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Zitat von Willi am 1. August 2022, 01:33 UhrSwjatoslaw Richter (20. 3. 1915 – 1. 8. 1997)
Swjatoslaw Richter, einer der größten Pianisten aller Zeiten, wie ich finde, starb heute vor 25 Jahren in Moskau. Da er auch ein ganz großer Liedbegleiter war, möchte ich ihn hier in unserem Forum speziell für die Freunde des Gesangs aus dem o. a. Anlass würdigen und auf diese Weise an ihn erinnern.
Swjatoslaw Teofilowitsch Richter wurde am 20. März 1915 in Schitomir, 140 km westlich von Kiew, im damaligen russischen Reich geboren, das seit dem 29. April 1918 durch Neugründung des ukrainischen Staates zur Ukraine gehört.
Richters Vater Theophil Richter war ein begabter Pianist, der aus einer deutschen Kaufmannsfamilie im heute ukrainischen Schytomyr stammte. Seine Mutter war eine russische Kaufmannstochter. Die Familie zog 1916 nach Odessa, wo der Vater die Stelle des Organisten und Chorleiters der deutsch-lutherischen St.-Pauls-Kirche übernahm. Die Eltern sorgten von seinem dritten Lebensjahr an für eine solide musikalische Ausbildung des Sohns.[1]
Richter arbeitete bereits im Alter von 15 Jahren als Korrepetitor am Opernhaus in Odessa, vier Jahre später gab er sein Debüt als Pianist. 1937 wurde er in die Klavier-Meisterklasse von Heinrich Neuhaus am Moskauer Konservatorium aufgenommen. Zu seinen Kommilitonen gehörte Emil Gilels. Die Übersiedlung nach Moskau rettete ihn vor den Repressionen, denen die deutschstämmigen Lutheraner in Odessa ausgesetzt waren. Auch sein Vater wurde bei den sogenannten Stalinschen Säuberungen 1937 verhaftet und 1941 kurz vor der deutschen Besetzung Odessas als angeblicher deutscher Spion erschossen. Seine Mutter heiratete daraufhin neu und emigrierte mit ihrem neuen Ehemann, der deutscher Abstammung war, nach Deutschland. In Moskau lernte Swjatoslaw Richter Sergei Prokofjew kennen, dessen 6. Sonate er 1942 uraufführte. Später folgten die Uraufführungen der 7. sowie der 9. Sonate, die Richter gewidmet ist. Nachdem er in seiner Heimat bereits als Berühmtheit galt, durfte er 1960 erstmals in den Westen reisen. Am 19. Oktober 1960 gab er sein Debüt in der Carnegie Hall in New York, an das sich eine große USA-Tournee anschloss. Es folgten Auftritte in Europa, ab 1971 auch in Deutschland.
Richter spielte anfangs viel auswendig. Nachdem er bei einem Konzert in Japan den Notentext vergessen hatte, spielte Richter in späteren Jahren bei seinen Auftritten in der Regel nach Noten. Dabei hatte er oftmals keinen Umblätterer, sondern blätterte mehrere Seiten auf einmal um und spielte dazwischen auswendig.
Vor allem seine Schallplattenaufnahmen sind legendär: Einspielungen des b-Moll-Klavierkonzerts Tschaikowskis, der Werke von Schubert, Schumann und Liszt und des Wohltemperierten Klaviers von Johann Sebastian Bach. Auch die Interpretationen des c-Moll-Klavierkonzerts und vieler Préludes von Rachmaninow gelten als Referenzaufnahmen. Seine frühen Aufnahmen sind oft außerordentlich kraftvoll und vehement gespielt. Wie kaum ein anderer Pianist konnte er seinen Interpretationen von Klavierwerken aller Epochen eine individuelle Note verleihen. Dabei war er später weniger der Virtuose, der durch technische Brillanz – diese war bei ihm selbstverständlich – Aufsehen erregte, sondern zeigte sein poetisches Spiel, das er oft in nur spärlich beleuchteten Konzerthallen darbot.
Neben solistischer Tätigkeit trat er auch als Kammermusiker in Erscheinung, so mit dem Geiger David Oistrach und den Cellisten Pierre Fournier und Mstislaw Rostropowitsch, aber auch im Klavierduo mit Benjamin Britten. Auch als Dirigent hatte sich Richter in früheren Jahren Anerkennung erworben.
1986 wurde Richter mit dem Léonie-Sonning-Musikpreis ausgezeichnet.
Im Jahr 2015 wurden Konzertmitschnitte und Aufnahmen Richters anlässlich seines 100. Geburtstages von den Musiklabeln Decca, Sony und Warner Classic neu aufgelegt.[2]
Vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Swjatoslaw_Teofilowitsch_Richter
Im Folgenden zitiere ich einige Äußerungen Richters, die im Archiv des Deutschlandfunks von Beate Bartlewski mit Datum vom 14. 3. 2020 veröffentlicht wurden:
„Der Interpret ist in Wirklichkeit ein Ausführender, der Vollstrecker des Willens des Komponisten“, glaubt Swjatoslaw Richter. „Er tut nichts hinzu, was nicht schon im Werk enthalten ist. Wenn er begabt ist, lässt er die Wahrheit des Werks durchscheinen, das alleine genial ist und sich in ihm spiegelt. Er darf die Musik nicht dominieren, sondern muss sich in ihr auflösen.“
Richter fand in Frankreich einen Rückzugsort, zu dem er u. a. Folgendes sagte:
„Jahrelang waren die Fetes musicales de Touraine eine der Freuden meines Lebens. Ich hatte die Fetes musicales als wirkliche Feste konzipiert, bei denen die Musik Mittelpunkt weiterer Festlichkeiten wäre und alle Muße hätten, jedermann zu treffen. Kurz: etwas, was der Leichtigkeit des Ortes und seiner Atmosphäre entspricht. Ich lud junge Musiker dorthin ein, die mich sehr beeindruckt hatten, wie Zoltan Kocsis, eines der größten pianistischen Talente unserer Zeit, Lisa Leonskaja, mit der zu spielen immer beglückend ist, Elisso Wirssaladze, eine unvergleichliche Schumann-Interpretin, und zahlreiche berühmte Künstler, darunter den für mich immer noch größten Sänger unseres Jahrhunderts, Dietrich Fischer-Dieskau, und David Oistrach; in der Grange de Meslay traten wir zum ersten Mal gemeinsam auf. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Tourainer sich immer bewusst waren, was für Luxus-Programme ihnen vorgesetzt wurden.“
Zwischen Fischer-Dieskau und Richter brauchte für keinen Augenblick der Zwang eines Sich-Fügens aufzukommen. Es entsteht – für den, der es nicht gehört hat, schwer vorstellbar – ein Miteinander als zweifache Entfaltung reichster, lückenloser Selbstständigkeit. Wohl kein anderer als Fischer-Dieskau kann sich heute leisten, Richter neben sich so differenziert und frei spielen zu lassen, als spiele er ein Brahms-Intermezzo in einem Solo-Programm. Welchen Gewinn das für eine eindringliche Belebung eines Liedes erbringen kann, erwies sich noch vor Schluss des ersten Gesangs. Das gesungene Wort der Bariton-Stimme folgte der gesungenen Wortlosigkeit des Flügels mit jener einleuchtend schönen Selbstverständlichkeit, mit welcher dem inneren Gedanken der beredte Ausdruck, der Idee die Verwirklichung folgt.“
Swjatoslaw Richter und Dietrich Fischer-Dieskau im Oktober 1978 im Napoleon-Raum auf Schloss Ismaning in München
Swjatoslaw Richter und Dietrich Fischer-Dieskau 1970 Im Bürgerbräu in München
Swjatoslaw Richter und Dietrich Fischer-Dieskau in Salzburg 1977
Swjatoslaw Richter und Peter Schreier im Puschkin-Museum in Moskau 1985
Und hier noch das Cover einer CD mit Dietrich Fischer-Dieskau und Swjatoslaw Richter mit Liedern von Hugo Wolf:
Liebe Grüße
Willi
Swjatoslaw Richter (20. 3. 1915 – 1. 8. 1997)
Swjatoslaw Richter, einer der größten Pianisten aller Zeiten, wie ich finde, starb heute vor 25 Jahren in Moskau. Da er auch ein ganz großer Liedbegleiter war, möchte ich ihn hier in unserem Forum speziell für die Freunde des Gesangs aus dem o. a. Anlass würdigen und auf diese Weise an ihn erinnern.
Swjatoslaw Teofilowitsch Richter wurde am 20. März 1915 in Schitomir, 140 km westlich von Kiew, im damaligen russischen Reich geboren, das seit dem 29. April 1918 durch Neugründung des ukrainischen Staates zur Ukraine gehört.
Richters Vater Theophil Richter war ein begabter Pianist, der aus einer deutschen Kaufmannsfamilie im heute ukrainischen Schytomyr stammte. Seine Mutter war eine russische Kaufmannstochter. Die Familie zog 1916 nach Odessa, wo der Vater die Stelle des Organisten und Chorleiters der deutsch-lutherischen St.-Pauls-Kirche übernahm. Die Eltern sorgten von seinem dritten Lebensjahr an für eine solide musikalische Ausbildung des Sohns.[1]
Richter arbeitete bereits im Alter von 15 Jahren als Korrepetitor am Opernhaus in Odessa, vier Jahre später gab er sein Debüt als Pianist. 1937 wurde er in die Klavier-Meisterklasse von Heinrich Neuhaus am Moskauer Konservatorium aufgenommen. Zu seinen Kommilitonen gehörte Emil Gilels. Die Übersiedlung nach Moskau rettete ihn vor den Repressionen, denen die deutschstämmigen Lutheraner in Odessa ausgesetzt waren. Auch sein Vater wurde bei den sogenannten Stalinschen Säuberungen 1937 verhaftet und 1941 kurz vor der deutschen Besetzung Odessas als angeblicher deutscher Spion erschossen. Seine Mutter heiratete daraufhin neu und emigrierte mit ihrem neuen Ehemann, der deutscher Abstammung war, nach Deutschland. In Moskau lernte Swjatoslaw Richter Sergei Prokofjew kennen, dessen 6. Sonate er 1942 uraufführte. Später folgten die Uraufführungen der 7. sowie der 9. Sonate, die Richter gewidmet ist. Nachdem er in seiner Heimat bereits als Berühmtheit galt, durfte er 1960 erstmals in den Westen reisen. Am 19. Oktober 1960 gab er sein Debüt in der Carnegie Hall in New York, an das sich eine große USA-Tournee anschloss. Es folgten Auftritte in Europa, ab 1971 auch in Deutschland.
Richter spielte anfangs viel auswendig. Nachdem er bei einem Konzert in Japan den Notentext vergessen hatte, spielte Richter in späteren Jahren bei seinen Auftritten in der Regel nach Noten. Dabei hatte er oftmals keinen Umblätterer, sondern blätterte mehrere Seiten auf einmal um und spielte dazwischen auswendig.
Vor allem seine Schallplattenaufnahmen sind legendär: Einspielungen des b-Moll-Klavierkonzerts Tschaikowskis, der Werke von Schubert, Schumann und Liszt und des Wohltemperierten Klaviers von Johann Sebastian Bach. Auch die Interpretationen des c-Moll-Klavierkonzerts und vieler Préludes von Rachmaninow gelten als Referenzaufnahmen. Seine frühen Aufnahmen sind oft außerordentlich kraftvoll und vehement gespielt. Wie kaum ein anderer Pianist konnte er seinen Interpretationen von Klavierwerken aller Epochen eine individuelle Note verleihen. Dabei war er später weniger der Virtuose, der durch technische Brillanz – diese war bei ihm selbstverständlich – Aufsehen erregte, sondern zeigte sein poetisches Spiel, das er oft in nur spärlich beleuchteten Konzerthallen darbot.
Neben solistischer Tätigkeit trat er auch als Kammermusiker in Erscheinung, so mit dem Geiger David Oistrach und den Cellisten Pierre Fournier und Mstislaw Rostropowitsch, aber auch im Klavierduo mit Benjamin Britten. Auch als Dirigent hatte sich Richter in früheren Jahren Anerkennung erworben.
1986 wurde Richter mit dem Léonie-Sonning-Musikpreis ausgezeichnet.
Im Jahr 2015 wurden Konzertmitschnitte und Aufnahmen Richters anlässlich seines 100. Geburtstages von den Musiklabeln Decca, Sony und Warner Classic neu aufgelegt.[2]
Vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Swjatoslaw_Teofilowitsch_Richter
Im Folgenden zitiere ich einige Äußerungen Richters, die im Archiv des Deutschlandfunks von Beate Bartlewski mit Datum vom 14. 3. 2020 veröffentlicht wurden:
„Der Interpret ist in Wirklichkeit ein Ausführender, der Vollstrecker des Willens des Komponisten“, glaubt Swjatoslaw Richter. „Er tut nichts hinzu, was nicht schon im Werk enthalten ist. Wenn er begabt ist, lässt er die Wahrheit des Werks durchscheinen, das alleine genial ist und sich in ihm spiegelt. Er darf die Musik nicht dominieren, sondern muss sich in ihr auflösen.“
Richter fand in Frankreich einen Rückzugsort, zu dem er u. a. Folgendes sagte:
„Jahrelang waren die Fetes musicales de Touraine eine der Freuden meines Lebens. Ich hatte die Fetes musicales als wirkliche Feste konzipiert, bei denen die Musik Mittelpunkt weiterer Festlichkeiten wäre und alle Muße hätten, jedermann zu treffen. Kurz: etwas, was der Leichtigkeit des Ortes und seiner Atmosphäre entspricht. Ich lud junge Musiker dorthin ein, die mich sehr beeindruckt hatten, wie Zoltan Kocsis, eines der größten pianistischen Talente unserer Zeit, Lisa Leonskaja, mit der zu spielen immer beglückend ist, Elisso Wirssaladze, eine unvergleichliche Schumann-Interpretin, und zahlreiche berühmte Künstler, darunter den für mich immer noch größten Sänger unseres Jahrhunderts, Dietrich Fischer-Dieskau, und David Oistrach; in der Grange de Meslay traten wir zum ersten Mal gemeinsam auf. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Tourainer sich immer bewusst waren, was für Luxus-Programme ihnen vorgesetzt wurden.“
Zwischen Fischer-Dieskau und Richter brauchte für keinen Augenblick der Zwang eines Sich-Fügens aufzukommen. Es entsteht – für den, der es nicht gehört hat, schwer vorstellbar – ein Miteinander als zweifache Entfaltung reichster, lückenloser Selbstständigkeit. Wohl kein anderer als Fischer-Dieskau kann sich heute leisten, Richter neben sich so differenziert und frei spielen zu lassen, als spiele er ein Brahms-Intermezzo in einem Solo-Programm. Welchen Gewinn das für eine eindringliche Belebung eines Liedes erbringen kann, erwies sich noch vor Schluss des ersten Gesangs. Das gesungene Wort der Bariton-Stimme folgte der gesungenen Wortlosigkeit des Flügels mit jener einleuchtend schönen Selbstverständlichkeit, mit welcher dem inneren Gedanken der beredte Ausdruck, der Idee die Verwirklichung folgt.“
Swjatoslaw Richter und Dietrich Fischer-Dieskau im Oktober 1978 im Napoleon-Raum auf Schloss Ismaning in München
Swjatoslaw Richter und Dietrich Fischer-Dieskau 1970 Im Bürgerbräu in München
Swjatoslaw Richter und Dietrich Fischer-Dieskau in Salzburg 1977
Swjatoslaw Richter und Peter Schreier im Puschkin-Museum in Moskau 1985
Und hier noch das Cover einer CD mit Dietrich Fischer-Dieskau und Swjatoslaw Richter mit Liedern von Hugo Wolf:
Liebe Grüße
Willi
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