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Händels „SIROE“ nur etwas für eingefleischte Händelianer

Ich muss es gleich vorweg sagen: Diese Gesamtaufnahme der Händel-Oper „Siroe, König von Persien“ ist aufnahmetechnisch und sängerisch kein Problem für mich, aber was auf der Verpackung und im Booklet an Bildern gezeigt wird, lässt mich erschaudernd zurück: Pures Regietheater war auf dem Göttinger Händel-Festival im Jahr 2013 angesagt. Und genau das ist nicht meine Welt. Die Regie verlegte, an den Kostümen ist es zu erkennen, die Handlung in die Gegenwart. Das ist für mich genauso ein Horror, als würde man die Oper mit antikem Hintergrund in die Zeit des Nationalsozialismus verlegen!

Ein Rezensent schrieb, dass natürlich junge Sänger irgendwo beginnen müssten, warum sie dann aber ein schwierig zu nennendes Werk der Opernliteratur auswählen, sei ihm nicht ganz klar. Händel, so argumentiert jener Rezensent weiter, komponierte immerhin für die drei besten Sänger:innen der Zeit: Senesino (Francesco Bernardi), Francesca Cuzzoni und Faustina (Faustina Bordoni-Hasse) und das ist für junge Nachwuchskünstler auf dem Gebiet des Gesangs eine schwere Bürde.

Es gibt, da will ich gar nichts beschönigen, so einiges, was man den jungen Interpreten dieser Barock-Oper reinsten Wassers ankreiden könnte. Aber ich frage mich auch, ob es nicht übertrieben wäre, wenn man ihnen ihren Auftritt öffentlich diffamieren würde. Der o.g. Rezensent dieser Aufnahme gibt zu, dass er ziemlich streng mit den Interpreten umgehen würde, zumal sie „diese extreme Musik singen müssen, während sie in Unterwäsche über die Bühne rennen, mit Kunstblut bedeckt agieren, duschen, Sexualakte simulieren und Frühstück machen müssen – oder was der Regisseur sich sonst noch alles ausgedacht hat.

Die Gesangskünstler mussten im Theater also einiges herzeigen und dabei auch noch singen, was, ich gestehe es ihnen zu, nicht leicht ist. Das erfordert Mut und eine gewisses Durchhaltevermögen, aber auch ein gerüttelt Maß an Stimmtechnik – wobei sie nach ihren Möglichkeiten auch keine Grenzerreichung zeigen durften. Und genau das gelingt ihnen in dieser Barock-Oper nicht immer, was naturgemäß nicht der Freude der Zuhörenden dient. Das sind alles Bemerkungen, die den Schluss zulassen, dass mir diese WDR-Aufnahme nicht gefallen hat – was aber nicht stimmt.

Erstens mag das an der Besonderheit liegen, dass mit den ersten Tönen der Ouvertüre zu hören ist, dass man sich in einem Theater befindet. Lebensecht ist hier das Gleichgewicht der menschlichen Stimmen und der Orchester-Instrumente eingefangen. Zum andern hat es eindeutig etwas mit dem Dirigenten dieser Einspielung zu tun: Laurence Cummings zeigt, dass er den Händel-Ton trifft (wobei ich aber manchmal den Wunsch hatte, dass sich in den Aktpausen ein Instrumentenstimmer mal des Cembalos angenommen hätte – es wäre dem Klangerlebnis gut bekommen). Dass man auch Bühnengeräusche einfängt, ist für mich kein Problem; andere mögen da ablehnender sein.

Es bleibt – so gesehen – die Möglichkeit, keine Empfehlung für die GA der Händel-Oper abzugeben. Ob es eine DVD gibt, die das unsägliche Bild auch noch in die gute Stube transferiert, weiß ich nicht. Wenn, dann könnte ich sie nur Hardcore-Regietheater-Fetischisten empfehlen.

Ich will aber noch ein Wort über den Hinweis „Gesamt-Aufnahme“ verlieren und dabei die Hilfe von anderen Rezensenten der Presse in Anspruch nehmen, denn ich war ja in Göttingen nicht dabei. Danach hat Cummings den vollständigen Text verwendet, hat aber die Arie „Se l‘ amor tuo mi rendi“ aus dem dritten Akt weggelassen. Es kann allerdings auch sein, dass es dafür technische Gründe gibt. Cummings hat das Aufführungsmaterial von Andreas Spering benutzt, der auch diese Oper aufgenommen hat, der aber mit Ann Hallenberg in einer anderen Liga musiziert als Cummings in Göttingen.

Lieber Manfred,

du sprichst mir aus der Seele. Was ich seit langem als Aufzeichnungen von deutschen Bühnen sehe oder lese, ist für mich und – wie ich auch von vielen Opernfreunden weiß –  tatsächlich nur noch ein Horror und läßt nur noch ein Schaudern zurück. Die Aufzeichnung aus Göttingen kannst du auch auf youtube sehen, aber es lohnt sich nicht. Ich habe mir ein paar Szenen daraus angeschaut. Du würdest dich nur ärgern.
Musikalisch kann ich es nicht so beurteilen wie du, weil ich nur Stichprben angesehen habe. Das hat mit schon gereicht. Die „modischen“ Regisseure verstehen es nicht mehr, eine Oper librettogerecht ins Bild zu setzen. Sie beschäftigen sich auch nicht mehr mit der Zeit, in der die Handlung angesiedelt ist oder das Werk entstanden ist (was sie ja selbst manchmal auch zugeben). Oder sie verstehen es nicht mehr. Sie missbauchen frühere Musik, die meist nicht zum Werk und und Wortlaut seines Librettos passt, zur Untermalung ihrer verückten Ideen und verunstalten somit die Oper bis zur Unkenntlichkeit. Leider gibt es auch Leute, die diese – für mich dilettantischen – Handwerker, die eigentlich dem Werk dienen sollten, sogar noch als die eigentlichen „Künstler“ bezeichnen. Leider sieht es so aus, dass sich bei den Regisseuren der Trend noch immer nicht umkehrt, den Wert des eigentlichen Werkes zu erkennen und beachten.  Also erfreue dich am Hören und schau dir die Bilder nicht an. Ich bin froh, viele bildliche von Opern aus Aufzechnungen früherer Zeiten zu haben und auch im Kino noch einige librettogerechte Inszenierungen aus der MET zu erleben,die ich mir vorher in Trailern anschaue.

Liebe Grüße
Gerhard

 

Ich kann, nachdem ich die ganze Oper gehört habe (bei meiner obigen Besprechung hatte ich noch nicht den ganzen dritten Akt gehört), sagen, dass für die Streichung jener o.e. Arie keine technischen Gründe vorliegen, denn der dritte Akt von „Siroe“ hat eine Aufführungsdauer von unter 60 Minuten. Und das bedeutet, dass zumindest noch 20 Minuten Gesang darauf gepaßt hätten. Es muss also andere Gründe, die ich natürlich nicht kenne, geben, die Cummings zu einem Strich veranlaßt haben. 

In einem anderen Punkt muss ich mich korrigieren: Diese Oper wurde nicht vom WDR aufgenommen, sondern, was auch naheliegt, vom NDR. Das ist auch in den CD-Unterlagen so festgehalten, von mir aber „falsch gelesen“ worden. Dafür bitte ich um Nachsicht…

Was Du, lieber Gerhard da schreibst, spricht auch mir aus dem Herzen. Aber die Oper ist halt ein Experimentierfeld  für Scharlatane geworden und das ist der Grund, warum ich keine Opernaufführungen mehr besuche – von den existierenden Krankheitsgründen mal ganz abgesehen. Deshalb vermeide ich es auch, mir DVD’s zu kaufen, die jene Scharlatanerien auch noch konservieren! Da mögen die Labels drauf sitzen bleiben.

Man kann mit dem leider verstorbenen Kabarettisten Diester Hildebrandt nur ausrufen
„Man kann sich nur an den A…. fassen, der Kopf ist dafür zu schade“!

manfred

Gerhard Wischniewski hat auf diesen Beitrag reagiert.
Gerhard Wischniewski

Lieber Manfred,

ich habe eine Große Sammlung librettogerechter Inszenierungen auf DVD. Sie ist aus eigenen Aufnahmen entstanden, als es noch vernünftige Inszenierungen gab und zu einem großen Teil auch aus Tausch mit Aufnahmen, die Freunde von mir gemacht haben. Sie alle dachten, wie du es im Satz von Dieter Hillebrand gesagt hast. Damals gab es noch Regisseure, die ihr Handwerk verstanden und es nicht nötig hatten, die Opern bis zur Unkenntlichkeit zu entstellen. Ich habe vielfach den Eindruck, dass die Scharlatane, wie wir sie beurteilen, das Libretto garnicht kennen, sondern die nur die Melodien für ihre fixen Ideen missbrauchen und auch diejenigen, die nicht nur die Sänger, sondern auch noch die Regisseure beklatschen, kaum Ahnung vom Inhalt der eigentlichen Oper kennen. Und diejenigen, die die Oper kennen und die enttäuscht und stillschweigend gegangen oder gebuht haben, werden meist – wie du und ich – die Opernhäuser oder zumindest die Inszenierungen solcher Scharlatane künftig meiden.
Für dein Heimkino könnte ich dir Kopien von DVDs mit Eigenaufnahmen senden, wenn du daran interessiert bist. Ich schicke dir gerne per Mail mein Verzeichnis.

Liebe Grüße
Gerhard

Gestaltung Agentur kuh vadis