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Geschichte des deutschen Liedes im Überblick

Seite 1 von 3Nächste
Da es diese neue Liedinitiative gibt, stelle ich hier meinen Beitrag ein.
Gunhild Paaske:
Ich denke, es wäre interessant, die Geschichte des deutschen Liedes kurz zu untersuchen.
Es gibt das Volkslied und das Kunstlied. Beim Kunstlied ist der Komponist bekannt, beim Volkslied ist der Komponist und Autor anonym. Diese Unterscheidung finde ich plausibel, und ich konzentriere mich hier auf das Kunstlied.
Es gibt natürlich verschiedene Auffassungen der Geschichte des deutschen Liedes. Ich habe mich bei einem Musikwissenschaftler und einem Germanisten/Literaturwissenschaftler kundig gemacht.
Das deutsche Lied i m e n g e n S i n n e ist ein romantisches Produkt, entstanden mit Schubert, Schumann, Zelter, Mendelssohn und Brahms also im 19.Jh. Themen sind menschliches Leiden, Schicksal, Verzweiflung und alle Schattierungen der Liebe. Es gibt Lieder, Balladen und Romanzen. Der Erlkönig ist nach Meinung vieler die Ballade, die dieses romantische Genre zuerst vertritt.
Es gab aber Kompositionen von Mozart und Beethoven schon im 18. Jh., das ist das deutsche Lied i m w e i t e r e n Sinne. Denn wir sind es gewohnt, diese ganzen Kompositionen auch als Lieder zu bezeichnen.
Musikgeschichtlich besteht ein bedeutender Unterschied:
N i c h t – r o m a n t i s c h e Lieder aus dem 18.Jh sind Beispiele für ein neues Genre der Zeit, Lied mit Klavierbegleitung.
Bei den r o m a n t i s c h e n Liedern aus dem 19. Jh. wird die Klavierbegleitung immer häufiger ein ebenbürtiger, selbstständig erzählender Partner , der die Tiefen des menschlichen Leidens mit darstellen soll.
So erklärt sich der Unterschied rein musikgeschichtlich laut meinen Quellen.
Interessant ist Carl Friedrich Zelter, der mit der Entstehung des Liedes im 19.Jh in Verbindung gebracht wird.
Jahreszahlen:
Mozart. 1756. bis 1791
Beethoven. 1770. bis. 1827
Schubert. 1797. bis. 1828
Schumann. 1810. bis. 1856
Mendelssohn. 1809. bis 1847
Zelter. 1758. bis 1832
Brahms. 1833. bis 1897
Ich hoffe, mit diesen Zeilen ein wenig zur Diskussion des deutschen Liedes
beigetragen zu haben.
Quellen:
Henrik Møller Jensen
Flemming Finn Hansen
Google

Liebe Grüsse Gunhild

uhrand hat auf diesen Beitrag reagiert.
uhrand
Die Entstehung der Kunstlieder ist in Deutschland eng mit der Romantik verbunden. Ich finde es daher interessant, Aspekte der Romantik in Bezug auf die Liedtradition zu untersuchen.
Hier Abschnitt Nr. 1.
ROMANTIK 1770 – 1850/1911
1. Romantik und Liedtradition
Um weitere Aspekte der Romantik in der Liedtradition zu untersuchen, stelle ich heute Erlkönig ein.
1. Erlkönig
Viel mehr als nur ein Gedicht: ein gruseliges Universum.
Johann Wolfgang von Goethe 1749 – 1832
Franz Schubert. 1797 – 1828
Erlkönig 1782
Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.
Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?
Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?
Den Erlenkönig mit Kron und Schweif?
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.
“Du liebes Kind, komm, geh mit mir!
Gar schöne Spiele spiel ich mit dir;
Manch bunte Blumen sind an dem Strand,
Meine Mutter hat manch gülden Gewand.“
Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht?
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind;
In dürren Blättern säuselt der Wind.
“Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?
Meine Töchter sollen dich warten schön;
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn,
Und wiegen und tanzen und singen dich ein.”
Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düstern Ort?
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau.
“Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.”
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an!
Erlkönig hat mir ein Leids getan!
Dem Vater grausets, er reitet geschwind,
Er hält in Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Mühe und Not;
In seinen Armen das Kind war tot.
Elemente der Romantik in Literatur und Musik, Ideologie :
– das Ich ist im Zentrum
– Natur, Mensch und Gott bilden eine Einheit
– die Blaue Blume: Sehnsucht als Ziel an sich
– Unendlichkeit, Ewigkeit. Sehnsucht und deren Symbole: Wald, Wasser, Wanderung
– der Tod als natürlicher Teil des Lebens, Todessehnsucht
– das Irrationelle, Mystische, Fremde als Thematik
– das Mittelalter wird entdeckt
Diese Elemente u.a. kennzeichnen die Romantik laut anerkannter Literatur. Goethes Erlkönig ordnet sich hervorragend als romantisch hier ein. Und die Vertonung durch Schubert gilt natürlich als Romantik.
In der Literatur, die ich zur Verfügung habe, betrachtet man Erlkönig als d a s Lied, das die Hochromantik einleitet. Also im Liedbereich. Beethoven, Mozart und Haydn sind Wienerklassik, Schubert Romantik, sicher Frühromabtik, aber Erlkönig im Liedbereich eben Hochromantik. Soviel ich verstanden habe. Die Grenzen sind natürlich nicht fest. 1815 komponiert
1821 herausgegeben.
Als die Liedtradition Ende des 18. Jhs begonnen hat, war es Gesang mit Klavierbegleitung. Schubert hat 1815 mit Erlkönig die Praxis des Liedkomponierens revolutioniert: die Komposition folgt dem Liedtext genau, das Lied ist Strophe für Strophe durchkomponiert, und diese Radikalität des Komponierens bedeutet, daß Text, Melodie und Begleitung im kammermusikalischen Zusammenspiel eine höhere Einheit bilden.
Ich habe die Version mit Elisabeth Söderström gewählt.
Quellen:
Henrik Møller Jensen
Peter Bjørn Hansen
Google
Eigene Ideen
L G Gunhild
musika und uhrand haben auf diesen Beitrag reagiert.
musikauhrand

Liebe Gunhild,

Wenn man so durch die Musikgeschichte stapft und die Rezeption des »Erlkönig« verfolgt, stellt man fest, dass das Stück – welches auch von Carl Loewe ganz hervorragend vertont wurde – viel mehr von Männern als von Frauen gesungen wurde.

Goethe bekam ja als bekannte Persönlichkeit sehr viel Post, so auch von einem 18-jährigen Franz Schubert aus Wien. Eigentlich hatte Schuberts älterer Freund, Joseph von Spaun, einige Vertonungen nach Weimar geschickt, wohl in der Hoffnung, dass Goethe an einer Drucklegung interessiert sein könnte, die Enttäuschung war in Wien dann groß als die Sendung unkommentiert zurückkam. Allerdings ist nicht bekannt ob die Papiere ungeöffnet oder nur unkommentiert zurückkamen. Die Sendung enthielt außer dem »Erlkönig« auch »Gretchen am Spinnrade« und »Heidenröslein«.
Goethe waren damals die Vertonungen seiner Gedichte durch Freund Carl Friedrich Zelter viel lieber, weil sie nur als Untermalungen der Texte wahrgenommen wurden. Nach Goethes Ansicht stellte die Musik Schuberts eine Art Konkurrenz zu seiner Lyrik dar.

Ganz anders war die Situation 1830, zwei Jahre nach Schuberts Tod und fast 50 Jahre nach der Entstehung des Gedichts. Die berühmte Sängerin Wilhelmine Schröder-Devrient war bei Goethe zu Besuch angesagt und der 80-jährige Goethe war von dem Vortrag der Schubert-Vertonung sehr angetan; Zeitzeugen berichten, dass der Dichterfürst das Haupt der Sängerin in beide Hände nahm und während er sie auf die Stirn küsste sagte:

»Haben Sie tausend Dank für diese großartige künstlerische Leistung!«

musika, uhrand und gunhild haben auf diesen Beitrag reagiert.
musikauhrandgunhild

Eine gute Wahl, liebe Gunhild: Elisabeth Söderström habe ich schon als großartige Leonore in meiner Sammlung. Hier darf ich als weiteres Hörbeispiel des Erlkönig Dietrich Fischer-Dieskau empfehlen, hier einer früheren Aufnahme mit seinem Stammbegleiter Gerald Moore:

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Liebe Grüße

Willi😀

gunhild hat auf diesen Beitrag reagiert.
gunhild

Lieber Willi, lieber belcanto!

Herzlichen Dank für die sehr positiven Rückmeldungen! Ich höre auch sehr gern Fischer-Dieskau in allen Rollen, es kommt mir bloß so echt dramatisch und romantisch vor, wie ES dieses Lied interpretiert. Einmalig finde ich. So recht gruselig!

Ich danke Dir auch, belcanto, für die geschichtlichen Fakten betr das Lied und Goethe. Darüber war ich nicht informiert.

Liebe Grüße Gunhild

Als weiterer Beitrag zur Geschichte des romantischen Liedes folgt Punkt 2.
2. Kleine Analyse des Gedichtes „Er ist gekommen“
Friedrich Rückert 1788 – 1866
Clara Schumann 1819 – 1896
Das Gedicht umfasst 3 Strophen, die eine Steigerung enthalten.
1. Strophe „ahnen“, dass er die genannten Bahnen geht.
2. Strophe die Herzen „kommen sich entgegen“
3. Strophe sie bleiben ewig auf gemeinsamen Wegen.
Das Gedicht ist ein romantisches Gedicht par exellence.
“ahnen“ und „Bahnen“ reimen sich: Wichtig für die Romantiker ist das Ahnen einer höheren Wirklichkeit, wo es die Symbiose von Seele und Leib gibt, die pantheistische Liebe, Natur und Mensch verschmelzen (3. Strophe).
Der Weg dorthin ist die Liebe, aber auch der Fluss der Gefühle: das ewige Wandern, oder Fliessen eines Wassers, als Sinnbild des Daseins auf dem Weg zur Unendlichkeit.
Es wird auch von einer lebenslangen Freundschaft gesprochen, „Herz“ ist wichtig, und Regen – Segen – Wegen reimen sich: zentrale romantische Begriffe in diesem Zusammenhang.
In der 3. Strophe sind sie gemeinsam „auf allen Wegen“, man kann hier ein Paradies erkennen, ein Ziel des ewigen Suchens des Daseins, wo sie endlich vereint sind. Hier nicht mit Todessehnsucht wie sonst oft in romantischen Gedichten, sondern Vereinigung im pantheistischen Paradies.
Vielleicht kann man „er“ als den lieben Gott interpretieren, und das lyrische Ich findet den Weg zu Gott, denn er ist auf „allen Wegen“.
So sehe ich das Gedicht.
Er ist gekommen
In Sturm und Regen,
Ihm schlug beklommen
Mein Herz entgegen.
Wie konnt‘ ich ahnen,
Daß seine Bahnen
Sich einen sollten meinen Wegen.
Er ist gekommen
In Sturm und Regen.
Er hat genommen
Mein Herz verwegen.
Nahm er das meine?
Nahm ich das seine?
Die beiden kamen sich entgegen.
Er ist gekommen
In Sturm und Regen.
Nun ist entglommen
Des Frühlings Segen.
Der Freund zieht weiter,
Ich sah es heiter,
Denn er bleibt mein auf allen Wegen.
uhrand hat auf diesen Beitrag reagiert.
uhrand

Liebe Gunhild,

Dieses Lied gefällt mir sehr gut, ebenfalls dein neues Feuilleton über die Geschichte und das Verständnis des deutschen Liedes. Auf weitere Folgen bin ich schon neugierig!
Eine neuere Version vom Erlkönig:
Philippe Sly, Bassbariton
Maria Fuller, Klavier

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LG André

gunhild hat auf diesen Beitrag reagiert.
gunhild

Lieber Andre

Herzlichen Dank für die freundlichen Worte. Ich hatte vor, die Romantik so richtig im Kern kennenzulernen, da ich in der Gruppe Deutsche Romantik einige Diskussionen mit dem Admin Michael Schmid hatte. Die Periode der Romantik zählt in der Definition der Gruppe von 1790 – 1930, was ich viel zu lang finde, denn die Merkmale der Romantik, was die Romantik genau definiert und beschreibt, kommen meines Erachtens zu kurz, besonders wenn man dann auch Gedichte von Brecht zulässt. Er hat meine Initiative sehr freundlich unterstützt, und ich habe selbst sehr viel gelernt. Ich benutze u.a. Quellen aus dem Internet, die ich „pädagogisch“ bearbeite, ohne die Verfasser zu nennen, ich führe einfach Google als Quelle an. Es ist ja keine Doktorarbeit, und alle sind herzlich willkommen, meine Schlussfolgerungen zu problematisieren und das Gesagte zu ergänzen, Fehler zu berichtigen.

Und so habe ich vor, die romantischen Dichter in ihrer Vielfalt darzustellen, und ihre Gedichte/Lieder einzustellen.

Vielen Dank für den Erlkönig!

L G Gunhild

uhrand hat auf diesen Beitrag reagiert.
uhrand
Als weiterer Beitrag folgen Beispiele der sogenannten Schwarzen Romantik:
3. Romantik des Schreckens, Schauerromantik, Schwarze Romantik
Als eine Variante der Romantik bringe ich hier einige Gedichte, die die sogenannte Romantik des Schreckens vertreten. Es sind 3 Loreley-Gedichte:
Clemens Brentano Zu Bacharach am Rheine
Heinrich Heine Loreley
J. v. Eichendorff Waldgespräch
Sie vertreten alle auf ihre Weise diesen Aspekt des Unheimlichen, des Gefährlichen, des Grusels u.ä.
Romantik des Schreckens
Einen bedeutenden Zweig der Romantik bildet die Romantik des Schreckens. Texte und Bilder dieser Schauerromantik spielen oft in der Nacht oder in der Dämmerung. Abernatürliche und mystische Phänomene spielen eine grosse Rolle, sowie es auch eine Vorliebe für das Gruselige und die Schattenseiten und Abgründe der menschlichen Psyche wie Angst, Wahnsinn und Tod gibt.
Die Schwarze Romantik, die Schauerromantik, lässt sich auf die Jahre 1816 bis 1848 datieren. Sie ist keine eigene Epoche, sondern eine literarische Unterströmung der Romantik.
Als erstes Beispiel folgt C. Brentanos Lorelay.
Zu Bacharach am Rhein (Die Lore Lay)
Zu Bacharach am Rheine
Wohnt´ eine Zauberin,
Sie war so schön und feine
Und riß viel Herzen hin.
Und brachte viel‘ zu Schanden
Der Männer ringsumher,
Aus ihren Liebesbanden
War keine Rettung mehr.
Der Bischof ließ sie laden
Vor geistliche Gewalt –
Und mußte sie begnaden,
So schön war ihr‘ Gestalt-
Er sprach zu ihr gerühret:
Du arme Lore Lay!
Wer hat dich denn verführet
Zu böser Zauberei?
Herr Bischof, laßt mich sterben,
Ich bin des Lebens müd,
Weil jeder muß verderben,
Der meine Augen sieht.
Die Augen sind zwei Flammen,
Mein Arm ein Zauberstab –
O legt mich in die Flammen!
O brechet mir den Stab!
Ich kann dich nicht verdammen,
Bis du mir erst bekennt,
Warum in deinen Flammen
Mein eignes Herz schon brennt!
Den Stab kann ich nicht brechen,
Du schöne Lore Lay!
Ich müßte dann zerbrechen
Mein eigen Herz entzwei.
Herr Bischof, mit mir Armen
Treibt nicht so bösen Spott,
Und bittet um Erbarmen
Für mich den lieben Gott!
Ich darf nicht länger leben,
Ich liebe keinen mehr –
Den Tod sollt Ihr mir geben,
Drum kam ich zu Euch her.
Mein Schatz hat mich betrogen,
Hat sich von mir gewandt,
Ist fort von mir gezogen,
Fort in ein fremdes Land.
Die Augen sanft und wilde,
Die Wangen rot und weiß,
Die Worte still und milde,
Das ist mein Zauberkreis.
Ich selbst muß drin verderben,
Das Herz tut mir so weh,
Vor Schmerzen möcht ich sterben,
Wenn ich mein Bildnis seh.
Drum laßt mein Recht mich finden,
Mich sterben wie ein Christ!
Denn alles muß verschwinden,
Weil er nicht bei mir ist.
Drei Ritter läßt er holen:
Bringt sie ins Kloster hin!
Geh, Lore! -Gott befohlen
Sei dein bedrückter Sinn.
Du sollst ein Nönnchen werden,
Ein Nönnchen schwarz und weiß,
Bereite dich auf Erden
Zu deines Todes Reis‘!
Zum Kloster sie nun ritten,
Die Ritter alle drei,
Und traurig in der Mitten
Die schöne Lore Lay.
O Ritter, laßt mich gehen
Auf diesen Felsen groß,
Ich will noch einmal sehen
Nach meines Lieben Schloß.
Ich will noch einmal sehen
Wohl in den tiefen Rhein
Und dann ins Kloster gehen
Und Gottes Jungfrau sein.
Der Felsen ist so jähe,
So steil ist seine Wand,
Doch klimmt sie in die Höhe,
Bis daß sie oben stand.
Es binden die drei Reiter
Die Rosse unten an
Und klettern immer weiter
Zum Felsen auch hinan.
Die Jungfrau sprach: Da gehet
Ein Schifflein auf dem Rhein;
Der in dem Schifflein stehet,
Der soll mein Liebster sein!
Mein Herz wird mir so munter,
Er muß mein Liebster sein!
Da lehnt sie sich hinunter
Und stürzet in den Rhein.
Die Ritter mußten sterben,
Sie konnten nicht hinab,
Sie mußten all verderben
Ohn Priester und ohn Grab.
Wer hat dies Lied gesungen?
Ein Schiffer auf dem Rhein,
Und immer hats geklungen
Von dem Dreiritterstein:
Lore Lay!
Lore Lay!
Lore Lay!
Als wären es meiner drei.
Typische Elemente der Schauerromantik hier sind der Tod, der Wunsch Lore Lays nach dem Sterben, nicht nur ihrem eigenen Sterben, sondern dem Ende der Ritter und des Schiffers. Der Bischof ist durch ihre Schönheit bezaubert und lässt sie begnaden, und er lässt sie durch 3 Ritter ins Kloster bringen. Aber Lore Lay ist schlau. Wir sind hier Zeuge der dunklesten Seiten der menschlichen Psyche bei Lore Lay, sie führt den Tod herbei wie aus einem dunklen Trieb einer kranken Psyche. Sie selbst nennt es ihren „Zauberkreis“.
Das ist das Thema dieser Ballade von der gefährlichen Lore Lay.
4. Heinrich Heine 1797 – 1856
Loreley
Beispiel Nummer 2 von Loreley-Gedichten.
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
Daß ich so traurig bin;
Ein Märchen ans alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl und es dunkelt,
Und ruhig fließt der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.
Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar,
Ihr goldnes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar.
Sie kämmt es mit goldenem Kamme,
Und singt ein Lied dabei;
Das hat eine wundersame,
Gewaltige Melodei.
Den Schiffer im kleinen Schiffe
Ergreift es mit wildem Weh;
Er schaut nicht die Felsenriffe,
Er schaut nur hinauf in die Höh’.
Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn;
Und das hat mit ihrem Singen
Die Lorelei getan.
Auch in H. Heines Gedicht Loreley ist das Thema die gefährliche Lorelei, die die Schiffer, die Seeleute ins Verderben bringt durch ihren Gesang und ihre Schönheit. Im Liedtext steht „Singen“ statt „Gesang“, was natürlich das Negative, Fatale am Gesang hervorhebt. Betont wird dadurch die Distanz des Dichters zu der Frau Loreley, die die Männer in den Tod bringt.
Das Gedicht von Heine ist demnach kein „schönes“ romantisches Gedicht, wie oft betont wird. Es ist ein bitter-ironisches Gedicht über eine brutale Frau, die mit ihrem Singen und ihrer Schönheit die Männer ins Verderben lockt.
Wie im Gedicht von Brentano steht, ist die Frau die Ursache der Gefahren und des Unglücks, was für Heine typisch ist. Romantisch ist das Gedicht natürlich durch die Thematik, durch die Betonung des Düsteren, des Todes.
Heine war romantischer Skeptiker, man nennt ihn den Überwinder der Romantik, während Mörike als der Vollender der Romantik gilt.
5. Das dritte Loreley-Gedicht, das ich als typisch romantisches Gedicht erwähnen möchte, ist von
Joseph von Eichendorff 1788 – 1857
Waldgespräch
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Was reit’st du einsam durch den Wald?
Der Wald ist lang, du bist allein,
Du schöne Braut! Ich führ’ dich heim!
„Groß ist der Männer Trug und List,
Vor Schmerz mein Herz gebrochen ist,
Wohl irrt das Waldhorn her und hin,
O flieh! Du weißt nicht, wer ich bin.“
So reich geschmückt ist Roß und Weib,
So wunderschön der junge Leib,
Jetzt kenn’ ich dich – Gott steh’ mir bei!
Du bist die Hexe Lorelei.
„Du kennst mich wohl – von hohem Stein
Schaut still mein Schloß tief in den Rhein.
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Kommst nimmermehr aus diesem Wald!“
Eichendorff zählt zu den Dichtern der Hochromantik. Seine Thematik ist tief romantisch: der Wald tritt in einer Unzahl von Gedichten auf.
Der Wald ist bei Tag vielleicht ein Ort der labenden Einsamkeit und Ruhe, man kann Tiere und Pflanzen erleben, die man sonst selten sieht. Bei Nacht ist der Wald eher bedrohlich und bietet viele Gefahren, Überfall, Mord und dgl., weil er dunkel ist.
Der Wald bei Eichendorff ist mystisch und labyrinthisch: wie wir hier im Gedicht sehen, findet er den Weg aus dem Wald nicht. Er bleibt ein Gefangener auch wegen der Lorelei, die ihn fesselt und nicht losläßt.
Der Wald rauscht berauschend und gefährlich bei Eichendorff, was natürlich das Mystische untermalt. Angst um das eigene Leben erlebt der Mensch, der durch den Wald reitet, geht oder läuft, die Phantasie wird angeregt, die Pflanzen nehmen in Halluzinationen menschenähnliche Gestalten an.
Im Gedicht gipfelt das Erlebnis des Mannes mit der Erkenntnis: „Du bist die Hexe Lorelei“, und man ahnt seinen Untergang.
Oft ist bei Eichendorff auch vom Tod die Rede. Todessehnsucht und der Tod als natürlicher Teil des Lebens sind typische Elemente der Romantik, die wir bei Eichendorff oft finden.
Die Vertonung von Heines Lorelay habe ich nicht mitgenommen.
L G Gunhild
uhrand hat auf diesen Beitrag reagiert.
uhrand

Madeleine Schumacher ist eine interessante Künstlerin, sie hat auch „Die blaue Blume“ von Eichendorff vertont, die für Sehnsucht und Liebe steht, und für das metaphysische Streben nach dem Unendlichen. Besonders die „blaue Rose“ gilt als Symbol für das Unerreichbare, da sie in der Natur nicht vorkommt. Sie symbolisiert auch das Streben nach Erkenntnis der Natur und damit nach Erkenntnis von sich selbst.

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Ich suche die blaue Blume,
Ich suche und finde sie nie,
Mir träumt, dass in der Blume
Mein gutes Glück mir blüh.

Ich wandre mit meiner Harfe
Durch Länder, Städt und Au’n,
Ob nirgends in der Runde
Die blaue Blume zu schaun.

Ich wandre schon seit lange,
Hab lang gehofft, vertraut,
Doch ach, noch nirgends hab ich
Die blaue Blume geschaut.

gunhild hat auf diesen Beitrag reagiert.
gunhild

Vielen Dank lieber Andre ! Wie du aus meinem Beitrag Nr 6 ersiehst, behandle ich auch das Thema Blaue Blume.

LG Gunhild

Liebe Gunhild,

das ist eine große Freude. dass Du wieder mitschreiben kannst.😃 Hoffentlich bist auch wieder vollständig genesen.

Dann können wir sicherlich auch bald wieder an die Fortsetzung unserer Wagnerdiskussion, denn dieses ohne Deine stimulierenden Impulse eingeschlafen.

Ganz liebe Grüße

Herzlichst die Sängerfreunde.

gunhild hat auf diesen Beitrag reagiert.
gunhild

Liebe Sängerfreunde!

Herzlichen Dank für die freundlichen Worte!

Ja ich werde im Herbst Tristan und Isolde, Meistersinger und Parsifal bearbeiten. Wir sind aber in meiner kleinen physischen Wagnermusikgruppe erst bei der Walküre, und ich möchte doch die beiden Gruppen einigermassen parallel laufen lassen.

Ausserdem hat sich die Romantik mit den Liedern als Thema geboten, und das verschlingt auch meine Zeit. Und nicht zuletzt sollte ich nicht so hektisch arbeiten wie damals. Wie Ihr auch betont habt!

Ich muss sagen, ich geniesse die Arbeit eher, wenn ich mich in aller Ruhe mit den Themen beschäftigen kann.

Auch ich freue mich auf unsere künftigen Diskussionen!

Liebe Grüsse Gunhild

musika und uhrand haben auf diesen Beitrag reagiert.
musikauhrand
6. Zur Zeit versuche ich, verschiedene Aspekte der Romantik in Verbindung mit der Liedtradition hervorzuheben.
1. Zuerst wird hier die Romantik-Definition von Novalis 1772 – 1801 gebracht:
“Die beste Definition des Romantischen ist immer noch die von Novalis: Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehn, dem Bekannten die
Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es.“ (Safranski)
2. Ein anderes Element der Romantik ist die „Blaue Blume“
Bei Novalis:
Nach einer alten Volkssage, lange vor der Romantik, findet jemand zufällig eine blaue Wunderblume;
durch sie erlangt er Zugang zu verborgenen Schätzen.
Seit Novalis‘ Romanfragment »Heinrich von Ofterdingen«
ist »die blaue Blume« zum Symbol der romantischen Poesie
und ihrer Sehnsucht nach dem Unendlichen geworden.
3. Romantische Gedichte diesbezüglich
a. Die blaue Blume von Joseph von Eichendorff 1788 – 1857
Ich suche die blaue Blume,
Ich suche und finde sie nie,
Mir träumt, dass in der Blume
Mein gutes Glück mir blüh.
Ich wandre mit meiner Harfe
Durch Länder, Städt und Au’n,
Ob nirgends in der Runde
Die blaue Blume zu schaun.
Ich wandre schon seit lange,
Hab lang gehofft, vertraut,
Doch ach, noch nirgends hab ich
Die blaue Blum geschaut.
Joseph von Eichendorffs Gedicht „Die blaue Blume“ beschreibt das Sehnen des lyrischen Ichs nach etwas Unbekanntem, Unerreichbarem, nach einer Farbe und einem Gefühl, dass es in der Welt noch nicht gefunden hat. Das lyrische Ich versucht es in den verschiedensten Ländern, Städten und Auen, aber anscheinend gibt es diese blaue Blume nicht. Es hat lange gehofft und vertraut, aber leider hat es sie noch nirgends gefunden.
Trotz seiner Anstrengungen und Enttäuschungen gibt das lyrische Ich nicht auf und bleibt in seinem Suchen bestärkt. Es glaubt, dass die blaue Blume sein gutes Glück symbolisiert, worauf es wartet und worauf es hofft. Dieser Hoffnung und dem Suchen kann man eine romantische Note nicht abstreiten.
Es ist wahrscheinlich, dass das lyrische Ich nicht nur nach einer Blume sucht, sondern nach einer Idee und einem Sinn für sein Leben. Es ist eine Lektion in Hinblick auf das Leben: dass man auch nach den schwierigsten Situationen niemals aufgeben darf und immer weitersucht. Oft ist es nur eine Frage der Entschlossenheit und Ehrlichkeit, um das zu finden, wonach man sucht.
b. Eduard Mörike 1804 – 1875
Er ist’s
Frühling läßt sein blaues Band
wieder flattern durch die Lüfte;
süße, wohlbekannte Düfte
streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
wollen balde kommen.
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja Du bist ’s!
Dich hab’ ich vernommen!
Blaue Blumen locken Romantiker in Scharen an.
Möchten Sie wissen, wieso Mörike ausgerechnet vom blauen Band im Frühling schwärmt? Ganz einfach: In den Beeten tummeln sich im Frühjahr tausende Traubenhyazinthen, Skillas, Hyazinthen, Buschwindröschen, Blue Bells, Krokusse, Zwerg-Iris, Leberblümchen, Stiefmütterchen, Veilchen und wie die blaue Blumen alle heißen. Ist der Garten entsprechend angelegt, wandert das Auge freudestrahlend von einem blauen Tupfen zum anderen. Zwischendrin sind anfangs nur wenige gelbe Highlights (Krokusse), denn Osterglocken und Tulpen kommen ja erst ein bisschen später.
Das war auch schon zu Mörikes Zeiten so. Zudem lebte er zu einer Zeit, in der sich auch andere Dichter, Maler und Denker mit Romantik, Natur und ihren Schätzen beschäftigten. Impressionisten ließen ihre Ateliers hinter sich und suchten draußen nach dem perfekten Licht zum Malen und Goethe studierte in seinem Weimarer Garten Farben und ihre Auswirkungen auf die menschliche Psyche. Die blaue Blume verbindet Natur und das menschliche Streben, die Natur besser zu verstehen.
4. Zusammenfassung
Die blaue Blume ist ein zentrales Symbol der Romantik. Sie steht für Sehnsucht und Liebe und für das metaphysische Streben nach dem Unendlichen. Die blaue Blume wurde später auch ein Sinnbild der Sehnsucht nach der Ferne und ein Symbol der Wanderschaft. Als reale Vorbilder der blauen Blume werden oft heimische Pflanzen angesehen, in Mitteleuropa etwa die Kornblume oder die Wegwarte; Novalis spricht vom blauen Heliotrop (vgl. auch oben).
Die Jenaer Romantiker in den 1790’ern treiben es weit: sie wollen die Scheidewände zwischen Literatur und Leben vollends niederreißen.
Friedrich Schlegel und Novalis prägen für dieses
Unternehmen den Begriff des Romantisierens. Jede Lebenstätigkeit soll sich mit poetischer Bedeutsamkeit aufladen, soll eine eigentümliche Schönheit zur Anschauung bringen und eine Gestaltungskraft offenbaren, die ebenso gut ihren ‚Stil‘ hat wie das Kunstprodukt im engeren Sinne.
Überhaupt gilt ihnen Kunst weniger als Produkt denn als Ereignis, das immer und überall stattfinden kann, wo Menschen ihre Tätigkeit mit gestalterischer Energie und vitalem Schwung verrichten. Novalis ist davon überzeugt, dass sich auch Geschäftsarbeiten poetisch behandeln lassen. Das Leben muss mit Poesie durchdrungen werden.Friedrich Schlegel prägt dafür den Ausdruck progressive Universalpoesie.
Quellen:
Google
Peter Bjørn Hansen
Eigene Ideen
LG Gunhild
musika und uhrand haben auf diesen Beitrag reagiert.
musikauhrand

Liebe Liedfreunde!

Hiermit meine 6 Abschnitte zur Liedgeschichte aus verschiedenen Gesichtspunkten.

Diese waren bereits anderswo eingestellt und daher fertig zum Einstellen.

Ich könnte gern weitermachen, Tieck zB und vor allem Heine durchnehmen. Heine gilt ja als der Überwinder der Romantik. Die vielen weniger bekannten Liederdichter und -Komponisten wären auch ein interessantes Thema. Man kann weitermachen und die ganze Romantikepoche mit den Spätromantikern mit darstellen, und wenn es jemand möchte, bis Mahler vorgehen (stirbt 1911).

Vielleicht ist das ein zu weites Feld, Luise, es wäre aber interessant.

 

LG Gunhild

uhrand hat auf diesen Beitrag reagiert.
uhrand

Liebe Gunhild,

dankeschön, super, mach bitte weiter so.

Liebe Grüße

musika😊

uhrand und gunhild haben auf diesen Beitrag reagiert.
uhrandgunhild

Liebe Gunhild,

Dem kann ich mich nur anschließen. Erzähl uns etwas von Tiecks Todessehnsucht, vom Streben nach
Leben und Hoffnung und Glück…

Ach, wie wundervoll romantisch ist das!

LG André

gunhild hat auf diesen Beitrag reagiert.
gunhild

Liebe  musica, lieber André!

Danke herzlichst für die freundliche Aufforderung, weiterzumachen, es wird Zeit in Anspruch nehmen, aber ich werde mich bemühen!

Vielen Dank!

LG Gunhild

musika und uhrand haben auf diesen Beitrag reagiert.
musikauhrand

Lieber Andre

In Verbindung mit meiner Recherche über Tieck, den Frühromantiker, was seine Lyrik betrifft, muß ich feststellen, daß sehr wenig, wenn überhaupt Todessehnsucht und Ironie vorkommen. Er litt zwar an schweren Rheumaanfällen und auch zeitweise an Depressionen, aber seine Gedichte sind hell und lebensbejahend. Es ist nicht wie bei Novalis mit der Todessehnsucht vergleichbar.

Ich arbeite mit der Frühromantik und den Liedern weiter und habe ein interessantes Buch gefunden: Andrea Wulf „Fabelhafte Rebellen. Die Entdeckung des Ich“.

Eigentlich ist wohl bei Liedern von Tieck Die schöne Magelone vorerst zu nennen, von Brahms vertont.

Sonst informiere ich mich bei Rüdiger Safranski „Romantik – eine deutsche Affäre“, diesmal über Tieck.

Liebe Grüße Gunhild

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uhrand

Liebe Gunhild,

Die schöne Magelone von Tieck, vertont von Brahms, ist mir vorerst schon genug (ich glaube, es gibt auch eine Vertonung von Weber). Du musst dich wegen mir nicht verbiegen. Nur keinen Stress!!

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Sind es Schmerzen, sind es Freuden,
Die durch meinen Busen ziehn?
Alle alten Wünsche scheiden,
Tausend neue Blumen blühn.

Durch die Dämmerung der Tränen
Seh‘ ich ferne Sonnen stehn, –
Welches Schmachten! welches Sehnen!
Wag‘ ich’s? soll ich näher gehn?

Ach, und fällt die Träne nieder,
Ist es dunkel um mich her;
Dennoch kömmt kein Wunsch mir wieder,
Zukunft ist von Hoffnung leer.

So schlage denn, strebendes Herz,
So fließet denn, Tränen, herab,
Ach, Lust ist nur tieferer Schmerz,
Leben ist dunkles Grab, –

Ohne Verschulden
Soll ich erdulden?
Wie ist’s, daß mir im Traum
Alle Gedanken
Auf und nieder schwanken!
Ich kenne mich noch kaum.

O, hört mich, ihr gütigen Sterne,
O höre mich, grünende Flur,
Du, Liebe, den heiligen Schwur:
Bleib‘ ich ihr ferne,
Sterb‘ ich gerne.
Ach, nur im Licht von ihrem Blick
Wohnt Leben und Hoffnung und Glück!

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gunhild

Lieber André

Ich weiß, was Du mit diesem von Dir eingestellten Text meinst und sagen willst, das sehe ich ein, es ist aber eine lebensbejahende Geschichte,  nicht wahr? Die Liebe siegt. Es kommt kein Tod vor.

So kann man den Zyklus sehen, finde ich.

Was Ironie bei Tieck betrifft, nennt man immer „Der gestiefelte Kater“, und das führt zu weit hier, da es ja um Lieder geht.

Also wollen wir den Zyklus einstellen.

L G Gunhild

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uhrand

Liebe Gunhild,

Ich sehe es auch als eine lebensbejahende Geschichte. Die Liebe siegt über den Tod. Es kommt zwar ein Tod vor: „Bleib ich ihr ferne, / Sterb ich gerne“, dieser kann aber nicht die Liebe besiegen. Darum empfinde ich auch eine Todessehnsucht nicht als hoffnungslos.

LG André

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gunhild

Lieber André

Ja das ist interessant.  Einer Diskussion wert. Ich weiß noch nicht, wie man die 15 Lieder angehen kann, um ihnen gerecht zu werden. Vielleicht hast du Ideen.

Sie einzeln analysieren finde ich uinteressant.  Ich verstehe nicht ganz deinen Gesichtspunkt Todessehnsucht in diesem Zusammenhang.  Aber wir sollten natürlich alle romantischen Elemente berücksichtigen.

Man kann z B die Gedichte vom Aspekt Romantik aus analysieren. Und so nur die Gedichte heranziehen, die etwas Schwerwiegendes bieten.

Ich weiß sonst keine Methode.

LG Gunhild

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uhrand

Also, meine Lieben,

mit der schönen Magelone ist es nicht so ganz einfach, 2012 hörte ich einen Vortrag von Jens Malte Fischer: ›Das verkannte Meisterwerk‹ Johannes Brahms´ Liederzyklus ›Die schöne Magelone‹.

Vor zwei Monaten hörte ich das Werk mal wieder im Konzertsaal – mit dem Tenor Christoph Prégardien und dem Sprecher Udo Samel.
Bei diesem Zyklus kommt es auch viel auf den Sprecher, respektive die Sprecherin an.
Diesbezüglich gibt es einiges zu berichten.

Dietrich Fischer-Dieskau hat das Werk einmal aufgenommen und war Sänger und Sprecher, was allerdings von Kennern nicht so sehr begeistert aufgenommen wurde.

Ganz anders dann Brigitte Fassbaender, es war der letze Liederabend ihres Lebens, da hatte sie nochmals etwas ganz Großes geleistet; hörenswert!
Für den kommenden Herbst haben sich nun Konstantin Krimmel, Brigitte Fassbaender und Wolfram Rieger zusammengetan, um ›Die schöne Magelone‹ aufzuführen, Krimmel wird singen, Fassbaender spricht den Text und Rieger begleitet das Ganze am Klavier.
Es ist mir ein Bedürfnis dies hier kundzutun.

Vor einigen Jahren hatte sich ja Christian Gerhaher mit Martin Walser in dieser Sache zusammengetan, um den Volkston unserer Zeit zu finden hatten sie den Text etwas abgeändert; natürlich sprach Walser seinen neuen Text selbst …

Und was ist zur Entstehungsgeschichte zu sagen?

Brahms schrieb zwar eine Menge Lieder – 195 Sololieder -, aber nur einen einzigen Zyklus, ›Die schöne Magelone‹. Der vierzehnjährige Johannes las diese alte Rittergeschichte von Magelone und dem Grafen Peter, die in ihrem Ursprung auf das Jahr 1527 zurückgeht und von Ludwig Tieck 1797 wieder zu neuem Leben erweckt wurde; die religiösen Motive der Pilgerfahrt und sakrale Dinge schob Tieck beiseite, fügte etwas Erotik ein und machte aus der Heiligengestalt eine Königstochter, die dann schließlich auch als Schäferin unterwegs war.
Aber der Heranwachsende Brahms las nicht alleine, denn da war noch die 13-jährige Lieschen Giesemann, Tochter eines Papiermühlenbesitzers, der er während der Sommermonate in Winsen an der Luhe Klavierunterricht erteilte; die Dorfjugend verspottete den jungen Klavierspieler als ›Dern‹, er sei ja kein Junge, riefen sie ihm nach.
Man vermutet, dass Brahms mit der eigentlichen Fassung von Ludwig Tieck erst später bekannt wurde, als er mit den Schumanns verkehrte und das dann in sein ›Schatzkästlein‹ aufnahm.

Es sind ja fast arios anmutende Gesänge, die der Zyklus bietet; der Brahms-Forscher Philipp Spitta nannte die ›Magelone‹-Romanzen ›sinfonische Lieder‹.
Weil Brahms ja nie ein Opernwerk zur Welt brachte, vermuten viele, dass er das Opernhafte hier ausgelebt hat, irgendwo ist sogar der Begriff ›Taschenoper‹ aufgetaucht. Brahms hatte von 18 Romanzen nur 15 ausgesucht, die gesungen werden.
Auch wenn man den gesamten Zyklus nicht so gut kennt, horcht man beim dritten Lied, wo sich im langen Vorspiel die Sprechstimme mit dem Klavier mischt, auf; fällt der Sprechtext (bei manchen Aufnahmen) weg, hat man ein mehr als halbminütigen Vorspiel – ›Sind es Schmerzen, sind es Freuden‹ – da kann sich auch die Singstimme wunderbar auszeichnen.

Mit ›Ruhe, Süßliebchen, im Schatten‹, kündigt sich dann das Unheil an, hätte Peter da nicht herumgefummelt, wäre der böse, hässliche Rabe chancenlos gewesen; nun waren die goldenen Ringe weg und das Unglück nahm seinen Lauf, die Liebenden wurden getrennt und Peter jammerte:

»Was wird sie nun machen, wenn sie erwacht, und den vermisst, den sie für den Getreuesten auf der ganzen Erde hielt? Warum musste mein Vorwitz nur die Ringe hervorsuchen, konnte ich sie nicht an ihrem schönsten Platze lassen, wo sie so sicher waren? O weh mir, nun ist alles verloren und ich muss mich in mein Verderben finden!«

Aber alles wurde schließlich gut und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende;
Peter ließ an dem Ort wo er Magelone wieder gefunden hatte einen prächtigen Sommerpalast bauen und man pflanzte vor dem Palast sogar noch einen Baum.

uhrand und gunhild haben auf diesen Beitrag reagiert.
uhrandgunhild

Hallo

Hier im Liedforum findet Ihr unter „Einzelne Lieder und Liedzyklen“ einen Text, den ich vor Kurzem über die „Magelone“ geschrieben habe.

Gruss Wolfgang

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uhrandgunhild

Lieber belcanto

Herzlichen Dank für die sehr informative Besprechung des Magelone-Zyklus. Es bleiben uns keine weiteren Aufgaben diesbezüglich, schätze ich. Wenn dann auch der Text Wolfgangs hinzukommt, sind wir gut informiert. Ich wüßte nicht, was eine weitere Analyse meinerseits bringen sollte. Vielleicht die einzelnen Stilelemente der Romantik, wie ich sie versucht habe, in einem früheren Beitrag aufzulisten, anhand der 15 Gedichte herausarbeiten und bewußtmachen. Ich weiß es nicht.

Liebe Grüße Gunhild

 

 

 

 

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uhrand

Ihr Lieben,

Meine Empfindungen bezüglich der Todessehnsucht sind in diesem Fall zugegebenermaßen ziemlich verklärt und irrational. Doch die Romantik beinhaltet ja oft solche Empfindungen, die vom normalen Denken abweichen und nicht rational zu erklären sind, meine ich. Jedenfalls ist es eine gute Idee von dir, Gunhild, die Gedichte vom Aspekt Romantik aus zu analysieren, wie du vorgeschlagen hast. Die Beiträge von Karl Georg und Wolfgang sind in der Tat Spitze, besonders gefallen mir die Parallelen zur Oper. Von mir aus können wir auch damit abschließen, habe gar nichts dagegen 🙂

LG André

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gunhild

Lieber Wolfgang!

Vielen Dank für den Hinweis auf Ihren Artikel. Ich werde ihn lesen und Anregung finden!

Liebe Grüße Gunhild

Lieber Wolfgang, lieber belcanto, lieber Andre!

Nachdem ich den Artikel von Wolfgang gelesen habe, möchte ich eine zentrale Stelle hervorheben, die ich auch hätte betonen wollen.

„Romantisch ist, was auf angenehme Weise befremdet.

Die Novelle verkörpert viele zentrale Elemente der romantischen Ästhetik, wie das Streben nach dem Unendlichen, die Betonung der Gefühlswelt und die Rückbesinnung auf mittelalterliche Stoffe und Motive. Der Rückgriff auf eine Handlung im Mittelalter ist typisches Merkmal der Romantik, die oft auf vergangene Epochen zurückgriff, um das Alltägliche und Banale des zeitgenössischen Lebens zu überwinden.

Insbesondere zeichnet sich die Novelle durch ihre Integration von Lyrik und Prosa aus. Tieck fügt der prosaischen Handlung zahlreiche Gedichte bei, die von der Figur des Helden gesungen werden. Diese Lieder vertiefen die emotionale Dimension der Erzählung und sind ein hervorragendes Beispiel für die romantische Praxis, verschiedene Kunstformen miteinander zu verbinden.“

In dem Sinne hätte ich die Gedichte besprochen, ich sehe aber jetzt keinen Grund, zum Zyklus Weiteres zu schreiben, da  soviel Kluges geschrieben worden ist. Ich werde mich auf andere Gedichte von Tieck in der Frühromantik konzentrieren.

Liebe Grüsse Gunhild

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uhrand

Lieber Andre

Ich habe Deine Kommentare betreffend Todessehnsucht zur Kenntnis genommen, ich habe aber auch beschlossen, die Magelone nicht weiter zu analysieren, da soviel Kluges gesagt worden ist. S. Wolfgangs Detailanalyse des Romantischen.

Ich möchte lieber andere Gedichte Tiecks bearbeiten, ich kann anhand des Buches von Safranski „Romantik – eine deutsche Affäre“ sicher Neues zum Thema beitragen.

Herzlichen Dank für Dein Engagement!

Liebe Grüsse Gunhild

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uhrand
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