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Kritiken von Operettenaufführungen

In diesem vorläufig heir von mir platzierten Thema will ich Kritiken von Operettenaufführungen, die im In- und Ausland zu sehen und zu hören waren. Dieses Thema soll in absehbarer Zeit wie im Opernforum einen eigenen Platz erhalten

Liebe Grüße

Willi?

BADEN / Sommerarena: Premiere von KAISERIN JOSÉPHINE

Nicht der große Wurf, aber eine nette Bekanntschaft

BADEN / Sommerarena: Premiere von Kálmáns KAISERIN JOSÉPHINE 29. Juli 2022

Von Manfred A. Schmidt

kaiserin joséphine1

Ivanka Zdrakova (Josephine), Vincent Schirrmacher (Napoleon) und Ensemble
Alle Fotos: Bühne Baden /Christian Husar

Schon 2017 hat Michael Lakner, damals noch Chef des Lehár Festivals, Emmerich Kálmáns Kaiserin Joséphine in Bad Ischl herausgebracht und damit seinen Ruf als Entdecker von Raritäten, die es verdienen, aus der Versenkung geholt zu werden, untermauert. Die Aufführung in Badener Sommerarena liefert nun gewissermaßen den Härtetest. Soviel gleich vorweg: So richtig überzeugen kann die 1936 am Zürcher Stadttheater uraufgeführte Operette über die Liebe Napoléon Bonapartes zur schönen Witwe Joséphine de Beauharnais nicht. Das liegt nicht an der Inszenierung Leonard Prinsloos, der schon in Bad Ischl Regie geführt hat und die Geschichte werkgetreu zur Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert spielen lässt. Allerdings unterstreicht er augenzwinkernd immer wieder, dass es hier nicht um historische Faken geht, sondern dass man es mit einer dramaturgisch nicht sehr ausgereiften Operette (Libretto von Paul Knepler und Géza Herczeg) zu tun hat. Die Bühne von Erich Uiberlacker verwendet zwar berühmte Gemälde aus der Zeit, elegante Frauenporträts und vor allem Jacques-Louis Davids Bild von der prunkvollen Krönung Napoléons 1804, und liefert so entsprechendes Zeitkolorit,  doch die monströsen Schnurrbärte der Männer und die in den Himmel ragenden Frisuren der Damen aus der gehobenen Gesellschaft, die bunten Federn und die überdimensionierten Schleifen signalisieren dem Publikum, dass das Ganze, in den Kostümen von Mareile von Stritzky,  nicht allzu ernst genommen werden sollte. Warum zwei Chargen überdies mit überdimensionalen Ohren ausgestattet sind, ist freilich nicht nachvollziehbar und bleibt ein Rätsel in einer ansonsten völlig rästelfreien Umsetzung.

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Thomas Weißengruber (Paul Barras), Ivanka Zdravkova (Josephine), Thomas Zisterer (Hippolite Charles)
und Ensemble

Schon Mitte der dreißiger Jahre, zur Zeit der Uraufführung, war das für diese Operette gewählte Sujet hoffnungslos überholt. Der Film konnte Historienschinken viel bombastischer darbieten. Dazu kommt, dass Kálmán damals nicht mehr über die geniale Kraft seiner besten Schaffenszeit verfügte und sich zudem nicht so recht entschließen konnte, ob es sich um eine Operette oder um eine Revue handeln sollte. Entscheidend ist zudem, dass Kálmán weiterhin der Tonsprache der Silbernen Operettenära der 20er Jahre verpflichtet ist, während etwa sein Kollege Paul Abraham in seinen Werken längst die aus dem USA kommenden, mit Swing- und Jazzelementen versehenen Modetänze einfließen lässt. Was Kálmán hier liefert, ist gediegene Konfektionsware, mehr nicht. Gut zehn Tenorlieder, in denen er seine Zuneigung zu Joséphine beteuert, hat Napoléon zu schmettern, die Hälfte davon singt er allein, nur für sich, weil er zunächst zu schüchtern ist, seiner Angebeteten offen seine Liebe zu bekennen. Zweifellos sehr melodiös und fein instrumentiert, aber alle klingen sie irgendwie gleich. Ein Gassenhauer für Richard Tauber, ein Ohrwurm, wie er beispielsweise Franz Lehár ungefähr zur selben Zeit, 1934 mit „Freunde, das Leben ist lebenswert“ in seinem Spätwerk Giuditta gelungen ist, befindet sich nicht darunter.

Dessen ungeachtet braucht es einen hervorragenden Sänger für die Rolle des Napoléon, der sich bekanntlich selbst die Kaiserkrone aufs Haupt setzte: als Zeichen höchsten Selbstbewusstseins und gänzlich überwundener Minderwertigkeitskomplexe. Vincent Schirrmacher bringt die dafür nötige Stimme mit. Mit genügend Schmelz und einem angenehmen Timbre, wie man es sich von einem Operettentenor nur wünschen kann. Gut gelungen die Arie „Wann kommt die Eine, sie ich liebe“. Darstellerisch bemüht sich Schirrmacher rührend um eine annähernd würdige Gestaltung seiner Partie. Das gelingt ihm im ersten Teil ganz gut, den souveränen, siegesbewussten Feldherrn, Konsul und Imperator nimmt man ihm aber nicht ab.

Ivana Zdravkova ist eine zuweilen etwas zu leise singende Joséphine, verfügt aber über einen wohlklingenden Sopran und agiert spielerisch weitgehend okay. Etwas mehr Ausstrahlung würde dieser Rolle allerdings guttun.

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Therese Grabner (Juliette) und Thomas Malik (Corporal Bernard).

Große Freude bereiten die Auftritte des Buffopaares Juliette (Theres Grabner) und Korporal Bernard (Thomas Malik). Komik par excellence und auch sängerisch topp.

Herausragend aus dem engagierten Ensemble treten weiters Kerstin Grotrian als Societylady Therese Tallien und Steven Scheschareg als General Berthier (mit einem an Rudolph Moshammer erinnernden Schnauzer) in Erscheinung. Zu erwähnen wären noch Thomas Weissengruber als Paul Barras, Jan Walter als Talleyrad/Capitain Calmelet, Thomas Zisterer als Hippolyte Charles und Rita Peterl als Wahrsagerin.

Franz Josef Breznik, wie gewohnt ein exzellenter musikalischer Leiter der Aufführung, hat Chor und Orchester stets gut im Griff. Auch das Ballett, in der Choreographie von Regisseur Prinsloo, trägt zu einem insgesamt zufriedenstellenden, vom etwas ermüdet wirkenden Publikum freundlich beklatschten Operettenabend bei – nach der Pause zieht sich das Ganze etwas in die Länge. Der große Wurf ist es nicht, aber das liegt nicht an der durchaus unterhaltsamen Umsetzung, sondern an den Schwächen der Vorlage. Alles in allem: Es ist nett, diese Bekanntschaft gemacht zu haben.

©  Manfred A. Schmd

Liebe  Grüße

Willi?

BADEN / Sommerarena: IM WEISSEN RÖSSL – Premiere

18.06.2022 | Operette/Musical

im weißen rössl

Jens Janke (Wilhelm Giesecke), Boris Pfeifer (Zahlkellner Leopold), Melanie Schneider (Ottilie).
Alle Fotos: Bühne Baden / Gregor Nesvadba

BADEN / Sommerarena: IM WEISSEN RÖSSL

Premiere

  1. Juni 2022

Von Manfred A. Schmid

Die Eröffnung der diesjährigen Sommersaison der Bühne Baden mit Ralph Benatzkys Im Weißen Rössl in der Sommerarena stößt heuer auf besonderes Interesse. Mörbisch, von Harald Serafin einst als „Mekka der Operette“ bezeichnet, hat unter dem neuen burgenländischen Generalintendant Alfons Haider als österreichweit aufgesuchte Pilgerstätte für Operettenaufführungen ausgedient. Die Seebühne wird ab dieser Saison nur noch Musicals vorbehalten bleiben. Die Oper Jennersdorf, die auf Schloss Tabor vor allem mit Deutschen Spielopern ein treues und dankbares Publikum beglückt hat, soll im Gegenzug nur noch Operetten anbieten. Mit dem zur Eröffnung dieser neuen Bestimmung ausgewählten Singspiel Sissy von Fritz Kreisler, nicht gerade ein Prunkstück des Genres, wird freilich kein großer Ehrgeiz signalisiert, sich in der österreichischen Kulturlandschaft als neue Heimstätte der Operette etablieren zu wollen. Vielmehr deutet vieles darauf hin, dass man weiterhin ein kleines, feines, in den südburgenländischen Hügeln verstecktes Festival bleiben wird. Aus dieser Situation ergibt sich eine große Chance für das Badener Stadttheater, das einst mit Recht als Hort der Operette gegolten hat. Es ist gar nicht so lange her, dass in der kaiserlichen Kurstadt vor den Toren Wiens die Operette zu Hause war.

 In den letzten Jahren wurde – nach längerer Flaute – in der Ära von Michael Lakner ein neuer Anlauf gestartet. Man sucht nach Antworten auf die Frage, wie man an diese große Tradition anknüpfen und dabei doch zeitgemäß an das Genre herangehen kann. Verschiedene neue Wege werden ausprobiert, mit mehr oder weniger guten Ergebnissen. Textliches Aufmotzen der Libretti mit Neusprech und doppeldeutigen, untergriffigen Kalauern, denen es oft an politischer Korrektheit mangelt (Eine Nacht in Venedig), hat sich als ein nicht sehr probates Mittel herausgestellt. Die Operette nicht ernst zu nehmen und sie zu veräppeln, war ein weiterer gescheiterter Versuch. Rundum gelungene Annäherungen sind bisher weitgehend ausgeblieben.

Dass die Experimentierphase noch im Laufen ist, das zeigt auch die Neuproduktion der Benatzky-Operette, die ihr Schöpfer als „Singspiel“ bezeichnet hat und an der aus Zeitgründen – sehr zum Leidwesen von Ralph Benatzky – auch andere Komponisten mit insgesamt sechs wichtigen Beiträgen mitgewirkt haben. Genannt werden meist nur Robert Gilbert mit dem Schlager vom „Schönen Sigismund“, Robert Stolz u.a. mit „Die ganze Welt ist himmelblau“ und Bruno Granichstaedten mit „Zuschau’n kann i net“. Unterschlagen wird meistens das Wienerlied „Erst wenns’s aus wird sein“ aus der Feder von Hans von Frankowski, das in dieser Operette merkwürdigerweise von einem aus Deutschland an den Wolfgangsee angereisten Privatgelehrten gesungen wird.

Die diesmal in Baden versuchte Annäherung an die – eigentlich nicht Wiener, sondern Berliner – Operette, die auf das ältere Singspiel zurückweist, aber auch ein Vorgriff auf das Musical verstanden werden kann, besteht offenbar darin, dass von der Regisseurin Isabella Gregor die im Original durch Anhäufung aller möglichen Klischees anzutreffende Karikatur der überlieferten Scheinwelt der Operette hier durch Einführung zusätzlicher Klischees auf die Spitze getrieben und schließlich ad absurdum geführt wird. Unterhaltsam ist das allemal, und in der Vorlage durchaus begründbar, ist doch der Auftritt von Kaiser Franz Joseph der ohnehin nicht zu toppende Gipfelpunkt an Klischeehaftgkeit, der von Kammersänger Heinz Zednik auch genüsslich zelebriert wird. Er bekommt den ersten Applaus noch bevor er den Mund aufmacht, und man weiß nicht, ob er der Opernlegende Zednik oder dem alten Kaiser gilt, dem nichts erspart bleibt, dem alles sehr schön erscheint und stets sehr freut. Vermutlich doch dem Kaiser, den die Österreicher heute noch so sehr zu vermissen scheinen. Noch dazu wenn er, wie hier, mit einer weisen Intervention das Happyend der Rössl-Wirtin mit ihrem Zahlkellner herbeiführt: Ein Kaiser, der sich um das Liebesglück seiner Untertanen kümmert, das hat schon was.

im weißen rössl
Heinz Zednik (Kaiser Franz Joseph) und verena Scheitz (Rösselwirtin)

Die Kostüme (Ausstattung Tanja Hofmann) und die Balletteinlagen – sehr witzig die Szene mit den Schwimmflossen an den Füßen (Choreographie Anna Vita) – sorgen für Lacher, so auch der auf zwei Beinen daherkommende, etwas penetrante Postkasten. Am gelungensten aber ist die Kuh, die schöne blaue Augen macht, beschwingt tanzt und n i c h t singt. Beim Singen scheidet sich in dieser Badener Sommerproduktion nämlich die Spreu vom Weizen.

Mit Verena Scheitz als Rösslwirtin Josefa Vogelhuber und Boris Pfeifer als Zahlkellner werden zwei sehr sympathische Darsteller als zentrales Liebespaar aufgeboten, das gesanglich nicht besonders auffällt. Pfeifers Tenor ist eher klein dimensioniert und in der Höhe etwas eng, für die in einer warmen Sommernacht oben geöffneten Sommerarena gerade noch ausreichend. Mit erfrischendem Spiel aber gewinnen sie das Publikum doch auf ihre Seite.

Alexander Kröner rettet als relativ kurzfristiger Einspringer für den erkrankten Reinhard Alessandri in der Rolle des Rechtsanwalts Dr. Siedler die Aufführung und verfällt dem spröden Charme der Tochter des Berliner Fabrikanten Giesecke. Melanie Schneider als Ottilie in punkigem Outfit liefert die gesanglich beste Leistung des Abends.

Jens Janke ist ein ständig im überzogenen Operetten-Berlinerisch mäkelnder Wilhelm Giesecke, der in zünftiger Tracht auch eine Begabung für das Stepptanzen unter Beweis stellt.

Eine anrührend feines Paar ergeben der für Natur und Reisen schwärmende Andreas Steppan als Professor Hinzelmann und die quirlige, entzückend lispelnde Juliette Khalil als dessen Tochter Klärchen, die sich zaghaft in den „schönen Sigismund“ verliebt. Oliver Baier, der 2020 als Conférencier und Comedian durch Lehárs Operette Die Blaue Mazur führte, legt als Sigismund Sülzheimer einen schrägen Kerl auf die Bühne, wie es sich für einen bewährten Dritter-Akt-Komiker in einer Operette gehört.

Jonas Zeiler überrascht als aufgeweckter Piccolo mit einer Musikeinlage auf dem Akkordeon, Gabriele Schuchter ist als allgegenwärtige Fremdenführerin, jodelnde Postbotin und Bürgermeister der personifizierte rote Faden, der mit starker Bühnenpräsenz alles zusammenhält.

Michael Zehetner hat die musikalische Leitung über und führt das Orchester und den Chor mit Geschick und Gespür durch ein buntes Medley aus musikalischen Anleihen bei der Volksmusik bis hin zu Foxtrott-Klängen und Jazzelementen.

Die Bühne Baden hat mit dieser stark akklamierten Produktion einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Operettenbühne des Landes unternommen. Man darf auf die weitere Entwicklung gespannt sein.

© Manfred A. Schmid

Liebe Grüße

Willi?

 

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