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RAMEAU, Jean-Philippe: NAÏS

Jean-Philippe Rameau (1683-1764):
NAÏS
Oper für den Frieden in drei Akten mit einem Prolog (pastorale héroique)
Libretto von Louis de Cahusac
Originalsprache: Französisch.

Uraufführung am 22. April 1749 in der königlichen Akademie der Musik, Paris.

Personen der Handlung:
im Prolog:
Jupiter (Bariton)
Neptun (Tenor)
Flora (Sopran)
Chor: Titanen und Riesen, Himmelsgötter- und göttinnen, Völker der Erde
in der Pastorale:
Naïs (Sopran)
Neptun (Tenor)
Telenos, Anführer der Korinther und Bewerber um Naïs
Pluto (Bass)
Teiresias (Bariton)
Asterion, Anführer des Hirtenvolks am Isthmus, Geliebter der Naïs (Altus)
Palaimon (Bariton)
Erste Schäferin (Sopran)
Zweite Schäferin (Sopran)
Chor / Statisterie: Götter, Völker, Meeresgottheiten, Teiresias’ Gefolge, Telenos’ Gefolge, Hirten, Schäfer, Schäferinnen.

Ort und Zeit: Antikes Griechenland, Mystik.

Prolog.
Die Bühne zeigt die obere Atmosphäre. Titanen und Riesen sind zu sehen, wie sie Berge aufhäufen, um den Himmel zu erobern. In der oberen Atmosphäre erscheint Jupiter mit einem Blitz bewaffnet und von den Göttern des Himmels umgeben.

Die Ouvertüre führt das Publikum direkt in den Prolog, in den Chor der Titanen und Riesen, die gerade den Himmel angreifen. Sie haben sich vorgenommen, die Götterzunft zu bekriegen (Refrain: Lasst uns den Himmel angreifen). Die Götter wiederum bedrängen Jupiter (der eigentlich Zeus genannt werden müsste, da die Oper im antiken Griechenland spielt), dass er die Rebellen mit seinem Blitz tötet (Refrain: Wirf, Blitze). Tatsächlich gewinnt der Obergott den Kampf mit den Rebellen und zermalmt die angreifenden Titanen und Riesen, die er, nach seinem Sieg, einfach unter den umgestürzten Bergen liegen lässt. Der Gott der Unterwelt, Pluto, fängt derweil die Zwietracht und den Krieg ein  (Stopp, Monster, Stopp). Die Götter feiern Jupiters Sieg, der jedoch die Herrlichkeit und die große Verantwortung für das Universum mit seinen Brüdern teilen will. Er hat sich überlegt, den Himmel zu beherrschen, das Meer an Neptun und Pluto den Hades, die Unterwelt, zu geben. Flora, die Götter und die verschiedenen Völker der Erde feiern den Frieden als den Frühling, der wieder erwacht ist (Ah! dass der Friede uns Süße verspricht). Sie danken Jupiter für ihr Glück (Refrain: Glücklicher Sieger, Himmel, Erde und Wellen).

Erster Akt.
Die Bühne zeigt das Ufer des Isthmus von Korinth, wo die Isthmischen Spiele bevorstehen. Auf beiden Seiten sind Wälder, das Meer ist im Hintergrund. Die Spiele beginnen mit dem Tagesanbruch.

Gott Neptun kommt also als Sterblicher an den Isthmus von Korinth. Er verrät Palaimon, dem Sohn der Ino, den Grund dafür: Er ist kein Gott mehr, sondern ein sterblicher Mensch, der sich in die Nymphe Naïs verliebt hat (Air Je ne suis plus ce dieu volage). Palaimon eröffnet ihm, dass Naïs und die Korinther die Isthmischen Spiele begehen wollen. Neptun antwortet, dass er von Naïs nicht als Gott, sondern als ein Mensch mit seinen eigenen Verdiensten geliebt werden will. Aus diesem Grund ist er Sterblicher geworden und tritt als ein solcher auch auf.

Er geht ab und Naïs betritt die Szene; gerade macht der Anführer der Korinther, Telenos, ihr mal wieder Avancen, die sie allerdings zurückweist. Und sie bedeutet ihm, dass sie von der Liebe enttäuscht ist, denn die mache sie traurig (Air: J’ai trop connu par vos soupirs).

Die Spiele beginnen dann mit einem Chor, der Gott Neptun feiert. Naïs hat sich zu einem höher gelegenen Thron begeben, um so die Spiele besser verfolgen zu können. Es wird zunächst das Boxen, dann das Ringen und danach ein Rennwettkampf ausgeführt, eine Aufgabenstellung, die das Ballett bewältigen muss. Nach dem Ende der Kämpfe verleiht Naïs dem Sieger die Krone.

Plötzlich taucht jedoch eine Flotte von beleuchteten Booten auf, darin befinden sich die verkleideten Meeresgötter, die Neptun zu den Spielen bringen. Sie singen das Lob von Neptun und Naïs. Der ist es aber unangenehm, ihren Namen in Verbindung mit dem des Gottes zu hören, aber der inzwischen vor ihr stehende Gott – in der Gestalt eines Sterblichen – setzt seine Schmeicheleien vor ihr fort (Ariette: Alles gibt dem Charme deiner Augen nach). Die verkleideten Meeresgötter konkurrieren um den Preis in einem Tanz. Telenos reagiert eifersüchtig auf seinen Rivalen.

Zweiter Akt.
Die Szene zeigt einen Berg mit Wäldern, Wasserfällen, blumigen Wegen. Am Fuß ist der Eingang zu einer Grotte zu sehen: Auf beiden Seiten sind asymmetrische Bäume.

Der blinde Seher Teiresias hat sein Haus in einem abgelegenen Teil des Waldes. Dass sich hierhin jemand verirrt, ist schon überraschend, heute aber ist es, wie sich herausstellt, seine Tochter Naïs, die dem Vater einige wichtige Fragen stellen und beantwortet haben will (Air: Dans ce riant séjour le divin Tirésie).

Der verliebte Neptun ist ihr gefolgt, will auch hier nicht das Werben um sie verzichten. Naïs ist über das forsche Auftreten Neptuns unangenehm berührt, reagiert sogar ängstlich und bittet ihn, zu gehen. Tatsächlich geht er. Als sie dann allein ist, gesteht sie sich ein, dass der nette Fremde ihr nicht gleichgültig ist, ja, dass sie sich in ihn verliebt hat (Ariette: Ces rapides traits de flamme).

Merkwürdig: bei Teiresias Haus geht es zu wie auf einem Bahnhof. Jetzt ist auch noch Telenos gekommen, der sich, angeblich, für sein früheres Verhalten und Auftreten bei Naïs entschuldigen will. Sie hört ihn zwar an, nimmt auch seine Entschuldigung entgegen, rät ihm jedoch dringend, seine Eifersucht abzulegen. Telenos glaubt, aus ihrer Antwort eine gewisse Nachsicht herauszuhören und deshalb macht er sich Hoffnung, doch noch ihre Liebe zu erringen.

Apropos Bahnhof: Es kommt schon wieder ein Besucher; wieder ein Verliebter, nämlich Astérion, der Anführer eines korinthischen Hirtenvolkes. Er möchte von Teiresias’ Weissagungskünsten profitieren, er will nämlich wissen, wen Naïs heiraten wird.

Vor diesem Gespräch mit Teiresias kommt wieder das Ballett zu einem Einsatz, denn die Hirten verstehen es, den Seher mit pastoraler Musik und ihren Tänzen zu verzaubern. Und eine Hirtin fragt Teiresias, ob sie in der Liebe glücklich sein werde und bekommt die Antwortet, dass sie glücklich werde (Air: Je ne sais quel ennui me presse). Aber Teiresias hat noch mehr zu sagen: er bittet nämlich die Besucher, sich vor dem Zorn des Neptun zu hüten, fügt dann hinzu, dass seine Naïs ihre wahre Liebe finden werde. Astérion und Telenos entscheiden sich dafür, das Leben des ihnen unbekannten Rivalen zu opfern, um damit Neptun zu beruhigen (Refrain: Zu den Waffen, lasst uns Rache nehmen).

Dritter Akt.
Die Szene zeigt ein Vorgebirge mit einem Strand. Beide Seiten der Bühne sind mit Orangen- und Zitronenbäumen bedeckt. Im Hintergrund das Meer. Der Akt beginnt im Morgengrauen.

Mit dem Morgengrauen sieht das Publikum den auf Naïs wartenden Neptun. Sie kommt auf die Szene, um ihn zu warnen, dass die Korinther drohen, ihn zu töten, aber Neptun sagt, dass er vor niemandem Angst hat. Dabei kann er sich ein gewisses Grinsen nicht versagen (Air: Que l’ensemble univers me declare la guerre). Telenos und Astérion treten mit einer Gruppe bewaffneter Anhänger und brennenden Fackeln auf. Sie versuchen, die Schiffe des Meeresgottes in Brand zu setzen, aber riesige Wellen vernichten das Feuer. Naïs ist verängstigt, aber Neptun offenbart ihr seine wahre Identität und seine Liebe zu ihr (Duett: Que je vous aime).

Die Erde öffnet sich und die Szene wechselt zu Neptuns Unterwasserpalast.

Die Meeresgötter besingen hymnisch Neptun, während er und Naïs sich wieder ihre Liebe erklären. Neptun verwandelt Naïs in eine Göttin und Proteus führt die Feierlichkeiten an.

Anmerkungen.
Die Pastoral-Oper wurde 1749 anlässlich der Unterzeichnung des Friedensvertrags von Aix-la-Chapelle durch George II. und Louis XV., der den österreichischen Erbfolgekrieg beendete, uraufgeführt und feierte auf der Bühne der Académie Royale de Musique einen Triumph der Virtuosität, während Händel in England zu demselben Anlass seine berühmte Feuerwerksmusik schrieb. Der ursprüngliche Titel lautete Le triomphe de la paix, aber Kritik an den Bedingungen des Vertrags führte zu einer Änderung des Titels.

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