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EYSLER, Edmund: BRUDER STRAUBINGER

Edmund Eysler (1874-1949)
BRUDER STRAUBINGER

Operette in drei Akten
Libretto von Moritz West und Ignaz Schnitzer.

Uraufführung am 20. Februar 1903 im Theater an der Wien.

Personen:
Landgraf Philipp
Landgräfin Lola, seine Frau
Exzellenz Naupp, Hofintendant
Fräulein von Himmlisch, Hofdame
Rückemich, Ratsherr
Bruder Straubinger
Oculi, genannt „das wilde Mädchen“
Schwudler, Schaubudenbesitzer
Liduschka, seine Frau
Bonifaz, ein Deserteur
Wimmerer, Stadtschreiber
Bierschopf, Ratsdiener
Chor, Ballett und Statisterie: Hof-Damen und -Herren, Offiziere, Handwerksburschen, Dienstpersonal, Bürgerinnen und Bürger.

Das Geschehen ereignet sich in einer fiktiven Stadt am Rhein in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

1. Akt
Platz vor dem Stadttor.
Große Volksfeststimmung vor dem Stadttor einer kleinen Stadt am Rhein. Der Landgraf Philipp wird von einem militärischen Einsatz zurück erwartet. Schwudler, der Besitzer einer Schaubude, preist lautstark seine neueste Attraktion an: Oculi, das „wilde Mädchen“; sie ist so hübsch, dass sie allen Männern, ob jung oder alt, den Kopf verdreht. In Wirklichkeit ist Oculi aber gar nicht wild, sondern die äußerst zahme Bäckerstochter Marie, die durch den Bankrott ihres Vaters in Not geriet, sich aus purer Not Schwudler anschloss und mit ihm herumreist..

Und jetzt lernen wir auch den Handwerksgesellen Straubinger kennen, der den Weg hierher gefunden hat, weil er in diesem Flecken nicht nur seine Liebste wiederzufinden hofft, sondern auch eine Stelle beim Landgrafen Philipp antreten möchte. Aber die lange Wanderschaft hat ihn so ermüdet, dass er sich erst einmal auszuruhen gedenkt. Und kaum, dass er sich hingesetzt hat, schläft er auch schon ein.

Diese Szene hat ein gewisser Bonifaz beobachtet; für ihn ist der Schläfer die Rettung, denn er verschafft ihm die Gelegenheit, sich mit dessen Papieren eine neue Identität zu verschaffen. Und die benötigt er als Deserteur dringend. Als er sich sicher ist, dass der Wanderbursche fest schläft, geht er zu ihm, durchsucht dessen Ranzen und entwendet ihm die Papiere.

Das bringt wiederum Straubinger in Nöten, als er aufwacht und seine Papiere nicht findet; denn ohne seine Identität nachweisen zu können hat er beispielsweise auch keine Chance eine Anstellung beim Landgrafen zu bekommen.

Als er den Schaubudenbesitzer Schwudler hört und sieht, hat er die rettende Idee, sich ihm als Gehilfe anzubieten. Und der ist hocherfreut über den neuen Mitarbeiter. Seine Freude wird noch gesteigert, als er die Kriegspapiere von Straubingers Opa zu Gesicht bekommt und daraus ersieht, dass der vor einhundertundvierzehn Jahren geboren wurde und dazu noch in dem Regiment diente, das jetzt Landgraf Philipp befehligt. Schwudler ist ein großer Schwindler vor dem Herrn und hat durch die Großvater-Papiere eine geradezu wahnwitzige Idee: er steckt Straubinger in eine alte Uniform und trimmt ihn mit falschem Bart zu einem über hundertjährigen Veteranen, der sich vom Publikum bestaunen lassen muss.

An dieser Stelle tritt der Landgraf Philipp in die Handlung ein und es ist nötig, ihn kurz zu charakterisieren: Philipp liebt das Militär, aber mehr noch die Frauen. Er hat seiner Gattin, der Landgräfin Lola, zwar versprochen, keiner anderen Frau mehr den Hof zu machen und hält sich, juristisch korrekt, auch daran – nur mit der kleinen Einschränkung, dass er sich jetzt mehr mit jungen Mädchen beschäftigt. Frau Gemahlin fand ein leider nur bedingt taugliches Gegenmittel: sobald sie ein solches Mädchen wahrnimmt, wird es umgehend verheiratet, und schon ist die Gefahr beseitigt – denkt sie in ihrem Leichtsinn.

Während also die Landgräfin ihren Philipp von einer militärischen Aktion zurückerwartet, und ihren Hofdamen gerade einen Vortrag über die Flatterhaftigkeit der Männer hält, setzt Schwudler seinen neuesten Coup in die Tat um: er stellt Straubinger dem vorbeiziehenden Landgrafen als den ältesten noch lebenden Militär vor. Philipp ist begeistert und kann die jetzt ebenfalls hinzukommende Gattin überzeugen, dem vermeintlichen Veteranen eine Jahrespension von 1000 Gulden auszuloben.

Straubinger spielt begeistert mit, ist aber inzwischen fest davon überzeugt, in der „wilden“ Oculi seine geliebte Marie wiedererkannt zu haben. Er hat sich deshalb, Schwudlers Schwindeleien durchaus ebenbürtig, einen Trick ausgedacht und nennt Oculi/Marie seine „Pflegerin“. Er bittet die hohen Herrschaften frech, auch ihr wegen der schweren Aufgabe eine Pension zu gewähren. Was Veteran Straubinger allerdings nicht weiß: der Herr Landgraf hat mit Oculi kurz vorher schon ein privates Gespräch geführt und dabei beide landgräflichen Augen auf die hübsche Person geworfen. Philipp geht also recht gern auf die Bitten des „Veteranen“ ein und gewährt der „Pflegerin“ höchstselbst ebenfalls eine Pension von 1000 Gulden – und engagiert zusätzlich die ganze Schwudler-Truppe an seinen Hof.

Landgräfin Lola hat natürlich aufgepasst und weiß jetzt, wie es um ihren Gatten steht – wieder einmal hat er bei einem hübschen jungen Ding Feuer gefangen. Aber sie wird ihre üblichen Methoden anzuwenden wissen!

2. Akt
Im Schlossgarten.
Landgraf Philipp verabredet, wie Frau Gemahlin es geahnt hat, mit Oculi ein Stelldichein, aber die „Wilde“ hat davor Angst und vertraut sich deshalb dem „Veteranen“ Straubinger an. Dieses Gespräch gibt dem „jungen Alten“ die letzte Gewissheit, dass Oculi und Marie ein und dieselbe Person ist. Er warnt sie vor dem Stelldichein mit „Seiner Hoheit“ und Marie ist fest entschlossen, das Rendezvous platzen zu lassen.

Die Landgräfin, wissend, dass ihr Gatte beide Augen auf Oculi geworfen hat, beschließt, das Mädchen nach ihrem üblichen Procedere zu verheiraten. Und sie hat auch schon den Bräutigam fest im Blick: den Rosengärtner Bonifaz Straubinger! Den mag aber Oculi nicht, liebt sie doch den echten Straubinger – der immer noch in der Veteranen-Kleidung steckt und den sie bisher noch nicht erkannt hat. Als der nun begreift, dass Bonifaz der Dieb seiner Papiere ist, wächst der 114-jährige über sich hinaus und verprügelt ihn.

Nicht nur diese Prügelei hat dem angeblichen Veteranen Spaß gemacht, er ist vor allen Dingen über das Liebesgeständnis Maries völlig aus dem Häuschen. Kühn, wie ein Veteran nun mal ist, bietet er sich sofort der Landgräfin als neuer als Ehemann an, wobei er heimlich vor Marie seine Maske lüften kann, und sie ihn dadurch erkennt. Unter dem Gelächter der Umstehenden erklärt sich Oculi bereit, den Alten zu heiraten. Und der gibt sich, trotz des auf beide niederprasselnden Spotts, nicht nur völlig gelassen, sondern weiß auch noch von einem morgenländischen Patriarchen zu berichten, der den Ehestand als sehr angenehm empfand: „Küssen ist keine Sünd‘, mit einem schönen Kind“.

Landgräfin Lola lässt das „junge Paar“ zum Traualtar führen und äußert dabei viel Spott. Auch der Landgraf glaubt, spöttische Reden schwingen zu müssen (man wird den Verdacht nicht los, dass Neid eine Rolle spielt). Veteran Straubinger ficht das alles nicht an; er setzt sogar noch einen drauf: möchte es geschehen, dass die Zeitgenossen noch ihr Wunder erleben werden. Er würde jedenfalls seine Zeit nicht verschlafen und so
seien auch Kinder nicht ausgeschlossen.

3. Akt
Eine Hütte im fürstlichen Wildpark.
Landgräfin Lola hat sich mit ihren Hofdamen her geschlichen, um ihren Philipp bei einem Stelldichein mit der jungen Oculi zu erwischen. Allerdings wollen alle auch gerne den alten Veteran und sein „junges Frauchen“ beobachten. Das neue Heim hat Frau Gräfin dem wunderlichen Ehepaar mit Einverständnis ihres Mannes zur Verfügung gestellt. Die Hütte gereicht dem gräflichen Ehepaar aber keinesfalls zur Ehre.

Marie hat jedoch mit ihrem Straubinger die Freuden der Hochzeitsnacht mit allen Sinnen genossen. Gerade deckt sie im Freien das Frühstück ein, als Straubinger aus der Hütte tritt. Verschmitzt lächelnd erklärt sie ihren Liebsten für einen großen Schwindler. Zum gemeinsamen Frühstück kommt es aber nicht, weil jetzt gerade ein sehr reuiger Bonifaz die gestohlenen Papiere zurückbringt. Das löst bei dem 114-jährigen Veteranen einen freudigen Jubel aus und er wirft die Verkleidung ab: jetzt, wo er sich wieder ausweisen kann, wird er mit seiner Marie endlich weiterziehen.

Lachend muss die Landgräfin den Betrug erkennen, kann aber gleichzeitig, weil ihrem sauberen Herrn Gemahl ein Liebesabenteuer vermasselt wurde, ihre Schadenfreude nicht verbergen. Als der Landgraf nun auch noch in Erwartung eines Liebesabenteuers erscheint, macht es der Landgräfin noch mal soviel Spaß, ihren Mann zu verhöhnen. Und dem bleibt, blamabel genug, nichts weiter übrig, als dem Paar zu verzeihen und seiner Gattin Treue zu geloben (bis zum nächsten Mal?).

Einige der schönsten Melodien aus dieser Operette:
Man nennt das wilde Mädchen mich (Auftrittslied der Oculi)
In München eine Kellnerin (Auftrittslied Straubingers)
Küssen ist keine Sünd’ bei einem schönen Kind (Walzerlied)
O süße Sommernacht (Walzerlied)
Vierblättriger Klee (Terzett)

Anmerkungen:
Beim „Bruder Straubinger“ handelt es sich um eine im 19. Jahrhundert vom Landshuter Medizinstudenten Carl Theodor Müller erfundene literarische Figur, die bis heute als Synonym des fleißigen Handwerksburschen gilt, der unbeschwert und fröhlich von einer Stadt zur nächsten zieht um seine Handwerkskunst unter Beweis zu stellen. Später wurde sie auch mit Vagabunden oder Landstreichern in Verbindung gebracht. Edmund Eysler hat der Figur mit seiner gleichnamigen Operette ein musikalisches, der Straubinger Künstler Karl Tyroller 1962 in Landshut ein bronzenes Bruder-Straubinger-Denkmal gesetzt.

Im Jahr 1951 wurde die Operette in Stuttgart für den Schallplattenhandel aufgenommen. Es sangen und spielten der Chor und das Orchester des Süddeutschen Rundfunks unter der Leitung von Fritz Mareczek. Als Solisten wirkten u. a. Henriette Robert, Christo Bajew, Willy Reichert, Olga Noll, Gustav Neidlinger, Hubert Buchta, Yella Hochreiter und Rudi Scholz mit. Im Jahr 2017 wurde diese Aufnahme vom Label „Cantus Classic (Die Klassische Alternative)“ als Doppel-CD herausgebracht. 1950 wurde die Operette von der Produktionsgesellschaft Aco/Schönbrunn unter dem Titel „Küssen ist keine Sünd“ verfilmt. Unter der Regie von Hubert Marischka spielten Elfie Mayerhofer, Curd Jürgens, Hans Moser, Gisela Fackeldaey und Hans Olden die Hauptrollen. Die Musik war jedoch nicht im Original zu hören, sondern in einer Bearbeitung von Alois Melichar. Infolgedessen heißt es im „Lexikon des internationalen Films“ (u.a.): „Musikalisches Lustspiel der österreichischen Mittelklasse mit belangloser Handlung, den schönsten Melodien Edmund Eyslers und einem – ausnahmsweise – freundlichen Hans Moser.“

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