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Felix Draeseke – Denk es, O Seele

Hallo

Nach einer längeren Zeit in der Schweiz siedelte der Komponist Felix Draeseke im Jahr 1876 nach Dresden um. Dort schrieb er die Vier Lieder des Opus 81. Sein spätromantischer Stil grenzt sich stark von den zeitgenössischen Strömungen in der klassischen Musik ab. Draeseke sah sich als Vertreter der Neudeutschen Schule von Franz Liszt und Richard Wagner.

In seinem Liedschaffen, das insgesamt 96 Lieder umfasst, finden sich 7 Mörike-Vertonungen, darunter auch als Schlusslied des Opus 81 die Vertonung des Gedichtes

„Denk es, O Seele“

Ein Tännlein grünet, wo,
Wer weiß! im Walde,
Ein Rosenstrauch, wer sagt,
In welchem Garten?
Sie sind erlesen schon,
Denk′ es, o Seele,
Auf deinem Grab zu wurzeln
Und zu wachsen.

Zwei schwarze Rößlein weiden
Auf der Wiese,
Sie kehren heim zur Stadt
In muntren Sprüngen.
Sie werden schrittweis gehn
Mit deiner Leiche;
Vielleicht, vielleicht noch eh′
An ihren Hufen
Das Eisen los wird,
Das ich blitzen sehe

In einer ersten Fassung Mörikes aus dem Jahr 1851, die unter der Überschrift „Grabgedanken“ erschienen war, fanden sich einige Zeilen in einer noch persönlicheren Weise, indem es weitgehend in der Ich-Form verfasst war. Mit einigen wesentlichen Unterschieden findet sich das Gedicht am Ende der Novelle „Mozart auf der Reise nach Prag“.

Wir hören Ingeborg Danz, die von Cord Garben am Flügel begleitet wird.

https://www.youtube.com/watch?v=BWIU0-rvb6U

Es gibt zahlreiche weitere Vertonungen. So beispielsweise von Hugo Wolf. Brigitte Fassbaender wird von Jean-Yves Thibaudet begleitet.

https://www.youtube.com/watch?v=MZIwlBFGtRc

Und hier die Vertonung von Hans Pfitzner, mit Iris Vermillion und Axel Bauni.

https://www.youtube.com/watch?v=gq4gK7TyxrU

 

Aus Felix Draesekes Schrift „Konfusion in der Musik“ aus dem Jahr 1906, mit der er sich indirekt auch gegen Richard Strauss wandte:

„Angesichts der sehr traurigen Zustände, in denen sich die heutige Musik befindet, sind wir wohl berechtigt, von Konfusion zu reden. Denn die Unklarheit und Verwirrung ist so hoch gestiegen, daß auch viele Künstler sich nicht mehr in ihr zurechtfinden. Schauten frühere Zeiten erbitterte Kämpfe, die von feindlich gegenüberstehenden Parteien ausgefochten wurden, so erschreckt unsere Epoche durch einen erbarmungslosen Kampf aller gegen alle, ohne daß man den künstlerischen Grund dieses Kampfes zu entdecken vermöchte!“

 

Gruß Wolfgang

Lieber Wolfgang,

Du hast uns da was recht freudloses eingestellt, so richtig in diese Zeit passend. Wenn man sich die drei von verschiedenen Interpretinnen vorgetragenen Kompositionen von Draeseke, Wolf und Pfitzner anhört, ist es schwierig eine zu finden, die man mit »nach Hause« nehmen möchte. Was meine ich damit?
Vor vielen, vielen Jahren hörte ich einmal in einem Liederabend mit Fritz Wunderlich Schuberts »Nachtstück« D672, das ja auch keine lustige Musik ist, aber da klaubte ich mir schon auf dem Nachhauseweg im Kopf die Töne zusammen und hatte anschließend eine Menge Lauferei bis ich eine Platte kaufen konnte.
Natürlich habe ich Draeske-Lieder auf CDs, aber ich kann keines dieser Stücke auswendig singen …

Vor einigen Jahren hatte ich mich mal mit Draeseke näher befasst, ich stelle das mal hier ein, falls jemand mehr über diesen Komponisten wissen möchte …

Felix Draeseke entstammte einer alten evangelischen Pastorenfamilie. Sein Vater war Hofprediger in Coburg gewesen, wo ihm der Sohn Felix 1835 geboren wurde; Felix´ Mutter
starb wenige Tage nach der Geburt des Kindes, das dann von den Schwestern seines Vaters aufgezogen wurde. Seine Kindheit verbrachte der Knabe im seiner Geburtsstadt nahe gelegenen Ort Rodach.

Als erste Komposition Draesekes gilt »Kleiner Marsch«, 1843 zum Geburtstag des Vaters komponiert, wenn man auf die Jahreszahl schaut bemerkt man, dass das noch kein reifes Werk sein konnte.
Ab 1850 wurde er von einem Flötisten der Schlosskapelle unterrichtet.
1852 begann sein Studium am Leipziger Konservatorium, zu dem er keine besondere Liebe entwickeln konnte, weil ihm das Ganze zu konservativ erschien. Das Institut bescheinigt dann auch sehr vielsagend:
Sowohl »kräftiges Talent« als auch »eigentümliche Kunstanschauung«
Allein zu seinem Lehrer Franz Brendel hatte er einen guten Draht, weil dieser recht fortschrittliche Gedanken entwickelte und ihm dann auch später Gelegenheit gab, in seiner Zeitschrift »Neue Zeitschrift für Musik« mit spitzer Feder als Kritiker tätig zu sein. Auch in den »Anregungen für Kunst, Leben und Wissenschaft« propagierte Draeseke die neue Musik, was zur Folge hatte, dass er sich im vorwiegend konservativen Leipzig eine Reihe von Feinden schuf.

Zu Pfingsten 1852 besuchte der angehende Musiker Draeseke in Weimar eine von Liszt geleitete »Lohengrin«-Aufführung, die ihn zu einem begeisterten Anhänger der neudeutschen Schule werden ließ.
Hinzu kam, dass Draeseke 1853 bei einem Besuch in Berlin Hans von Bülow kennen lernte, dessen musikalische Bestrebungen auch in Richtung Liszt und Wagner gingen.
Einige Jahre später ergab sich eine Freundschaft zu Liszt; als Bülow 1857 ein Treffen zwischen Draeseke und Liszt arrangierte, zeigte sich Liszt von Draesekes erstem Opernwerk »König Sigurd«, das fast fertiggestellt war, beeindruckt.
In Weimarer Künstlerkreisen war Draeseke auch unter dem Namen »Recke« bekannt, was auf seine stämmige Figur abzielte, aber Zeitgenossen überlieferten, dass in Draesekes ganzer Art etwas Markiges und Reckenhaftes zu bemerken war.

Durch die Vermittlung von Franz Liszt ist der 24-jährige Felix Draeseke im Sommer des Jahres 1859 von Richard Wagner zu einem Besuch in Luzern eingeladen worden. Das war aber nicht etwa nur eine Stippvisite bei Wagner, es kam ein enger Kontakt über einige Tage hinweg zustande, bei dem man sich auch auf Wanderungen und Spaziergängen intensiv austauschte, und eines Abends empfängt ihn Wagner mit den Worten: »Warten Sie noch einen Augenblick, eben wird der „Tristan“ fertig!«

Draesekes enthusiastisches Wirken in Wort und Ton als Vertreter der Neudeutschen Schule gipfelte in der Aufführung seines »Germania-Marsches«. Im August 1861 kam es bei der zweiten Weimarer Tonkünstlerversammlung zum Eklat, als Draeseke sein Werk zur Aufführung brachte. Die Verrisse waren praktisch überall zu lesen, das war keine Werbung für die neue Musik, die nun ganz allgemein geschädigt war.

Draeseke zog die Konsequenzen und übersiedelte in die Schweiz, aber nicht etwa nach Luzern, sondern dort, wo das Land zu Ende ist – erst nach Yverdon bei Lausanne, dann nach Lausanne, wo er am Konservatorium Klavier unterrichtete, aber auch im nahen Genf entstanden Kompositionen.
In seiner Schweizer Zeit – er blieb immerhin bis 1876 in seinem selbstgewählten Exil – unternahm er Reisen nach Frankreich, Italien, Spanien und sogar Nordafrika.

Obwohl er in der Rückschau seine Zeit in der Schweiz als »verlorene Zeit« bezeichnete, entstanden Stücke, die auch heute noch als bedeutend gelten, wie zum Beispiel seine Klavierkomposition der Sonate op. 6, die zu den wichtigen Klavierwerken des 19. Jahrhunderts zählt.

Etwas einfach ausgedrückt war es so, dass sich Draeseke zwischen alle Stühle gesetzt hatte – in seiner Anfangszeit war er zu modern, und danach wurde kritisiert, dass er sich wieder der traditionellen Gattung zugewandt habe. Zu diesem Sachverhalt wird ein Ausspruch von Liszt kolportiert, wonach aus dem Löwen Draeseke ein Kaninchen geworden sei.

1876 ging es wieder nach Deutschland zurück, zunächst nach Coburg, dann erfolgte der Umzug nach Dresden. Hier gestaltete sich sein Neuanfang zunächst – was das Einkommen betraf – etwas holprig, weil er sein Einkommen aus der Unterrichtung privater Schüler bezog; Draeseke unterrichtete zunächst an der Rollfußschen Musikakademie und widmete sich seiner Kompositionsarbeit. 1884 erfolgte dann seine Berufung an das königliche Konservatorium in Dresden, seit 1892 war ihm sogar gestattet sich Professor zu nennen.
1894 endete für Felix Draeseke das Junggesellendasein, im schon etwas fortgeschrittenen Alter heiratete er eine ehemalige Kompositionsschülerin, eine Menge Briefe dokumentieren eine glückliche Ehe.
Es macht wenig Sinn, hier auf alle Werke Draeskes einzugehen, das lässt sich an anderer Stelle besser nachschlagen, aber man kann grob feststellen, dass in Draesekes Gesamtwerk sein Vokalschaffen fast gleichberechtigt neben dem Komplex der Instrumentalwerke steht.
Seine insgesamt acht Opern waren nie populär, auch wenn Liszt von seiner ersten – »König Sigurd« – so begeistert war. Wie Wagner auch, schrieb Draeseke seine Operntexte selbst.

Anders sieht es bei seinen kirchenmusikalischen Werken aus. Sein umfassendstes Werk war der Oratorienzyklus »Christus«, im Ausmaß auf kirchenmusikalischem Gebiet ein dramatisches Gegenstück zu Wagners Ring des Niebelungen oder der epigonalen Tetralogie der »Homerischen Welt« von August Bungert. Die Oratorien-Tetralogie »Christus« entsteht in den Jahren 1895 bis 1899.
Wenn Draeseke auch nicht die Familientradition fortsetzte und Geistlicher wurde, so zeigen seine zahlreichen religiösen Kompositionen, dass er seiner Kirche nahestand.
Unter seinen vier Sinfonien dürfte wohl die »Sinfonia tragica« den ersten Rang einnehmen.

1906 erregte Draeseke mal wieder – an seine jungen Jahre anknüpfend – mit spitzer Feder in Fachkreisen Aufsehen, als er seinen Mahnruf »Die Konfusion in der Musik« veröffentlichte, was heftige Diskussionen zur Folge hatte. Draesekes Pamphlet beginnt folgendermaßen:
»Angesichts der traurigen Zustände, in denen sich die heutige Musik befindet, sind wir wohl berechtigt, von Konfusion zu reden …«

Die Situation war damals so, dass Felix Draeseke zwar als lehrender Professor hoch geachtet und geehrt war, aber trotz umjubelter Aufführungen seiner »Sinfonia tragica« unter den großen Dirigenten der Zeit, wie zum Beispiel Hans von Bülow, Ernst von Schuch oder Arthur Nikisch, unter den gespielten Komponisten nie ganz vorne stand. In seiner Streitschrift hatte Draeseke Richard Strauss angegriffen, natürlich ohne dessen Name zu nennen und Strauss – getroffene Hunde bellen – keilte entsprechend zurück, setzte sich aber viele Jahre nach Draesekes Tod für die Aufführung seiner Werke ein, was vielleicht auch etwas mit Politik zu tun hatte …

In seinen alten Tagen, er war inzwischen 77 Jahre alt und fast taub geworden – eine Gehörkrankheit plagte ihn seit Kindheitstagen und wurde immer schlimmer – , drängten ihn Freunde, seiner dritten Sinfonie noch ein Vierte hinzuzufügen. So entstand sein letztes Werk, die »Sinfonia comica«, mit diesem humoristischen Werk verabschiedete sich Draeseke, die Aufführung 1914 erlebte er nicht mehr. Draeseke hatte das Stück in Taubheit komponiert, wie Beethoven, und tat dies humoristisch, wie der alte Verdi.

In einem Nachruf schreibt die Zeitung unter anderem am 27. Februar 1913:

»Der bekannte Komponist Geh. Hofrat Professor Felix Dräseke in Dresden, ein Coburger Kind, ist gestern früh im Alter von 78 Jahren einer Lungenentzündung erlegen. Dräseke ist unter den Komponisten unserer Epoche eine der interessantesten Figuren gewesen. Er hat den ganzen Kampf um Wagner und Liszt seinerzeit miterlebt und auch selbst durch kritische Aufsätze über beide Komponisten wie überhaupt über Neuerscheinungen in der musikalischen Welt einen nicht zu verkennenden Einfluß auf die Gestaltung der Musikgeschichte ausgeübt …«

Etwa zwanzig Jahre später wurde Felix Dreaseke dann wieder stark beachtet, man hatte in ihm einen »der artreinsten deutschen Musiker« und das »Ideal eines deutschen Künstlers, eines von Moll nach Dur durchstoßenden germanischen Musikers« entdeckt.
Auch die Musik von Draesekes ehemaligem Freund, Franz Liszt, »Les Préludes«, stand damals in hohem ansehen …

Noch eine Anmerkung zu der eingestellten Draeseke-CD von cpo:

Für Interessierte noch die Rückseite dieser CD.

Im Booklet ist das Gedicht typografisch anders gegliedert; ich versuche das mal darzustellen, manchmal lässt das System die Gliederung, die man haben möchte ja nicht zu …

Denk es, o Seele op. 81,4
(Eduard Mörike)

Ein Tännlein grünet wo,
wer weiss im Walde
ein Rosenstrauch,
wer sagt, in welchem Garten?

Sie sind erlesen schon –
Denk es o Seele,
auf deinem Grab
zu wurzeln und zu wachsen!

Zwei schwarze Rösslein
weiden auf der Weide.
Sie kehren heim zur Stadt
mit munteren Sprüngen.

Sie werden schrittweis gehn mit deiner Leiche,
vielleicht noch eh von ihren Hufen
das Eisenlos wird,
das ich blitzen sehe.

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