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Troubadour-Forum für klassische Vokal- und Instrumentalmusik

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Großmeister der Liedkunst – Die Lieder von Franz Schubert

Frühlingsglaube D 686
 
Es ist ewig her, dass ich Hermann Hesses Glasperlenspiel gelesen habe. Dort findet sich die „Lebensbeschreibung des Magister Ludi Josef Knecht“.
„In meinen Freistunden lebte ich ganz in der Wonne des Entdeckens, ich hatte bis dahin nichts von Schubert gekannt und war damals ganz von ihm bezaubert. Und nun entdeckte ich, am Tag jenes Holundergangs oder am Tage nachher, Schuberts Frühlingslied `Die linden Lüfte sind erwacht´ und die ersten Akkorde der Klavierbegleitung überfielen mich wie ein Wiedererkennen: diese Akkorde dufteten genau so wie der junge Holunder geduftet hatte, so bittersüß, so stark und gepreßt, so voll. Vorfrühling!“
 
Das Gedicht stammt vom Tübinger Dichter Johann Ludwig Uhland:
 
Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muss sich Alles, Alles wenden.
Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiss nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal:
Nun, armes Herz, vergiss der Qual!
Nun muss sich Alles, Alles wenden.
Auch Felix Mendelssohn und Friedrich Silcher vertonten das Gedicht. Wir hören die oben genannte Vertonung, von der Ludi Knecht beeindruckt war und die den Titel „Frühlingsglaube“ trägt.
 
Die Aufnahme mit Fritz Wunderlich und Hubert Giesen stammt aus dem Jahre 1965.
Gruß Wolfgang

Nachstück D672

Beschäftigt man sich mit Franz Schubert und seinem fast unermesslichen Liedschaffen, kommt man nicht umhin, auch seinen Freundeskreis zu betrachten. Diesen Kreis, der eine so große Rolle in Schuberts kurzem Leben gespielt hat. Franz Schober, Josef von Spaun, Anselm Hüttenbrenner, Johann Baptist Mayrhofer, um nur einige zu nennen. Schubert vertonte zahlreiche Gedichte aus dem Freundeskreis, so auch das Gedicht „Nachtstück“ von Mayrhofer. Im Freundeskreis traf man sich zu sogenannten „Schubertiaden“, bei denen im Freundeskreis die Musik des Komponisten im Vordergrund stand.
 
Franz Schubert und Johann Baptist Mayrhofer (1787-1836) lernten sich im Jahr 1814 kennen und lebten längere Zeit zusammen. Mayrhofer schreibt in seinen Erinnerungen: „Mein Verhältniß mit Franz Schubert wurde dadurch eingeleitet, daß ihm ein Jugendfreund das Gedicht „am See“ … zur Komposition übergab. An des Freundes Hand betrat 1814 Schubert das Zimmer, welches wir 5 Jahre später gemeinsam bewohnen sollten.„
 
Mayrhofer verfasste Gedichte, von denen ein nicht unerheblicher Teil Themen der griechischen Mythologie zum Inhalt hatten. Schubert vertonte 47 seiner Gedichte. Mayrhofer als melancholische Persönlichkeit war als Beamter bei der Zensurbehörde unter Fürst Metternich tätig. Gleichzeitig verfasste er Gedichte, die von vom Überdruss der Welt und von Sehnsucht nach dem Tod handelten. Man kann sich die Frage stellen, ob diese Zerrissenheit, die sich aus Beruf und Berufung ergab, maßgeblich für die Todessehnsucht war, der sich Mayrhofer ergab, indem er freiwillig aus dem Leben schied.
 
Das Gedicht „Nachtstück“, das Schubert 1825 vertonte, hat die Todessehnsucht eines alten Mannes zum Inhalt. Schubert überarbeitete seine erste Version nochmal. Die wundervoll getragene Komposition beginnt rezitativisch, um dann in eine Art Aria überzugehen („Du heil´ge Nacht…“). Die Natur nimmt Anteil am Schicksal des Mannes, der seinem Ende entgegensieht und sich schließlich dem Tod ergibt.
 
Wenn über Berge sich der Nebel breitet
Und Luna mit Gewölken kämpft,
So nimmt der Alte seine Harfe, und schreitet
Und singt waldeinwärts und gedämpft:
„Du heilge Nacht:
Bald ist’s vollbracht,
Bald schlaf ich ihn, den langen Schlummer,
Der mich erlöst von allem Kummer.“
Die grünen Bäume rauschen dann:
„Schlaf süss, du guter, alter Mann“;
Die Gräser lispeln wankend fort:
„Wir decken seinen Ruheort“;
Und mancher liebe Vogel ruft:
„O lass ihn ruhn in Rasengruft!“
Der Alte horcht, der Alte schweigt,
Der Tod hat sich zu ihm geneigt.
 
Wir hören Dietrich Henschel, der von Helmut Deutsch am Flügel begleitet wird.
Die verfügbaren Interpretationen sind überwiegend von Männern. Ich möchte hier noch die Aufnahme mit Measha Brueggergosman und Justus Zeyen einstellen.
 
„In der großartigen Vielfalt der Lieder, die durch Schubert zu einer musikalischen Welt geworden sind, ist der Klavierpart weit mehr als `Begleitung´, nämlich Bassfundament, poetische Suggestion und harmonische Verankerung. Er stellt dem Pianisten wunderbare Aufgaben.“
(Alfred Brendel im Vorwort zu „Gesang auf Händen tragen – Mein Leben als Liedbegleiter“ von Helmut Deutsch.)

Wolfgang Kärcher

Der liebliche Stern D861

Ernst Conrad Friedrich Schulze (1789-1817) war ein deutscher Romantiker, der heute weniger bekannt ist. Franz Schubert vertonte neun seiner Gedichte. Die Werke stammen aus dem Poetischen Tagebuch, das der Dichter von 1813 bis 1817 führte.
So vertonte Schubert das Gedicht „Der liebliche Stern D861“ im Jahr 1825. Das Gedicht entstand laut Tagebuch am 28. April 1814 und war offenbar – wie auch andere Gedichte Schulzes – vom Tod der von ihm geliebten Cacilie Tychsen beeinflusst, die 1812 an Tuberkulose gestorben war.
 
“[…] in Cäcilien fand ich mich selbst, doch viel reiner, viel keuscher, viel schöner und herrlicher. Sie war Das, was ich vielleicht werden könnte, wenn es eine Unsterblichkeit gäbe, und wovon ich jetzt nur der Schatten bin.“ (Ernst Schulze)
In Celle, wo der Dichter geboren wurde und im Alter von 28 Jahren ebenfalls an „Schwindsucht“ starb, gibt es heute die Ernst-Schulze-Gesellschaft zu seinem Andenken.
 
Der liebliche Stern (28.April 1814)
Ihr Sternlein, still in der Höhe,
Ihr Sternlein, spielend im Meer,
Wenn ich von ferne daher
So freundlich euch leuchten sehe,
So wird mir von Wohl und Wehe
Der Busen so bang und so schwer.
 
Es zittert von Frühlingswinden
Der Himmel im flüssigen Grün;
Manch Sternlein sah ich entblühn,
Manch Sternlein sah ich entschwinden;
Doch kann ich das schönste nicht finden,
Das früher dem Liebenden schien.
 
Nicht kann ich zum Himmel mich schwingen,
Zu suchen den freundlichen Stern;
Stets hält ihn die Wolke mir fern!
Tief unten da möcht es gelingen,
Das friedliche Ziel zu erringen!
Tief unten da ruht‘ ich so gern!
 
Was wiegt ihr im laulichen Spiele,
Ihr Lüftchen, den wogenden Kahn?
O treibt ihn auf rauhere Bahn
Hernieder in’s Wogengewühle!
Laßt tief in der wallenden Kühle
Dem lieblichen Sterne mich nahn!
 
„Der liebliche Stern ist für Schubert insofern typisch, als er sich durch ein einziges Bild – die Reflexion der Sterne auf der Meeresoberfläche – zu seiner Klavierbegleitung anregen ließ, die das ganze Lied zusammenhält.“ (Ian Bostridge)
 
Ich habe die Einspielung von Matthias Goerne und Alexander Schmalcz aus der CD „Schubert – Nacht und Träume“ gewählt.
 
Gruß Wolfgang

Den Beitrag hatte ich v or einiger Zeit an anderer Stelle eingestellt:

Der Hirt auf dem Felsen – D 965

Mit dem letzten Lied, das Franz Schubert im Oktober 1828, einen Monat vor seinem Tod, schrieb, sprengte er das übliche Muster des Kunstliedes. „Der Hirt auf dem Felsen D965“ ist eine musikdramatische Szene, die sich aus mehreren Teilen, mit unterschiedlichen Emotionen, zusammensetzt. Dabei sieht Schubert neben der üblichen Klavierbegleitung die Klarinette als obligates Instrument vor. Die Klarinette steht mit ihrem eher pastoralen Klang für die Schalmei oder die Flöte. Lediglich ein weiteres Lied schrieb Schubert mit drittem Instrument. „Auf dem Strom D943“ entstand im selben Jahr für Singstimme, Horn und Klavier.
Die Komposition des „Hirten…“ geht auf einen bereits Jahre zuvor geäußerten Wunsch der Opernsängerin Anna Milder-Hauptmann zurück. Milder-Hauptmann hatte drei Jahre zuvor erfolgreich Schuberts „Suleika“ gesungen. Das Werk sollte abseits der meist üblichen Strophenform gängiger Liedkompositionen verschiedene Zeitmaße und Empfindungen umfassen, um der Bühnenstimme zu schmeicheln. Dem Zweck dienen nicht zuletzt die für ein Lied ungewöhnlich ausgeprägten Koloraturen. Das Manuskript erhielt die Sängerin allerdings erst nach Schuberts Tod durch Schuberts Freund Johann Michael Vogl. Am 10. Februar 1830 war die Uraufführung.
Auch Schuberts kreativer Umgang mit verschiedenen Gedichtvorlagen, die hier zusammengeführt werden, ist außergewöhnlich. Wieder greift er auf Wilhelm Müller, den Dichter der „Winterreise“ und der „Schönen Müllerin“ zurück. „Der Berghirt“ von Wilhelm Müller bildet den Rahmen des Werkes, der Mittelteil speist sich aus Karl August Varnhagens Gedicht „Nächtlicher Schall“. Die Umtextung erfolgte durch Wilhelmine von Chézy, der Verfasserin des Dramas „Rosamunde“, zu dem Schubert die Schauspielmusik geschrieben hatte. In manchen Texten wird auch Chézy selbst als Verfasserin der beiden Strophen erwähnt, die nicht von Wilhelm Müller stammen.
 
Der Hirt auf dem Felsen
Wenn auf dem höchsten Fels ich steh,
ins tiefe Thal hernieder seh,
und singe, und singe,
fern aus dem tiefen, dunkeln Thal
schwingt sich empor der Widerhall,
der Widerhall der Klüfte.
 
Je weiter meine Stimme dringt,
Je heller sie mir wieder klingt,
von unten, von unten.
 
Mein Liebchen wohnt so weit von mir,
drum sehn ich mich so heiß nach ihr
hinüber, hinüber.
 
In tiefem Gram verzehr‘ ich mich,
mir ist die Freude hin,
auf Erden mir die Hoffnung wich,
ich hier so einsam bin.
 
So sehnend klang im Wald das Lied,
so sehnend klang es durch die Nacht,
die Herzen es zum Himmel zieht
mit wunderbarer Macht.
 
Der Frühling will kommen,
der Frühling meine Freud,
nun mach ich mich fertig
zum Wandern bereit.
 
Die Einleitung erfolgt durch das Klavier in dunkler Stimmung, die Klarinette setzt mit einem melodiösen Thema ein, das den Eindruck von Alleinsein vermittelt. Es scheint, als lege der Hirte anschließend die Schalmei beiseite, um seinen Gesang anzustimmen.
 
Im ersten Teil blickt der Hirte melancholisch ins Tal und denkt an die „ferne Geliebte“. Wir hören entweder die Singstimme oder die Klarinette. Längere Melodiebögen schaffen ein Gefühl der Weite, in die er blickt. Das Klavier agiert eher reduziert und unterstützt sehr schön den Eindruck des Echos, des „Widerhalls“.
 
Im zweiten Teil – der Klavierpart erinnert an „Leise flehen meine Lieder“ – beginnt die Klarinette, nachdem sie erst spät einsteigt, die melancholische Stimmung dezent zu unterstreichen. Aus Wehmut wird ein Gefühl der Einsamkeit.
 
Die Überleitung in den dritten Teil erfolgt durch die Klarinette – sie gibt die fröhliche Stimmung vor, Frühlingsgefühle und Zuversicht kommen auf. Klavier und Stimme setzen ein. Der Hirte macht sich bereit, auf Wanderschaft zu gehen und eine neue Liebe zu suchen. Ein fröhliches Trio ist zu hören. Die Fröhlichkeit wird durch die Koloraturen unterstrichen.
Ein Film, der sich beim Hören dieses dritten Teils in meinem Kopf abspielt, ist ein fröhlicher Hund, der ungeduldig um den Hirten herumspringt.
 
Wir hören Kathleen Battle, die von Karl Leister an der Klarinette und James Levine am Flügel begleitet wird.
 
Ich kann nicht unterlassen, Ihnen von meiner musikalischen Abendunterhaltung Nachricht zu geben, die den 9 d. M. stattgefunden hat; ich habe doch die Suleika vor dem Publicum gesungen, und zwar bin ich dazu aufgefordert worden, wie Sie sehen. Der Erlkönig und die Suleika haben unendlich gefallen, und zu meiner großen Freude kann ich Ihnen diese Zeitung schicken; ich wünsche und hoffe, daß sie Ihnen ebenfalls die Freude verursachen möge. (Anna Milder-Hauptmann an Franz Schubert im Jahr 1825)
 
Gruß Wolfgang

An die Musik – D547

Gott sei Dank hat sich die Mode, „Greatest Hits“ zusammen zu stellen, in der klassischen Musik nicht wirklich durchgesetzt. Gäbe es sie, wäre „An die Musik D 547“ sicherlich auf der Schubert-Zusammenstellung.
 
Es ist ein Loblied an die Kunst und die Kraft der Musik, das Schuberts Freund Franz Schober geschrieben hat, inspiriert durch Zeilen von Ernst Schulze. Schubert vertonte es im Jahr der Entstehung 1817. Zehn Jahre später, bei der Veröffentlichung der zweiten Fassung, widmete er es dem Klaviervirtuosen Albert Sowinsky. Das richtige Lied für all diejenigen unter uns, die daran glauben, dass wir durch die Musik zu einer besseren Welt gelangen können.
 
Schubert gelingt es, die Lobpreisung an die Musik so in Töne zu fassen, dass eine Stimmung entsteht, die einem Gebet ähnelt. Ein Lied, das durch die Harmonie und den Dialog zwischen Stimme und Klavier sehr viel Ruhe und Zuversicht ausstrahlt.
 
An die Musik
 
Du holde Kunst, in wieviel grauen Stunden,
Wo mich des Lebens wilder Kreis umstrickt,
Hast du mein Herz zu warmer Lieb entzunden,
Hast mich in eine bessre Welt entrückt!
 
Oft hat ein Seufzer, deiner Harf entflossen,
Ein süsser, heiliger Akkord von dir
Den Himmel bessrer Zeiten mir erschlossen,
Du holde Kunst, ich danke dir dafür!
 
„An die Musik“ war die letzte Plattenaufnahme, die Fritz Wunderlich realisierte. Er wird von Hubert Giesen begleitet.
 
Hier die von Max Reger gefertigte Orchesterfassung. Bo Skovhus wird vom Danish National Symphony Orchestra unter der Leitung von Stefan Vladar begleitet.
 
„Der Tod begrub hier einen reichen Besitz,
Aber noch schönere Hoffnungen“
(Von Franz Grillparzer verfasste Inschrift für das Grab von Franz Schubert auf dem ehemaligen Währinger Ortsfriedhof, heute „Schubert-Park“)
 
Gruß Wolfgang

Die Leichenfantasie D7

Gehen wir zu den nicht so bekannten Liedern von Franz Schubert.

Das dritte Lied im Gesamtverzeichnis seiner Werke, das Otto Erich Deutsch erstellt hat, ist D7 – „Die Leichenfantasie“. Ein ca. 20-minütiges Werk, dem ein Gedicht von Friedrich Schiller zugrunde liegt.  Anlass für Schiller, das Werk 1780 zu verfassen, war der plötzliche Tod des Freundes August von Hofen. Es ist der Rückblick auf das Leben eines Jünglings an seinem Grab.

Die Vertonung erfolgte wahrscheinlich im Jahr 1811, als Schubert gerade mal 14 Jahre alt war. Unbekannt ist, ob Schubert wusste, dass auch Zumsteeg das Gedicht vertont hatte.

Dietrich Fischer-Dieskau wird von Gerald Moore am Flügel begleitet.

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Leichenfantasie

Mit erstorb’nem Scheinen
steht der Mond auf totenstillen Hainen;
Seufzend streicht der Nachtgeist durch die Luft –
Nebelwolken schauern,
Sterne trauern
Bleich herab, wie Lampen in der Gruft.
Gleich Gespenstern, stumm und hohl und hager,
Zieht in schwarzer Totenpompe dort
Ein Gewimmel nach dem Leichenlager
Unterm Schauerflor der Grabnacht fort.

Zitternd an der Krücke,
Wer mit düsterem, rückgesunknem Blicke
Ausgegossen in ein heulend Ach,
Schwer geneckt vom eisernen Geschicke,
Schwankt dem stummgetragnen Sarge nach?
Floss es „Vater“ von des Jünglings Lippe?
Nasse Schauer schauern fürchterlich
Durch sein gramgeschmolzenes Gerippe,
Seine Silberhaare Bäume sich.

Aufgerissen seine Feuerwunde!
Durch die Seele Höllenschmerz!
„Vater“ Zahnseide von des Jünglings Munde.
„Sohn“ gelispelt hat das Vaterherz.
Eiskalt, Eiskalt liegt er hier im Tuche.
Und dein Traum, so golden einst, so süss,
Süss und golden, Vater, dir zum Fluche!
Eiskalt, Eiskalt liegt er hier im Tuche,
Deine Wonne und dein Paradies!

Mild, wie umweht von Elysiumslüften,
Wie aus Auroras Umarmung geschlüpft,
Himmlisch umgürtet mit rosigten Düften,
Florens Sohn über das Blumenfeld hüpft,
Flog er einher auf den lachenden Wiesen,
Nachgespiegelt von silberner Flut,
Wollustflammen entsprühten den Küssen,
Jagten die Mädchen in liebender Glut .

Mutig sprang er im Gewühle der Menschen,
Wie ein jugendlicher Reh;
Himmelum flog er in schweifenden Wünschen,
Hoch wie der Adler in wolkigter Höhe:
Stolz wie die Rosse sich sträuben und schäumen,
Werfen im Sturme die Mähne umher,
Königlich breiter den Zügel sich Bäume,
Trat er vor Sklaven und Fürsten daher.

Heiter wie Frühlingstag schwand ihm das Leben,
Floh ihm vorüber in Hesperus‘ Glanz,
Klagen ertränkt‘ er im Golde der Reben,
Schmerzen verhüpft‘ er im wirbelnden Tanz.
Welten schliefen im großartigen Jungen,
Ha! wenn er einsten zum Manne gereift ist –
Freue dich, Vater, im wunderbaren Jungen
Wenn einst die schlafenden Keime gereift!

Nein doch, Vater – horch! die Kirchhoftüre brauset,
Und die ehrnen Engel klimpern auf –
Wie’s hinein ins Grabgewölbe grauset!
Nein doch, lass den Tränen ihren Lauf!
Geh, du Holder, geh im Pfade der Sonne
Freudig weiter der Vollendung zu,
Lösche nun den edlen Durst nach Wonne,
Gramentbundner, in Walhallas Ruh!

Wiedersehn – himmlischer Gedanke!
Wiedersehn dort an Edens Tor!
Horch! der Sarg versinkt mit dumpfigem Geschwanke,
Wimmernd schnurrt das Totenseil empor!
Da wir Trunken um einander rollten,
Lippen schwiegen, und das Auge sprach
„Haltet!“ Haltet!“ da wir boshaft grollten –
Aber Tränen stürzten wärmer nach.

Mit erstorb’nem Scheinen
steht der Mond auf totenstillen Hainen;
Seufzend streicht der Nachtgeist durch die Luft –
Nebelwolken trauern,
Sterne trauern
Bleich herab, wie Lampen in der Gruft.
Dumpfig schollert’s überm Sarg zum Hügel,
O um Erdballs Schätze nur noch einen Blick!
Starr und ewig schliesst des Grabes Riegel,
Dumpfer – dumpfer schollert’s überm Sarg zum Hügel,
Nimmer gibt das Grab zurück.

Gruß Wolfgang

 

Ganymed D544

Als Schönster aller Sterblichen galt Ganymed in der griechischen Mythologie. Zeus liebte ihn dafür. Goethe schrieb sein Gedicht „Ganymed“ zwischen 1772 und 1774, etwa zu der Zeit, als der „Werther“ entstand. Franz Schubert, der insgesamt 67 Goethe – Gedichte vertonte, gab auch diesem Werk einen musikalischen Rahmen. Schade ist, dass Schubert auf all seine Vertonungen nie eine Resonanz des Meisters, den er so sehr verehrte, erfahren hat.

 
Wie im Morgenglanze
Du rings mich anglühst,
Frühling, Geliebter!
Mit tausendfacher Liebeswonne
Sich an mein Herze drängt
Deiner ewigen Wärme
Heilig Gefühl,
Unendliche Schöne!
Dass ich dich fassen möcht’
In diesen Arm!
Ach, an deinem Busen
Lieg’ ich und schmachte,
Und deine Blumen, dein Gras
Drängen sich an mein Herz.
Du kühlst den brennenden
Durst meines Busens,
Lieblicher Morgenwind!
Ruft drein die Nachtigall
Liebend mach mir aus dem Nebeltal.
Ich komm’, ich komme!
Ach wohin, wohin?
Hinauf! strebt’s hinauf!
Es schweben die Wolken
Abwärts, die Wolken
Neigen sich der sehnenden Liebe.
Mir! Mir!
In euerm Schosse
Aufwärts!
Umfangend umfangen!
Aufwärts an deinen Busen,
Alliebender Vater!
 
Wir hören Peter Schreier. Er wird vom Schubert-Experten Andras Schiff begleitet.
Gruß Wolfgang

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