforzandi in den verminderten Septimen und Duodezimen integriert sind. Auch das sich anschließende lyrische Seitenthema ist , ja man kann es nicht anders sagen, mit einer wundervollen Gelassenheit gespielt, gleichwohl leitet das lange Crescendo in ein knackiges Fortissimo in den Takten 79 und 80 über, wieder in ein diesmal aber nicht zu zartes pp zurückgehend, so dass er in den Oktavläufen ohne zu viel Steigerung auskommen kann. Auch die terrassenförmig angeordneten Sforzandi sind nur etwas  höher stehend. Wenig gesteigert auch die Oktavläufe in den Takten 101 bis 104. Das ist dynamisch sehr kompakt, und die Sechsersechzehntel mit den untergelegten Oktavverschiebungen ab Takt 111 bis 126 sind schlichtweg atemberaubend gespielt. Das ist ganz große Kunst. Auch die Übergangssforzandos passen genau unter diesen faszinierenden Klangbogen. In der Wiederholung hebt er übrigens die gesamte Passage ab Takt 111 dynamisch an, was aber in Ermangelung anderslautender dynamsicher Vorschriften ohne Weiteres legitim sein dürfte.

In der Durchführung gibt es nur zögerlich größere dynamische Bewegung, erst in der Sforzandokette geht es bis zum wieder sehr deutlich zurückgenommenen p (pp) in Takt 165 stärker zur Sache. Auch der zweite Teil der Durchführung ist völlig untypisch sehr zart gespielt mit ebenfalls moderaten ff (f).

In der Reprise hebt auch Sokolov das dynamische Niveau an, kehrt aber, wo es nur geht, zu seiner äußerst lyrischen Durchdringung weiter Teile dieser Partitur zurück. Mir gefallen besonders die Takte ab 261 in ihrer ruhigen lyrischen Ausdrucksweise, ebenso wie 180 Takte zuvor. Auch die nachfolgenden Legatobögen sind mustergültig musiziert, und in der zweiten Wiederholung der Oktavverschiebungen ab Takt 291 greift Sokolov zu einem mir noch nicht aufgefallenen neuen Gestaltungsmittel. Er beginnt sie in der gehobenen Dynamik wie in der ersten Wiederholung, überzieht aber die ganze Sequenz bis Takt 306 mit einem kontinuierlichen Diminuendo- frappierend!!

Die wenige Takt später einsetzende Coda ab Takt 312 hebt er dann auch so an, dass sie auffällt. Aber wenige Takte später geht er wieder schön zurück und spielt auch die letzten Hebungen und Senkungen dynamischer Art ganz unangestrengt, so dass also auch der Schluss der Coda in sein gesamtes interpretatorisches Konzept bestens eingebunden ist.

Im Largo ist schon im ersten, grandios gespielten Teil mit dem Hauptthema das gleiche dynamische Kontrastkonzept wie im Kopfsatz von ganz leise bis nicht so ganz laut zu verspüren, die gleiche Wirkung auf etwas niedrigerem Dynamikniveau, aber auf extrem hohem pianistischen Niveau. Eis bleibt im zweiten Thema mindestens so hoch, die Staccati sind unheimlich zart hingetupft, die darüber liegenden Sforzandi passen sich an, selbst die Steigerung in Takt 29 bis 32 und ab Takt 35 fällt zwar stärker aus, wirkt aber durch die extrem leise dahin gehauchten hohen Triller noch größer. Besser kann man das m. E. nicht spielen (habe ich das nicht schon mal gesagt?). Auch die Sforzandokette ab Takt 45 mit dem anschließenden Decrescendo ist wie von einem anderen Stern.

Auch die sog. Reprise ist so exzellent gespielt wie der erste Teil, einschließlich der sagenhaften Überleitung, hier auch von Sokolov kongenial gespielt und nicht zu sehr gesteigert:—

die Coda hat mich durch und durch erschüttert, so dass ich zum ersten Mal wirklich meinen Tränen freien Lauf ließ und mich erst einige Minuten sammeln musste. Das war ja der helle Wahnsinn.

Das Allegro ist ebenfalls exzellent musiziert, dynamisch natürlich etwas höher stehend als das Largo, aber auch über weite Teile ungemein zart  gespielt, die Staccati getupft, das ist weder über Strecken Lyrik pur, er spielt natürlich auch das Mancando.

Das Minore spielt er auch nicht wie andere, sondern er dehnt die Hebung auf den Takt vor dem ffp aus und erzeugt auf diese Weise eine etwas stärkere dynamische Wellenbewegung. Das klingt wie wogender akustischer dunkler Nebel über einem dunklen Teich.

Sokolov spielt zwar auch das Rondo schneller, als ich es mag, aber es macht mir nicht den Eindruck, dass er hastig ist. Trotz alledem breitet sich eine gewisse Ruhe und Behaglichkeit aus. In der Durchführung geht es natürlich zur Sache. DAs ist zwar auch nahe an einem presto, aber brillant. Da geht nichts von der Struktur verloren., und am Ende der wilden Hatz denkt er noch in den letzten Törnen an das Ritartando. Ich habe auch den Eindruck, dass er in der Wiederholung des Hauptthemas das Tempo ein Ideechen zurücknimmt. DAs ist zwar nicht Allegretto, aber grazioso ohne Ende, apropos Ende, am Ende macht er natürlich auch ein Ritartando + Decrescendo. Dies ist das beste Rondo unter 7 Minuten, das ich bisher gehört habe.

 

Liebe Grüße

Willi😀

Nr. 38

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(Nr. 152-155)

 

Beethoven, Sonate Nr. 4 Es-dur op. 7

Yukio Yokoyama, Klavier

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Spielzeiten: 8:27-8:06-5:04-6:48 — 28:25 min.

Yukio Yokoyama, den ich ja im Thread über die Sonate Nr. 13 näher vorgestellt hatte(*), hat ebenfalls wie ABM den Kopfsatz länger gestaltet als das Largo, jedoch ebenso wie etwa Kempff  auf einem temporal höheren Niveau. Er greift auch beherzt zu. Sein Piano geht keinesfalls n die Richtung eines Pianissimo, wie ich es zuletzt bei der großartigen Aufnahme Grigory Sokolovs bemerkt hatte. Sein Klangbild ist klar und transparent, die Musik fließt so dahin. Ich würde sein Spiel nicht als unaufgeregt bezeichnen, sondern eher als nicht aufregend. Auch die Passage nach Takt 79/80 ist m. E. kein Pianissimo, und in der Folge hebt sich das dynamische Spektrum bei ihm ganz gewaltig. Die Sechzehntel-Oktaven von Takt 101 bis 104 sind durchgehend fortissimo gespielt. Da ist kein Sforzando mehr zu bemerken. Das klingt zwar eindrucksvoll, es ist jedoch der falsche Eindruck.

Seine Oktavverschiebungen von Takt 111 bis 126 sind Äonen von dem zarten, intimen Spiel Sokolovs entfernt. (By the way, mein Mediaplayer zeigt mir hartnäckig als Interpretin Tatiana Nikolayeva an).

Zu Beginn der Durchführung fährt er in den Achtelläufen dynamisch zurück, das macht er ganz gut, auch die Steigerung von Takt 151 bis 152 ist respektabel. Dann folgen die Sforzandos von Takt 153 bis 163, deren Vortrag ich eigentlich als grob bezeichnen möchte. Das folgende Decrescendo ist wieder viel  feiner, auch der Vortrag des zweiten Teils zwischen den beiden Doppelstrichen (Takt 169 bis 188). Er kann also doch Pianissimo spielen.

In der Reprise greift er natürlich auch kräftig zu, gestaltet dort aber  Takt 215 einen deutlichen Kontrast, indem dort sein p nahe beim pp ist. Man könnte fast sagen, dass sich sein Spiel entwickelt.

Aber in den Takten 281 bis 284 (wie 180 Takte vorher) entwickelt es sich leider auch zurück zu den alles niederwalzenden ff-Oktaven. Auch die Oktav-Verschiebungen sind wie vorher gespielt. Das ist sicherlich alles technisch ganz einwandfrei gespielt, aber wenn man vorher Sokolov gehört hat, klingt dies in der Tat „bäuerlich derb“, wie ich es in einer anderen Rezension über einen anderen Pianisten gelesen habe (Wer war das noch gleich?). Den Beginn der Coda merkt man bei Yokoyama auch deutlich, aber das halte ich für durchaus legitim, und ich finden im Übrigen seine Coda dynamisch sehr ausgewogen und gelungen.

Sein Largo ist gleich auf einem ganz anderen Niveau, es atmet Ruhe und ist auch dynamisch kontrastreicher als der Kopfsatz, weil er sich auch hier die unteren dynamischen Etagen besser erschließt. Im zweiten Thema spielt er die Staccati sehr schön, seine in der folgenden Sequenz dynamischen Steigerungen sind im Klang, wie ich finde, runder, und in den hohen Trillern beweist er, das er auch zart spielen kann.

Seine Sforzandokette ab Takt 45 ist so gemeißelt, dass er auch das nachfolgende Decrescendo nicht in den pp-Keller sinken lassen kann. In der Wiederholung des leicht variierten Hauptthemas  sowie im Übergang zur Coda  findet auch Yokoyama zu großen Ausdruckshöhen. Dieses himmlische Largo spornt wohl die große Mehrzahl der Pianisten zu großen Taten an. Seine Coda berührt mich auch sehr.

Im Allegro schlägt Yokoyama wiederum einen klaren, hellen und jetzt wirklich unaufgeregten und auch dynamisch sehr ausgewogenen Ton an. Auch das Mancando kommt. Das ganze Allegro ist wirklich dolce und gefällt mir gut.

Auch das raschere Minore entfaltet für mich die richtig geheimnisvolle leicht bedrohliche Wirkung. Beim ihm kommt die Steigerung ab Takt 134 besonders schön zum Tragen.

Auch das Rondo fließt, wenngleich ein wenig schnell, munter und entspannt dahin, pianistisch durchaus gekonnt und dynamisch dem Charakter des Stückes durchaus entsprechend. Hier wird nicht gepoltert, hier geht es graziös auf und ab.

Bei einer derartigen Eröffnung überrascht es eigentlich auch nicht, dass hier in der Durchführung ordentlich dramatisiert wird, aber nie überzogen, wie an einigen Stellen im Kopfsatz. Das ist schon stark. Auch er beachtet das Ritartando in 92/93 (in etwa). Im Reprisenteil geht es zunächst moderat dynamisch weiter voran, bevor  etwa beginnend mit den Rinforzandi ab Takt 116 das Geschehen angehoben wird, aber immer beherrschbar bleibt. Auch der letzte Teil mit der Coda ab Takt 166 bleibt schön unter diesem gesamten quasi“-Allegretto-Bogen mit dem deutlichen „Ausrollen bi zum Stillstand“. – Alles ist gut!

In diesem Vortrag überwiegen für mich doch die sehr positiven Eindrücke.

Liebe Grüße

Willi😀

(*) erscheint in dieser Aufstellung nach Einstellung der Aufnahmen-Besprechungen  der Sonate Nr. 7.

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Beethoven, Klaviersonate Es-dur op. 7

Dieter Zechlin, Klavier

AD: 1969

Spielzeiten: 7:39-6:54-4:32-7:01 — 26:06 min.;

Dieter Zechlin legt getreu der Satzbezeichnung ein rasches Tempo an den Tag. Die Befolgung der dynamischen Vortragsbezeichnungen habe ich bei ihm auch schon mal exakter gehört. Das ist doch in den Takten 9/10 und 21 bis 24 ziemlich eingeengt. Allerdings wird es in den Achteln ab Takt 40 besser, auch die Sforzandi kommen da genauer. Auch nach den beiden ff-Takten schaltet er schön zurück und gestaltet die Sforzandotakte 93 bis 96 moderat. Auch die Oktavverschiebungen sind dynamisch ausgewogen.

In der Durchführung legt auch er dynamisch zu, beachtet aber auch die leisen Passagen  wieder sehr gut. Der zweite Teil der Durchführung zwischen den beiden Doppelstrichen ist bis jetzt  sein stärkster Moment. Das klingt sehr geheimnisvoll, teilweise geradezu zart.

Die Reprise beginnt auch bei Zechlin dynamisch hoch stehend, er schaltet aber sehr schön ab Takt 212 wieder auf Piano um und lässt es einfach fließen, bis er wieder das lyrische Seitenthema erreicht, das er wieder sehr ruhig ausführt, ebenso wie den anschließenden Übergang und die Sforzandoketten sowie die ff-Passage, die erneut zu den Oktavverschiebungen führt. Beide sind allerdings in der Reprise dynamisch höher stehend ausgeführt und machen nun im Vergleich zum Codateil nicht mehr dynamisch keinen großen Unterschied mehr. Wohl vergrößern sich dadurch die vorhandenen dynamischen Kontraste in der Coda, was nochmal der Bewegung im musikalischen Fluss förderlich ist.

Das Largo ist mir zu schnell. Das ist kein Largo!!

Das Allegro ist mir auch zu schnell. Zwar ist das nicht ganz so krass wie im Largo, aber das atmet nicht entspannt, das hechelt mehr.

Auch das Minore scheint mir zwiespältig. Da versucht er, neben erhöhtem (ja, nochmal erhöhtem) Tempo durch ausgedehntere Dynamik künstlich mehr Drama zu erzeugen, anstatt es einfach fließen zu lassen. Wenn man im Allegro schon zu schnell ist, kann man auf diese Weise im Minore in die Bredouille kommen. Im da capo scheint er mir im ersten Teil des Allegro das Tempo geringfügig zurück zu nehmen. Aber das kann den Satz auch nicht mehr retten, zumal es im zweiten Teil im alten Tempo weitergeht.

Im Rondo scheinen wir uns wieder auf einem ganz anderen Planeten zu befinden,  auf dem diese Partitur wieder gültig ist und er ein wunderbar zartes und wirklich graziöses Spiel entfaltet in einem wesentlich ruhigeren Fluss. Obwohl er hier auch die Dynamikangaben beachtet, tut er dies doch in einer der Stimmung des Satzes angemessenen Spannweite. Das ist in den Legatobögen zwischen den Takten 39 und 49 teilweise atemberaubend, was er da spielt, auch wie er dann decrescendiert.

Im Durchführungsteil wagt er einen gewaltigen temporalen und dynamischen Sprung und- gewinnt!!

Das ist ein enormer Kontrast zum Expositionsteil und hat richtig Furor. Wunderbar fährt er dann zurück, einschließlich des wider zarten Ritartando in Takt 92/93.

Im Reprisenteil fährt er so fort, wie er in der Exposition begonnenen hat, mit zartem grazilen und dynamisch überschaubaren Spiel- toll! Auch sein pp-Spiel, das schon teilweise ins ppp reicht, zeugt von großem Können und setzt sich auf diesem hohen Niveau fort bis zum atemberaubenden Codateil mit dem wirklich „Morendo“-ähnlichen Schluss.

Was hätte das doch für eine großartige Gesamtleistung werden können, wenn er in den beiden Mittelsätzen auch das richtige Tempo gewählt hätte. Obwohl er aus der damaligen DDR kam, war er doch in den beiden Mittelsätzen nicht auf der Flucht, oder?

Liebe Grüße

Willi😀

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