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Troubadour-Forum für die Freunde der Oper, des Gesangs und der Klaviermusik

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Verdi "Otello" Ein Sturm bricht los…..!

Was man über Verdis vorletzte Oper wissen sollte kann! man hier nachlesen!

Eine meiner liebsten, neueren, Aufnahmen ist diese….

Simon O’Neill (Tenor) – Otello
Gerald Finley (Bariton) – Jago
Allan Clayton (Tenor) – Cassio
Ben Johnson (Tenor) – Roderigo
Alexander Tsymbalyuk (Bass) – Lodovico
Anne Schwanewilms (Sopran) – Desdemona;
Matthew Rose (Bass) – Montano;
Eufemia Tufano (Sopran) – Emilia
Lukas Jakobski (Bass) – A Herald
London Symphony Chorus
London Symphony Orchestra/Sir Colin Davis
James Mallinson – Produzent
rec. live, Barbican Centre, London, 1.-6. Dezember 2009.

Der Eröffnungssturm (in dieser Aufnahme ohne Orgel) verfehlt auch hier seine Wirkung nicht, und Colin Davis (der alte Mann und die Oper) geht noch weiter und verwandelte diese Eröffnung in ein weltliches „Dies irae“ mit Erhabenheit für den kurzlebigen Triumph vom „Esultate“ des Otello. Manchen Hörer der viele der alten Aufnahmen hörte, mag vielleicht erstaunt sein über O’Neills Stimme, die nicht so baritonal daherkommt wie man es so gewohnt war (Vickers, DelMonaco, Domingo), aber es macht Sinn im Kontex mit Finleys nicht Bass-Bariton, somit ergibt sich ein wunderbares Spiel der Charaktere. Die beiden gehen vollkommen in ihren Rollen auf, mit einer Intensität und auch Spontanität die den Zuhörer mehr und mehr fesselt und das Rollenverständnis der beiden verstärkt. Wenn man z.B. das Liebesduett hört wird man erstaunt sein, wie O’Neills Stimme sich ab dem zweiten Akt verändert. 

Auch wenn Finley, wie schon erwähnt, nicht die Baritonschwärze hat, ist sein „Credo“ voller Verachtung und Leere gepaart mit dem Ausdruck der Natur des Bösen, bei all dieser bösen Schönheit kommt der Schrecken seines Charakters voll zum tragen. Beim anhören des Otello überkommt mich manchesmal die Erkenntnis, als fallen beide in ein schwarzes Loch aus dem es kein Zurück gibt, wie der Schluss es auch für meine Begriffe bestätigt, aber was ist auf der anderen Seite des schwarzen Lochs!? Anne Schwanewilms strahlend gesungene Desdemona mit einem ergreifenden Gebet, sie ist das zentrale Opfer im Fokus von Otello und Jago, und wie wir wissen ist das wesentlich für die Handlung. Diese Opferrolle füllt Schwanewilms mit ihrer ganz eigenen Ausdrucksweise hervorragend aus!

Die Nebenrollen sind gut besetzt, Eufemia Tufano als Emilia hat mir mit ihrer effektvollen Stimme sehr gut gefallen. 

Das Dirigat von Colin Davis ist geprägt von der Liebe zum Detail die einen in die Musik der Handlung hinein zieht! 

LG tiranno

 

In dieser Diskussion wird uns bewusst, dass wir Otello seit ewigen Zeiten nicht mehr erleben konnten. Das letzte Mal an der Bayerischen Staatsoper unter Kubelik mit Rysanek und Hans Hopf in den Hauptpartien. In der Erinnerung sind wir heute noch hingerissen von dieser Aufführung, glauben sogar, dass wir sie wahrscheinlich nie wieder mit einem solch‘ intensiven, nachwirkenden Eindruck genießen können. Das geht uns bei einigen anderen Aufführungen ähnlich, dass wir für uns die Schlussfolgerung ziehen: „Das war so großartig, das ist nicht mehr zu toppen.“ 

Nun unsere Frage:  Sind solche prägenden Eindrücke, die neuen Erlebnisse kaum die Chance geben, daneben gleichwertig zu bestehen, normal, oder nostalgisch verkrustete Schwärmerei von aus der Zeit gefallenen alten Menschen?

Die  Sängerfreude haben nach tirannos lesenswerten Bericht darüber diskutiert und sind zu keinem übereinstimmenden Ergebnis  gekommen. Wer hilft die Meinungsverschiedenheit zu klären?

 

Zitat von Saengerfreunde am 26. März 2022, 14:06 Uhr

… glauben sogar, dass wir sie wahrscheinlich nie wieder mit einem solch‘ intensiven, nachwirkenden Eindruck genießen können. Das geht uns bei einigen anderen Aufführungen ähnlich, dass wir für uns die Schlussfolgerung ziehen: „Das war so großartig, das ist nicht mehr zu toppen.“ 

Nun unsere Frage:  Sind solche prägenden Eindrücke, die neuen Erlebnisse kaum die Chance geben, daneben gleichwertig zu bestehen, normal, oder nostalgisch verkrustete Schwärmerei von aus der Zeit gefallenen alten Menschen?

Liebe Sängerfreunde

Das ist n. m. M. keine „nostalgisch verkrustete Schwärmerei“, sondern völlig normal. Und wenn sich solche „Sternstunden“ für immer im Gedächtnis manifestiert haben, dann darf und sollte man glücklich sein, daß man sie erleben durfte.

Eine meiner erlebten „Sternstunden“ war die Tosca am 6. März 1976 in der Berliner Staatsoper. Es war die erste Vorstellung nach der vor drei Tagen erfolgten Premiere und sie hatte das Niveau von Weltklasse! Alle waren in Höchstform, insbesondere die drei Hauptsolisten Anna Tomowa Sintow, Ruggiero Orofino und Theo Adam. Das konnte man wohl nirgendwo besser machen.

Natürlich setzen solche Sternstunden auch gewisse Maßstäbe. Das führt aber nicht dazu, daß man spätere andere Erlebnisse vergleichend daraus resultierend als negativ betrachtet, sondern, es veredelt nochmal die erlebte Sternstunde.

Außerdem, man möchte auch nicht immer Champagner und Kaviar haben (das wäre dann schnell langweilig), eine gut gemachte Curry Wurst an einer netten Würstel Bude, kann einen auch erfreuen.

Liebe Sängerfreunde, Ihr habt ein interessantes Thema aufgeworfen, über das es sich zu diskutieren lohnt.

LG PavOro

Erinnert Euch>Stillstand ist Rückschritt<

Ihr lieben ich wiederhole mich, ich bin kein Nostalgiker, ich freue mich immer neues zu entdecken, ob Live oder auf CD damit ich neue Impulse verspüre, auch speziell im Gesangsbereich sowie bei einer Inszenierung. Wenn ich das nicht mehr habe wäre bei mir vieles sinnlos. Aber ihr seht auch, um was es hier im Forum geht, hauptsächlich um vergangenes, ich schreibe mir die Finger wund, und was kommt, meistens nur heiße Luft. Wenn es mir nicht noch etwas Freude bringen würde, zumindest der Versuch ist es wert andere auf dies oder jenes Aufmerksam zu machen, hätte ich längst aufgehört hier zu posten. 

Meine letzte Otello Erlebnisse sind von 2008 konzertant und 2011/12/14 szenisch in FfM.

1.konzertant

Johann Botha Otello

Annalisa Raspagliosi Desdemona 

Marco Vratogna Jago

Daniel Behle Cassio

Claudia Mahnke Emilia

Con. Paolo Carignani

2. szenisch 

Otello: Carlo Ventre / Frank van Aken 

Jago: Marco Vratogna / Marco di Felice / Zeljko Lučić 

Desdemona: Elza van den Heever

Emilia: Claudia Mahnke / Tanja Ariane Baumgartner 

Bei beiden spielte das Frankfurter Opern und Museumsorchester

Ich habe auch wunderschöne Erinnerungen an verdammt gute Aufführungen, aber ich verkläre sie nicht, nein es geht weiter, es gibt neue Sänger, neue Inszenierungsideen (naja was soll ich dazu sagen) da bin ich hier völlig fehl am Platz! Und noch einmal, ich habe Freunde daran mir meine eigenen Gedanken zu machen. Und ja, ich lese auch noch viel, es war von Anfang an bei meiner Leidenschaft für das Musiktheater schon so, nachdem ich eine neue Oper hörte oder sah, wollte ich mehr über das gesehene und gehörte wissen, über Hintergründe und Komponist, das eröffnete mir viele weitere Türen, und so kam es zu meiner riesigen Sammlung! Und das spornt mich immer noch an!

Zitat von Saengerfreunde am 26. März 2022, 14:06 Uhr

Nun unsere Frage:  Sind solche prägenden Eindrücke, die neuen Erlebnisse kaum die Chance geben, daneben gleichwertig zu bestehen, normal, oder nostalgisch verkrustete Schwärmerei von aus der Zeit gefallenen alten Menschen?

Ihr lieben Sängerfreunde, ohne jemand auf die Füße treten zu wollen, möchte >ich< die Frage bejahen! Aber macht euch darüber keine Gedanken, bei den älteren (nja ich bin ja noch jung :schmunzel) Ecke ich oft an mit meinen Meinungen, aaaaber es gibt auch viele die es toll finden, wie z.B mein 20Jahre jüngeren Musik-Journalisten Freund, der immer sagt, von deiner Sorte gibt es zuwenig!

So, genug gelabert LG vom tiranno 

 

 

Lieber tiranno,

danke für Dein offenes Feedback. Mit ein wenig Augenzwinkern: Wir wissen ja selbst, dass es auf bestimmten Gebieten so ist. Auf der anderen Seite sind wir noch so jung, dass wir dieses Forum gegründet haben, versuchen darin vieles anders zu machen, als es in anderen Foren ist. Wenn ich z. B. bei der Gottlob Frick Gesellschaft oder beim Heilbronner Sinfonie Orchester Programme mit konzipiere bin ich -Hans der Sängerfreund – sogar gefürchtet – wegen meiner kreativen Eventgedanken.

Wir finden auch nicht, dass Du zu wenig Resonanz auf Deine Beiträge im Forum bekommst. Du schreibst erfreulich aktiv und darauf bekommst Du nach unserer Wahrnehmung auch entsprechende Reaktionen. Wahrscheinlich schreibst Du meist  so überzeugend und allgemein akzeptabel,  dass man Deinen Aussagen kopfnickend zustimmt. Was soll man noch groß dazu sagen, wenn man Deine Meinung teilt.  Wäre die Reaktion „Gut gemacht -Bravo!“ wäre dies für Dich wieder „nur heiße Luft“. Es gibt halt recht unterschiedlich Erwartungen an ein Forum. Mache bitte weiter so, Deine Beiträge sind belebend und bereichernd. Für mich nehme ich in Anspruch, dass ich Dir, trotz unserer guten Beziehungen, in einer Diskussion heftig widersprochen habe. Lass das Bewährte gelten und vertrete Du Neues und den Fortschritt. Die Sängerfreunde sind Dir dafür dankbar, würden jedoch stark hinterfragen, ob das Neue immer Fortschritt ist und das Bewährte ersetzen kann.

Liebe Grüße

Herzlichst die Sängerfreunde.

Zitat von Saengerfreunde am 26. März 2022, 16:59 Uhr

würden jedoch stark hinterfragen, ob das Neue immer Fortschritt ist und das Bewährte ersetzen kann.

Für mich stellt sich eher die Frage, wie man es besser machen kann, denn das Bewährte ist der Feind des Fortschritts. Das Motto, >es hat sich bewährt<, hält nur solange bis es einer besser macht (nicht ersetzen), denn das ist für mich Fortschritt. 

So nun aber weiter mit dem Otello! 

LG tiranno 

Liebe alle,

ich habe Verdis Otello sehr oft auf der Bühne gesehen, und zwar vorwiegend in Moskau im Stanislawski-Theater. Es ist eine meiner liebsten Opern, weil sie für mich wirklich die Summe des Schaffens von Giuseppe Verdi darstellt und vollkommen schön ist. Aber sie ist auch für die Zuschauer eine echte Anstrengung: der letzte glückliche Moment ist -maximal- das Liebesduett zu Ende des 1. Aktes, und danach geht es mit der Unerbittlichkeit einer Sanduhr nur noch in Richtung der großen Katastrophe. Das nimmt emotional mit, live in der Oper sowieso, aber auch, wenn man eine der zahlreichen guten DVDs von Aufführungen sieht, vor allem solchen, in denen Placido Domingo den Otello singt. Die jeweiligen Iagos sind gut bis sehr gut, aber die traumhafteste Kombination hat es leider wohl nie gegeben: Domingo als Otello, Ruggero Raimondi als Iago. Von Raimondi als Iago gibt es ein paar Schnipsel auf youtube, die leider nur eine ungefähre Ahnung von der Leistung dieses Ausnahmesängers in der Rolle vermittelt, und es gibt eine DVD im Grauhandel, bei der man sich optisch leider das meiste selbst denken muß – es ist immer noch überwältigend.

Was die Frage des Stils der Inszenierung angeht, so kann man mit „Otello“ einiges anstellen – die Qualität einer Inszenierung wird immer davon abhängen, in welchem Maße es gelingt, das Getriebensein der beiden Hauptprotagonisten klar zu machen und es in irgendeiner Weise logisch erscheinen zu lassen. Was bringt Otello denn wirklich dazu, aufgrund von Beweisen, für die man keinen erwiesenen Schurken hängen würde, seine innigstgeliebte Frau mit unerbittlicher Raserei umzubringen, obwohl es, anders als in vielen anderen Opern, im Laufe der gezeigten Geschichte noch zahllose Möglichkeiten gibt, mit ihr zu sprechen und sich zu versöhnen? Bei Iago ist es ja ein wenig leichter, denn er wurde bei einer Beförderung übergangen; aber das reicht auch nicht ganz, um diesen rasenden Haß glaubhaft zu machen. Man greift vielleicht seitens der Regie dann noch zu anderen interpretatorischen Mitteln.

Wenn eine Inszenierung es vermag, durch ihren gewählten Stil, die Zeit und den Ort der Handlung hier eine logische Deutung zu ermöglichen, wird das Ergebnis -bei wenigstens ordentlicher gesanglicher Leistung- bezwingend sein, weil die Geschichte allein so überwältigend ist und Verdis Musik jede auch nur durchschnittliche schauspielerische Leistung auf der Bühne adelt. 

Grüße!

Honoria Lucasta

Ich habe „Otello“ und viele andere Opern schon in verschiedenen Inszenierungen gesehen und jede war anders und neu. Mit den Mitteln der modernen Bühnen gibt es so viele verschiedene Möglichkeiten, die Handlung entsprechend dem Libretto zu gestalten, ohne dass man eine neue Geschichte erfinden muss, die das Werk – oft bis zur Unkenntlichkeit – verzerrt. Ich bin durchaus nicht nostalgisch oder ewig gestrig veranlagt, aber ich frage mich, wo der sogenannte „Fortschritt“ zu suchen ist, wenn der Regisseur uns eine gänzlich andere Handlung  als die vom Librettisten und Komponisten vorgesehene präsentiert. Seine edelste Aufgabe wäre, die Handelnden so anzuleiten, dass sie den im Libretto steckenden Gehalt auf der Bühne verwirklichen. Ist es nicht Hilflosigkeit, wenn die Regie eine völlig neue abwegige Handlung erfindet, weil sie mit der ursprünglichen Handlung nicht umzugehen weiß. Und bei den Holzhammermethoden, mit der uns manche Deutungen durch Übertragung in eine andere Geschichte aufgezwungen werden sollen, frage ich mich, ob die Regie glaubt, dass der mündige Zuschauer nicht in der Lage ist, die Bezüge zu modernen Geschehnissen selbst herzustellen. Verlangt der Zuschauer zuviel, wenn er das angekündigte Werk sehen will, und nicht eine Mogelpackung? Verlangt er zuviel, wenn er fordert, dass in der Handlung entstellte, aus dem Zeitzusammenhang genommene und an nach Willkür der Regie an andere Orte verlegte Werke für jedermann erkenntlich gekennzeichnet werden?

Liebe Grüße
Gerhard

Lieber Gerhard,

Du hast einen Punkt erwähnt, an dem sich auch für mich die Böcke von den Schafen scheiden. Wenn eine Regie mutig —deutet—, mglw. auch mit ungewöhnlichen Bildern, ungewohnten Assoziationen, dann ist das, finde ich, legitim. Wenn die Regie, horribile dictu, wesentliche Elemente  der Geschichte sinnverändert zeigt, ist es nicht mehr in Ordnung. Für mich gebietet der Respekt gegenüber einem schöpferischen Geist, daß man möglichst nichts Eigenes hinzufügt (will man das, schreibe man selbst eine Oper….), sondern das Vorhandene aus sich heraus deutet.

Manchmal wird es schwierig sein, die Trennlinie zu identifizieren. Und nicht jede Oper eignet sich für jede Verrücktheit. Mit „Contes d’Hoffmann“ kann man (fast) alles machen. Mit Otello nicht.

Grüße!

Honoria Lucasta

Liebe Honoria, lieber Gerhard

Danke für Eure Beiträge, die ich mit Interesse gelesen habe. Im Wesentlichen bringt ihr es auf den Punkt und ich gehe mit Euch konform.

Vielleicht ist es angebracht bei solchen Meinungen, mal den eigenen Standpunkt als pers. Grundsatz darzulegen. Weshalb gehe ich ins Theater /in die Oper? Für mich bedeutet das – ich bin diesbezüglich ein Genießer. Ich möchte mich an der Musik, den Solisten und dem ganzen Ensemble erfreuen, mich hingeben, mich verzaubern lassen. Und dazu gehört für mich eine dem Werk gerechte Inszenierung, einschließlich der Kulissen und Kostüme. Wenn diese Attribute zutreffen, dann wird eine solche Aufführung tatsächlich für mich zum beglückenden Genuß. Und dann kann ich eine für mich gelungene Aufführung immer wieder sehen und jedesmal auf´s Neue genießen. Wie schön ist es, wenn es einen wieder und wieder im Finale der Bohéme ergreift und emotional berührt, ebenso der Chor in Nabucco mit dem anschließenden Auftritt des Zaccharias, der mitreißende Triumphmarsch in der Aida, der ebenfalls mitreißende Zigeunerchor im Trovatore, das Miserere mit dem herrlichen Gesang des Tenors aus dem Kerker und, und, und… Das alles und noch mehr ist Freude und Genuß!!! Deshalb gehe ich in die Oper.

Ich gehe ganz sicher nicht in die Oper, um dort eine Belehrung oder Vorlesung vorgesetzt zu bekommen! Vorlesungen hatte ich früher mal, da ist mein Bedarf gedeckt.

LG PavOro

Lieber Pavoro, 

ich glaube, die meisten Opernfreunde denken so wir du und wollen sich entspannen, an der Musik erfreuen und die Handlung sehen, so wie sie Librettist und Komponist geschaffen haben. Auch aus eigenen Opernbesuchen und auch aus vielen Gesprächen, die ich mit Opernfreunden führe sowie aus Zuschriften und Anrufe, die ich auf meine Leserbriefe bekommen habe, kann ich bestätigen, dass die Mehrzahl die Entstellungen der Meisterwerke verabscheuen. Auch die nachlassenden Besuche an verschiedenen Opernhäusern bestätigen das, wobei denn Meisten leider nur die Möglichkeit bleibt, dem Opernhaus fernzubleiben und uns mit DVDs und ausgesuchten Vorstellungen aus der MET oder den Royal Opera House zu begnügen. Und die jungen Leute locken diese aufgezwungenen Belehrungen ohnehin nicht mehr. 

Liebe Grüße
Gerhard

Meine Erfahrungen mit dem Othello erstrecken sich über mehrere Jahrzehnte, ich habe 5 verschiedene Inszenierungen gesehen. In besonderer Erinnerung sind mir zwei Aufführungen geblieben:

  1. im Opernhaus Perm im Ural im Dezember 1988. Die Solisten waren erstklassig, leider habe ich den Programmzettel nicht mehr. Ich erinnere mich aber daran, daß der Darsteller des Othello mehrere internationale Auszeichnungen erhalten hat, was mich bei der Bedeutung dieses Opernhauses nicht wundert. Nach Perm wurde das Petersburger Ballett während der Belagerung geschickt, um die Solisten zu schützen. Dementsprechend entwickelte sich dieses Opernhaus als Musiktheater zu einem der besten Häuser der Sowjetunion. Niemals wäre man dort auf die Idee gekommen, durch Neudeutungen einem Stück einen neuen Inhalt oder eine neue Bedeutung überzustülpen. Ich erinnere mich an eine zutiefst „klassische“ Inszenierung, die begeistert aufgenommen wurde.
  2. im Theater Gera um 2000 herum, ich glaube während der Intendantenzeit von Matthias Oldag. Der Regisseur siedelte das Ganze in einer Kirche an und stellte das Problem dar als religiöse Differenz zwischen der blonden und christlichen Desdemona und ihrem dunkelhäutigen muslimischen Ehemann. Wäre ich nicht so an der Musik interessiert gewesen, wäre ich in der Pause gegangen. Musikalisch war es hervorragend, wie fast alles bei Oldag. Trotzdem gab es am Ende Buhrufe, und natürlich habe ich mitgemacht. Die Buhrufe betrafen nur das Regieteam, die Musiker bekamen ihren verdienten Applaus. Es ist eines der Erlebnisse, die mich später veranlaßten, meinem geliebten Theater den Rücken zu kehren und meine Anrechte zu kündigen. Ich möchte solche Verfälschungen nicht sehen, akzeptiere aber, daß es dafür aus was für Gründen auch immer Anhänger gibt. Leider ist die Balance zwischen beiden Parteien sehr unausgeglichen, und das ist für mich ein Grund, mich vor jedem Theaterbesuch zu informieren, was mich erwartet. Damit scheiden Premieren als Besuchsgrund völlig aus.                                                                                                                                                                                                                                        Herzlichst Sir Morosus

Hallooooo…..

von mir kommt bezüglich Regietheater nichts mehr, das habe ich Jahrelang alles schon einmal gehört!

Ña ja, wie ich weiter verfahre weiß ich noch nicht denn dieser Thread ist ja völlig zerhackt! 

Wenn ich nochmal einen Thread über eine Aufnahme mache, möchte ich doch bitten, beim Thema zu bleiben, ich hatte nichts von Regietheater geschrieben. 

LG tiranno 

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