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Zitat von belcanto am 4. August 2024, 20:45 UhrAlso, meine Lieben,
so ganz einfach ist die Sache mit dem »Doppelgänger« nicht, wenn hier Heinrich Heine mit einem Herzen steht, drängt es mich eine Bemerkung zu machen, denn ich habe mein Büchlein mit sämtlichen Heine-Gedichten aus dem Regal genommen und nachgeschaut; da findet man im Verzeichnis der Gedichte keinen »Doppelgänger« oder »Der Doppelgänger«.
Fündig wird man bei »Still ist die Nacht« und wenn ich dann – in meinem Büchlein – auf die Seite 167 gehe finde ich diesen Text, und das ist vermutlich kein Druckfehler; Schubert hat aus Heines »Doppeltgänger« eben »Der Doppelgänger« gemacht.Still ist die Nacht, es ruhen die Gassen,
In diesem Hause wohnte mein Schatz;
Sie hat schon längst die Stadt verlassen,
Doch steht noch das Haus auf dem selben Platz.Da steht auch ein Mensch und starrt in die Höhe,
Und ringt die Hände, vor Schmerzensgewalt;
Mir graust es, wenn ich sein Antlitz sehe –
Der Mond zeigt mir meine eigne Gestalt.Du Doppeltgänger! du bleicher Geselle!
Was äffst du nach mein Liebesleid,
Das mich gequält auf dieser Stelle,
So manche Nacht, in alter Zeit?In meinem Liedführer steht zu diesem Lied:
»Die Begleitung besteht, von zwei Echowirkungen abgesehen, nur aus starren Akkorden. Viermal wird Forte-Fortissimo gefordert; es wird berichtet, dass Schubert, als er das Lied begleitete, bei dem Schreckensakkord aus ›meine eigne Gestalt‹ alle erreichbaren Tasten angeschlagen, die akkordfremden Töne aber sogleich wieder losgelassen habe – ein naturalistischer Geräuschklang, der für den Ausdrucksradikalismus des Liedes charakteristisch ist.«
Also, meine Lieben,
so ganz einfach ist die Sache mit dem »Doppelgänger« nicht, wenn hier Heinrich Heine mit einem Herzen steht, drängt es mich eine Bemerkung zu machen, denn ich habe mein Büchlein mit sämtlichen Heine-Gedichten aus dem Regal genommen und nachgeschaut; da findet man im Verzeichnis der Gedichte keinen »Doppelgänger« oder »Der Doppelgänger«.
Fündig wird man bei »Still ist die Nacht« und wenn ich dann – in meinem Büchlein – auf die Seite 167 gehe finde ich diesen Text, und das ist vermutlich kein Druckfehler; Schubert hat aus Heines »Doppeltgänger« eben »Der Doppelgänger« gemacht.
Still ist die Nacht, es ruhen die Gassen,
In diesem Hause wohnte mein Schatz;
Sie hat schon längst die Stadt verlassen,
Doch steht noch das Haus auf dem selben Platz.
Da steht auch ein Mensch und starrt in die Höhe,
Und ringt die Hände, vor Schmerzensgewalt;
Mir graust es, wenn ich sein Antlitz sehe –
Der Mond zeigt mir meine eigne Gestalt.
Du Doppeltgänger! du bleicher Geselle!
Was äffst du nach mein Liebesleid,
Das mich gequält auf dieser Stelle,
So manche Nacht, in alter Zeit?
In meinem Liedführer steht zu diesem Lied:
»Die Begleitung besteht, von zwei Echowirkungen abgesehen, nur aus starren Akkorden. Viermal wird Forte-Fortissimo gefordert; es wird berichtet, dass Schubert, als er das Lied begleitete, bei dem Schreckensakkord aus ›meine eigne Gestalt‹ alle erreichbaren Tasten angeschlagen, die akkordfremden Töne aber sogleich wieder losgelassen habe – ein naturalistischer Geräuschklang, der für den Ausdrucksradikalismus des Liedes charakteristisch ist.«
Zitat von gunhild am 4. August 2024, 21:49 UhrLiebe alle!
Als weiteren Versuch der Interpretation des Ich im romantischen Gedicht bringe ich hier meine Analyse von „Auf Flügeln des Gesanges“ von Heine.
Heinrich Heine
Auf Flügeln des Gesanges
Auf Flügeln des Gesanges,
Herzliebchen, trag ich dich fort,
Fort nach den Fluren des Ganges,
Dort weiß ich den schönsten Ort.Dort ligger ein rotblühender Garten
Im stillen Mondenschein;
Die Lotosbumen erwarten
Ihr trautes Schwesterlein.Die Veilchen kichern und kosen,
Und schaun nach den Sternen empor;
Heimlich erzählen die Rosen
Sich duftende Märchen ins Ohr.Es hüpfen herbei und lauschen
Die frommen, klugen Gazelln;
Und in der Ferne rauschen
Des heiligen Stromes Welln.Dort wollen wir niedersinken
Unter dem Palmenbaum,
Und Liebe und Ruhe trinken,
Und träumen seligen Traum.
Das Gedicht ist ein Versprechen des lyrischen Ichs, seine Geliebte – so muß man die Rollenverteilung auffassen – in eine Welt zu entführen, die eine Traumlandschaft ist.
Und es ist das Ganze ein seliger Traum ohne Wirklichkeitssubstanz:
– Die Blumen sprechen und erzählen sich Märchen, die Tiere sind klug: lauschen – alles menschliche Eigenschaften.
– Der Ort liegt sehr weit weg: der Ganges
– Der Transport erfolgt auf Flügeln des Gesanges:
Sie tragen ja nichts, es ist eine Metapher, also illusorisch
– Wir wollen dort niedersinken : es ist aber ein seliger Traum, die Liebe ist nicht realisierbar, es gibt sie nicht, diese Ruhe und Liebe, es bleibt ein seliger Traum.
Diese Diskrepanz: Versprechen und unrealisierbaren Traum erlebt das Ich, und erkennt es in der letzten Strophe.
Das Gedicht beinhaltet diese ironische Distanz, die die Erlebnisse des Ich pointiert. Das Ich und
sein Versprechen sind im Mittelpunkt. Der Ton des Gedichtes ist quasi hell und lyrisch, und ich gebe zu, daß die ironische Distanz schwer erkennbar ist.
Aber das ganze Vorhaben scheint ja schon im Anfang zu scheitern, da er sie nur auf den Flügeln des Gesanges transportieren will/kann.
Zusammenfassend sagt er ja auch, daß sie einen seligen Traum erleben werden. Das Ganze bleibt ein unrealisierbarer Traum.
Das Gedicht hat die ironische Distanz ohne die übliche Bitterkeit Heines dazu bei der Behandlung der Liebe.
So sehe ich das Gedicht.
Es ist unten abgebildet.
Liebe Grüße Gunhild
Liebe alle!
Als weiteren Versuch der Interpretation des Ich im romantischen Gedicht bringe ich hier meine Analyse von „Auf Flügeln des Gesanges“ von Heine.
Heinrich Heine
Auf Flügeln des Gesanges
Das Gedicht ist ein Versprechen des lyrischen Ichs, seine Geliebte – so muß man die Rollenverteilung auffassen – in eine Welt zu entführen, die eine Traumlandschaft ist.
Und es ist das Ganze ein seliger Traum ohne Wirklichkeitssubstanz:
– Die Blumen sprechen und erzählen sich Märchen, die Tiere sind klug: lauschen – alles menschliche Eigenschaften.
– Der Ort liegt sehr weit weg: der Ganges
– Der Transport erfolgt auf Flügeln des Gesanges:
Sie tragen ja nichts, es ist eine Metapher, also illusorisch
– Wir wollen dort niedersinken : es ist aber ein seliger Traum, die Liebe ist nicht realisierbar, es gibt sie nicht, diese Ruhe und Liebe, es bleibt ein seliger Traum.
Diese Diskrepanz: Versprechen und unrealisierbaren Traum erlebt das Ich, und erkennt es in der letzten Strophe.
Das Gedicht beinhaltet diese ironische Distanz, die die Erlebnisse des Ich pointiert. Das Ich und
sein Versprechen sind im Mittelpunkt. Der Ton des Gedichtes ist quasi hell und lyrisch, und ich gebe zu, daß die ironische Distanz schwer erkennbar ist.
Aber das ganze Vorhaben scheint ja schon im Anfang zu scheitern, da er sie nur auf den Flügeln des Gesanges transportieren will/kann.
Zusammenfassend sagt er ja auch, daß sie einen seligen Traum erleben werden. Das Ganze bleibt ein unrealisierbarer Traum.
Das Gedicht hat die ironische Distanz ohne die übliche Bitterkeit Heines dazu bei der Behandlung der Liebe.
So sehe ich das Gedicht.
Es ist unten abgebildet.
Liebe Grüße Gunhild
Zitat von gunhild am 4. August 2024, 22:07 UhrAuf Flügeln des Gesanges
Auf Flügeln des Gesanges,
Herzliebchen, trag ich dich fort,
Fort nach den Fluren des Ganges,
Dort weiß ich den schönsten Ort.Dort ligger ein rotblühender Garten
Im stillen Mondenschein;
Die Lotosbumen erwarten
Ihr trautes Schwesterlein.Die Veilchen kichern und kosen,
Und schaun nach den Sternen empor;
Heimlich erzählen die Rosen
Sich duftende Märchen ins Ohr.Es hüpfen herbei und lauschen
Die frommen, klugen Gazelln;
Und in der Ferne rauschen
Des heiligen Stromes Welln.Dort wollen wir niedersinken
Unter dem Palmenbaum,
Und Liebe und Ruhe trinken,
Und träumen seligen Traum.
Auf Flügeln des Gesanges
Zitat von gunhild am 4. August 2024, 22:29 UhrLieber belcanto
Wahrscheinlich weil ich keine Muttersprachlerin bin, verstehe ich die Unterscheidung betr Doppelgänger/Doppeltgänger in Heines Gedicht nicht. jedoch ich denke, es gibt auf jeden Fall den Fall einer zweiten Gestalt ausser dem lyrischen Ich. Ich weiss nicht, was Doppeltgänger sonst bedeuten soll?
Kannst du es erklären?
LG Gunhild
Lieber belcanto
Wahrscheinlich weil ich keine Muttersprachlerin bin, verstehe ich die Unterscheidung betr Doppelgänger/Doppeltgänger in Heines Gedicht nicht. jedoch ich denke, es gibt auf jeden Fall den Fall einer zweiten Gestalt ausser dem lyrischen Ich. Ich weiss nicht, was Doppeltgänger sonst bedeuten soll?
Kannst du es erklären?
LG Gunhild
Zitat von gunhild am 20. August 2024, 06:55 UhrUm noch mehr Hintergrundwissen zum deutschen Lied zu bringen, stelle ich hier einen Artikel über Schelling ein. Der Beitrag soll Teil der bisherigen Darstellungen von deutschen Philosophen der Romantik sein.
Hier Nummer 5.
Und ich denke, ich habe so ziemlich viele Aspekte mit diesen 5 Artikeln berührt.
5. Romantische Philosophen
Friedrich von Schelling 1775 – 1854
Wer sich für die Philosophie der Romantik interessiert, muß sich vor allen mit Friedrich von Schelling beschäftigen.
In der Geschichte der Philosophie ragt Schelling als ausgezeichnete Begabung heraus, hatte ein gutes Auffassungsvermögen, hat aber auch die Wissenschaft schnell liegen lassen, um sich den mystischen Offenbarungen und seltsamen Phantasien zu widmen.
Schelling war der eigentliche Romantiker der Bewegung mit seiner großen Liebe zur Natur. Er meinte, ihr eigentliches Wesen durchschaut zu haben. Bei Fichte war die Romantik Ethik, bei Schelling Naturpantheismus. Auch in der Auseinandersetzung mit der Zeit der Aufklärung war er mit seiner jugendlichen und kühnen Polemik der ausgeprägte Romantiker. Fichte hatte noch durch Kant zur Aufklärung Verbindung, sogar Hegel stand ihr in gewissen Punkten auch nahe, Schelling aber hatte mit der Aufklärung völlig gebrochen. Er stand dem Kant auch fern.
Die Philosophie Schellings kann man kaum als ein zusammenhängendes philosophisches System charakterisieren, eher als Stadien einer philosophischen Entwicklung. Es gibt jedoch einen erkennbaren Zusammenhang zwischen den verschiedenen Stadien.
Laut dem deutschen Philosophen Christian Iber ist das grundlegende Problem in den Stadien Schellings, wie das Absolute vernunftmässig begründet werden kann, das jenseits der Vernunft ist.
Das Absolute
1794 erschien Fichte’s Wissenschaftslehre, und dadurch erhielt Schelling einen entscheidenden Impuls. 1795 schrieb er Vom Ich als Prinzip der Philosophie oder über das Unbedingte im menschlichen Wissen als Reaktion auf Fichtes Werk.
Fichte wollte alles durch das absolute Ich erklären, das er als die Ursache der sowohl individuellen Ichs als auch der Objekte (des Nicht-Ichs) betrachtete.
L absolute Ich zu sagen. Er bezweifelt, ob es überhaupt als ein „Ich“ oder „Subjekt“ betrachtet werden kann. Denn etwas Absolutes ist lediglich als das, was jede Relation zwischen Subjekt und Objekt überschreitet (transzendiert), zu verstehen, sagt er. Deshalb benutzt er den Ausdruck das Absolute.
Das Absolute befindet sich laut Schelling jenseits von Raum und Zeit, oder wie er sagt: es hat keine räumlich-zeitliche Struktur. Das Absolute liegt ihm zufolge jenseits des Gebietes objektiver Beweisbarkeit und und aller Vernunftserwägungen. Er zieht daher die Schlussfolgerung, dass das Absolute nicht theoretisch verstanden werden kann, sondern nur in einem praktischen Prozess.
Dieser praktische Prozess ist nur durch die Kunst durchführbar., sagt er. Ein entscheidender Begriff ist hier „das Schöne“, das sich in einer „stillen Hingabe“ an das Absolute zeigt. Und hier zeigt sich ein typisch romantisches Element in seiner Philosophie: Die Kunst kann das Absolute oder eine höhere geistige Welt dort erzielen, wo die Philosophie und die Vernunft aufgeben müssen. Weder die Wissenschaft noch die Philosophie können eine so tiefe Erkenntnis erreichen wie die Kunst. Die Kunst kann die Idendität zwischen Geist und Natur in einer sinnlichen Form eines Gedichts, eines Gemäldes oder eines Musikstücks darstellen. Die Identität zwischen Geist und Natur liegt somit bereits im konkreten Kunstwerk vor.
Naturphilosophie
1797 beginnt ein neues Stadium der Philosophie Schellings. Hier zeigt sich eine anderes romantisches Element: das Interesse für die Natur. Schelling hegte persönlich eine tiefgefühlte Liebe zur Natur, die ihm ihr inneres Wesen offenbart hatte. So meinte er.
Im Gegensatz zu Newtons klassischer Mechanik beschreibt er die Natur als einen Organismus. Er hat eine dynamische Theorie der Natur, die laut ihm in ewig lebender Bewegung ist.
Der Prozess der Natur besteht laut Schelling in der Entwicklung von einfachen Formen zu immer komplizierteren Formen.
Es gibt 3 Hauptphasen in dieser Entwicklung: 1. Materie, 2. Leben und 3. Geist. Diese Entwicklung kann durch das berühmte Zitat dargestellt werden, das nicht von Schelling stammt: „Der Geist schlummert im Stein, träumt in der Pflanze, wächst im Tier und kommt im Menschen zum Bewusstsein“. Der Stein vertritt die Materie, , die Pflanze und das Tier vertreten das Leben und der Mensch den Geist. In Wirklichkeit sind sie alle Geist, bloss in verschiedenem Grade manifestiert. Schelling sieht die Natur als Manifestation des Geistes. Hierin liegt ihr tiefstes Wesen. Der Geist selbst ist unsichtbar, zeigt sich aber in den Formen der Natur.
Ich habe hier einige wichtige Elemente der Philosophie Schellings darstellen wollen. Es soll zum besseren Verständnis der romantischen Werke, besonders der Lieder beitragen.
Dies soll mein bescheidener Beitrag dazu sein.
Um noch mehr Hintergrundwissen zum deutschen Lied zu bringen, stelle ich hier einen Artikel über Schelling ein. Der Beitrag soll Teil der bisherigen Darstellungen von deutschen Philosophen der Romantik sein.
Hier Nummer 5.
Und ich denke, ich habe so ziemlich viele Aspekte mit diesen 5 Artikeln berührt.
5. Romantische Philosophen
Friedrich von Schelling 1775 – 1854
Wer sich für die Philosophie der Romantik interessiert, muß sich vor allen mit Friedrich von Schelling beschäftigen.
In der Geschichte der Philosophie ragt Schelling als ausgezeichnete Begabung heraus, hatte ein gutes Auffassungsvermögen, hat aber auch die Wissenschaft schnell liegen lassen, um sich den mystischen Offenbarungen und seltsamen Phantasien zu widmen.
Schelling war der eigentliche Romantiker der Bewegung mit seiner großen Liebe zur Natur. Er meinte, ihr eigentliches Wesen durchschaut zu haben. Bei Fichte war die Romantik Ethik, bei Schelling Naturpantheismus. Auch in der Auseinandersetzung mit der Zeit der Aufklärung war er mit seiner jugendlichen und kühnen Polemik der ausgeprägte Romantiker. Fichte hatte noch durch Kant zur Aufklärung Verbindung, sogar Hegel stand ihr in gewissen Punkten auch nahe, Schelling aber hatte mit der Aufklärung völlig gebrochen. Er stand dem Kant auch fern.
Die Philosophie Schellings kann man kaum als ein zusammenhängendes philosophisches System charakterisieren, eher als Stadien einer philosophischen Entwicklung. Es gibt jedoch einen erkennbaren Zusammenhang zwischen den verschiedenen Stadien.
Laut dem deutschen Philosophen Christian Iber ist das grundlegende Problem in den Stadien Schellings, wie das Absolute vernunftmässig begründet werden kann, das jenseits der Vernunft ist.
Das Absolute
1794 erschien Fichte’s Wissenschaftslehre, und dadurch erhielt Schelling einen entscheidenden Impuls. 1795 schrieb er Vom Ich als Prinzip der Philosophie oder über das Unbedingte im menschlichen Wissen als Reaktion auf Fichtes Werk.
Fichte wollte alles durch das absolute Ich erklären, das er als die Ursache der sowohl individuellen Ichs als auch der Objekte (des Nicht-Ichs) betrachtete.
L absolute Ich zu sagen. Er bezweifelt, ob es überhaupt als ein „Ich“ oder „Subjekt“ betrachtet werden kann. Denn etwas Absolutes ist lediglich als das, was jede Relation zwischen Subjekt und Objekt überschreitet (transzendiert), zu verstehen, sagt er. Deshalb benutzt er den Ausdruck das Absolute.
Das Absolute befindet sich laut Schelling jenseits von Raum und Zeit, oder wie er sagt: es hat keine räumlich-zeitliche Struktur. Das Absolute liegt ihm zufolge jenseits des Gebietes objektiver Beweisbarkeit und und aller Vernunftserwägungen. Er zieht daher die Schlussfolgerung, dass das Absolute nicht theoretisch verstanden werden kann, sondern nur in einem praktischen Prozess.
Dieser praktische Prozess ist nur durch die Kunst durchführbar., sagt er. Ein entscheidender Begriff ist hier „das Schöne“, das sich in einer „stillen Hingabe“ an das Absolute zeigt. Und hier zeigt sich ein typisch romantisches Element in seiner Philosophie: Die Kunst kann das Absolute oder eine höhere geistige Welt dort erzielen, wo die Philosophie und die Vernunft aufgeben müssen. Weder die Wissenschaft noch die Philosophie können eine so tiefe Erkenntnis erreichen wie die Kunst. Die Kunst kann die Idendität zwischen Geist und Natur in einer sinnlichen Form eines Gedichts, eines Gemäldes oder eines Musikstücks darstellen. Die Identität zwischen Geist und Natur liegt somit bereits im konkreten Kunstwerk vor.
Naturphilosophie
1797 beginnt ein neues Stadium der Philosophie Schellings. Hier zeigt sich eine anderes romantisches Element: das Interesse für die Natur. Schelling hegte persönlich eine tiefgefühlte Liebe zur Natur, die ihm ihr inneres Wesen offenbart hatte. So meinte er.
Im Gegensatz zu Newtons klassischer Mechanik beschreibt er die Natur als einen Organismus. Er hat eine dynamische Theorie der Natur, die laut ihm in ewig lebender Bewegung ist.
Der Prozess der Natur besteht laut Schelling in der Entwicklung von einfachen Formen zu immer komplizierteren Formen.
Es gibt 3 Hauptphasen in dieser Entwicklung: 1. Materie, 2. Leben und 3. Geist. Diese Entwicklung kann durch das berühmte Zitat dargestellt werden, das nicht von Schelling stammt: „Der Geist schlummert im Stein, träumt in der Pflanze, wächst im Tier und kommt im Menschen zum Bewusstsein“. Der Stein vertritt die Materie, , die Pflanze und das Tier vertreten das Leben und der Mensch den Geist. In Wirklichkeit sind sie alle Geist, bloss in verschiedenem Grade manifestiert. Schelling sieht die Natur als Manifestation des Geistes. Hierin liegt ihr tiefstes Wesen. Der Geist selbst ist unsichtbar, zeigt sich aber in den Formen der Natur.
Ich habe hier einige wichtige Elemente der Philosophie Schellings darstellen wollen. Es soll zum besseren Verständnis der romantischen Werke, besonders der Lieder beitragen.
Dies soll mein bescheidener Beitrag dazu sein.
Zitat von uhrand am 20. August 2024, 09:10 UhrLiebe Gunhild,
Vielen Dank für die interessanten Ausführungen!
Die Philosophie Schellings erinnert mich an eines meiner Lieblingszitate von Albert Einstein, der geboren wurde, als Schelling schon tot war:„Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.“
Dieses Zitat finde ich umso bemerkenswerter, weil es von einem Wissenschaftler stammt. Auch ist der Gedanke sehr erhebend für mich, dass gemäß Schelling die Kunst die Identität zwischen Geist und Natur in einer sinnlichen Form eines Gedichts, eines Gemäldes oder eines Musikstücks darstellen kann. An welchem Dichter könnte man sich da wohl besonders orientieren?
LG André
Liebe Gunhild,
Vielen Dank für die interessanten Ausführungen!
Die Philosophie Schellings erinnert mich an eines meiner Lieblingszitate von Albert Einstein, der geboren wurde, als Schelling schon tot war:
„Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.“
Dieses Zitat finde ich umso bemerkenswerter, weil es von einem Wissenschaftler stammt. Auch ist der Gedanke sehr erhebend für mich, dass gemäß Schelling die Kunst die Identität zwischen Geist und Natur in einer sinnlichen Form eines Gedichts, eines Gemäldes oder eines Musikstücks darstellen kann. An welchem Dichter könnte man sich da wohl besonders orientieren?
LG André
Zitat von gunhild am 20. August 2024, 12:55 UhrLieber André
Herzlichen Dank für Deine liebe Rückmeldung! Ja ich würde Eichendorff nennen von den Großen, seine Gedichte sind sehr sinnlich und tiefgründig. Rückert kann ich ganz besonders in Widmung hervorheben: Du meine Seele, Du mein Herz, vertont von Schumann ( mit Lotte Lehmann!). Durch und durch sinnlich.
Dann natürlich Goethe! Wie herrlich leuchtet mir die Natur! All die romantischen Gedichte, die er als sog. Nicht-Romantiker geschrieben hat. Seine Naturschilderungen würden hier einpassen.
Und von den anderen weniger berühmten Wilh Müller und Ludwig Uhland. Uhland mit Frühlingsglaube!
Oder was denkst du?
Liebe Grüße Gunhild
Lieber André
Herzlichen Dank für Deine liebe Rückmeldung! Ja ich würde Eichendorff nennen von den Großen, seine Gedichte sind sehr sinnlich und tiefgründig. Rückert kann ich ganz besonders in Widmung hervorheben: Du meine Seele, Du mein Herz, vertont von Schumann ( mit Lotte Lehmann!). Durch und durch sinnlich.
Dann natürlich Goethe! Wie herrlich leuchtet mir die Natur! All die romantischen Gedichte, die er als sog. Nicht-Romantiker geschrieben hat. Seine Naturschilderungen würden hier einpassen.
Und von den anderen weniger berühmten Wilh Müller und Ludwig Uhland. Uhland mit Frühlingsglaube!
Oder was denkst du?
Liebe Grüße Gunhild
Zitat von uhrand am 20. August 2024, 14:04 UhrEichendorff und Goethe kamen mir auch gleich in den Sinn, schön dass du als Expertin das bestätigst. Rückert passt auch wunderbar zu dieser Idee, finde ich. Hier habe ich das von dir vorgeschlagene überschwengliche Liebeslied, das Schumann Clara schenkte, gewissermaßen als „Myrtenzweig“:
Eichendorff und Goethe kamen mir auch gleich in den Sinn, schön dass du als Expertin das bestätigst. Rückert passt auch wunderbar zu dieser Idee, finde ich. Hier habe ich das von dir vorgeschlagene überschwengliche Liebeslied, das Schumann Clara schenkte, gewissermaßen als „Myrtenzweig“:
Zitat von gunhild am 21. August 2024, 21:16 UhrLieber André
Ganz herzlichen Dank für Deine Worte!
Ich bin überhaupt keine Expertin, ich bin Germanistin, ja, aber mit vielen Bildungslücken, kann ich Dir versichern.
Ich habe mich sehr gefreut, daß Du auch diese Dichter in Gedanken hattest!
Ganz lieben Dank und Gruß sende ich Dir!
Gunhild
Lieber André
Ganz herzlichen Dank für Deine Worte!
Ich bin überhaupt keine Expertin, ich bin Germanistin, ja, aber mit vielen Bildungslücken, kann ich Dir versichern.
Ich habe mich sehr gefreut, daß Du auch diese Dichter in Gedanken hattest!
Ganz lieben Dank und Gruß sende ich Dir!
Gunhild
Zitat von uhrand am 22. August 2024, 06:27 UhrLiebe Gunhild,
Jetzt sind wir die Troubadour-Nichtfachfrau der Troubadour-Nichtfachmann des Monats.
LG André
Liebe Gunhild,
Jetzt sind wir die Troubadour-Nichtfachfrau der Troubadour-Nichtfachmann des Monats.
LG André
Zitat von gunhild am 1. September 2024, 13:49 UhrLiebe alle Liedenthusiasten
Ich stelle hier ein sehr typisches Eichendorff Gedicht ein: Natur und ich in einem!
Der Abend
Schweigt der Menschen laute Lust:
Rauscht die Erde wie in Träumen
Wunderbar mit allen Bäumen,
Was dem Herzen kaum bewusst,
Alte Zeiten, linde Trauer,
Ach, es schweifen leise Schauer
Wetterleuchtend durch die Brust.
Joseph von Eichendorff
Liebe alle Liedenthusiasten
Ich stelle hier ein sehr typisches Eichendorff Gedicht ein: Natur und ich in einem!
Der Abend
Schweigt der Menschen laute Lust:
Rauscht die Erde wie in Träumen
Wunderbar mit allen Bäumen,
Was dem Herzen kaum bewusst,
Alte Zeiten, linde Trauer,
Ach, es schweifen leise Schauer
Wetterleuchtend durch die Brust.
Joseph von Eichendorff
Kontakt
Telefon: 0178-1069333
E-Mail: info@troubadour-forum.de
Gestaltung Agentur kuh vadis