informativ

diskussionsfreudig

meinungsbildend

kooperativ

Troubadour-Forum für die Freunde der Oper, des Gesangs und der Klaviermusik

Hallo und herzlich Willkommen im Troubadour Forum!

Danke für den Besuch unserer Website. Hier kannst du als Gast in den Hauptthemenbereichen Oper, Operette, Oratorium, Lied und Klavier mitlesen, dich umfangreich informieren und den Meinungsaustausch verfolgen. Den vollen Nutzen des Forums hast du allerdings nur, wenn du angemeldet und registriert bist. Dann kannst du alle Funktionen und Bereiche des Forums uneingeschränkt nutzen. Das heißt, du kannst eigene Beiträge schreiben und einstellen, auf Beiträge anderer Nutzer antworten, eigene Threads eröffnen, mitdiskutieren und dir durch die eigene Mitwirkung ein oft durch intensive Diskussionen erhelltes Meinungsbild schaffen. Das Troubadour-Forum geht über die rein lexikalische Funktion bewusst hinaus. Deshalb haben wir einen Servicebereich aufgebaut, indem du Hilfestellungen bei Anschaffungen, Besuch von Veranstaltungen und Festivals, Aufbau von Bild- und Tonträgerdokumenten und Antwort auf deine Fragen erhalten kannst. Wir verstehen uns jedoch auch als Begegnungsstätte zwischen neuen und erfahrenen Musikfreunden, zwischen Jung und Alt, persönliche Kontakte unter den Nutzern sollen erlaubt und ermöglicht werden. Wir würden uns freuen, wenn du bei uns mitmachst und eventuell auch neue Themen und Ideen einbringst.

Bitte oder Registrieren, um Beiträge und Themen zu erstellen.

Verdi, Simone Boccanegra, Oper Budapest am 24. April 2022

Liebe alle,

vor bald 20 Jahren besuchte ich in Chişinău eine Vorstellung der Butterfly. Cio-Cio San wurde von der damals etwa 75 -jährigen Maria Bieşu gesungen, die im Jahre 1964 den Titel „Beste Cio-Cio-San der Welt“ erhalten hatte. Die gesangliche Leistung war so, wie man es bei einer so lebensalten Sopranistin erwarten mußte; der Atem reicht nicht mehr überallhin, die Stütze bricht bisweilen weg, irgendwann fehlen auch schlicht und ergreifend Wille und Kraft. Aber an einigen wenigen Stellen blitzte in Stimme, Phrasierung und Melodieführung etwas von dem alten Genie auf. Allein dafür hatte sich Alles gelohnt; diese wenigen Momente waren zum Niederknien.

Daran mußte ich gestern denken, als ich in der prächtigst renovierten Budapester Oper (es lohnt sich, sie anzusehen!) eine Vorstellung von Verdis Simone Boccanegra erlebte; der Tenor-Held meiner Jugend, zum Bariton gereift, sang die Titelrolle.

Das Haus war so voll besetzt, wie man es eben verantworten konnte. Das Publikum bestand, meinem Eindruck nach, zu einem nicht geringen Teil aus Domingo-Afficionados, die von weither angereist waren, darunter eine sehr starke Delegation aus Deutschland. Von diesen Zuhörern war natürlich nichts anderes zu erwarten als hymnischste Zustimmung. Es freute mich für das insgesamt sehr gute Ensemble und natürlich für den Star selbst, daß es ein umjubelter Abend wurde. Den größten fachlichen Anteil hatten an der sängerischen Gesamtleistung Francesca Sassu als Amelia (schauspielerisch allerdings ein wenig unbeteiligt), Krisztian Cser als Fiesco (mächtige Baßstimme, orgelt alles in den Abgrund, wenn er will) und Szabolcs Brickner als Gabriele Adorno. Er ist für diese Rolle wegen einer fast schon atemberaubend sicheren Höhe qualifiziert; er muß ja ständig außer sich sein in dieser Rolle. Stimmlich verlangt das dem Sänger einiges ab. Brickners Auftritt wurde frenetisch bejubelt, völlig zu Recht.

Da hatte der Star des Abends es fast schon ein wenig schwer. Placido Domingo hatte ich -von Angesicht zu Angesicht, aber nicht singend- zuletzt im Jahre 2016 (ca., kann auch etwas früher gewesen sein) erlebt, und da war er von Erscheinungsbild und Habitus her noch sehr gut in Form, soweit ich das von einem 2-Minuten-Gespräch bei einer Veranstaltung beurteilen konnte. Jetzt merkt man ihm die (Mitte?)80 an, vor allem in den Bewegungen. Natürlich ist auch der Boccanegra im Hauptteil der Oper schon ein etwas älterer Herr, aber es war deutlich zu sehen, daß viele Bewegungen nicht langsam und mühselig gespielt waren, sondern wirklich so empfunden. Das nahm dem Stück ein wenig das dramatische Tempo, das bei dieser Verdi-Oper ohnehin schwer zu bewerkstelligen ist. Stimmlich schlug sich Domingo wacker, und, wie oben beschrieben, manchmal blitzte etwas von dem auf, dessentwegen wir ihn früher vergöttert haben: ein samtener Stimmkern, Phrasierung zum Niederknien, Durchschlagskraft auch bei Ensembleszenen. Stimmlich war es ein hart erkämpfter Sieg, will mir scheinen.

Was aber mit allem versöhnen konnte, war Domingos schauspielerische Leistung, mit der er den anderen Mitwirkenden haushoch überlegen war. Das gilt insbesondere für den letzten Akt und die Sterbeszene, die er so anrührend gestaltete, daß das Taschentuch zum Einsatz kommen mußte, nicht nur bei mir, sondern auch bei anderen. Das werde ich sicher in lieber Erinnerung behalten.

Das Budapest dieser Tage hatte mit der Stadt, die ich seinerzeit sehr mochte, nicht mehr viel zu tun. Touristenmassen überall, so daß man nirgends mehr ohne Anstehen hineinkommt, überall Fast-Food-Tempel – hier muß erst eine Rückbesinnung erfolgen, bis ich wieder für ein paar Urlaubstage dorthin fahre. Da es aber von Temeswar nur drei Stunden Autofahrt sind, ist ein Besuch in der Oper sicher öfter drin.

Grüße!

Honoria Lucasta

Liebe Honoria,

danke für Deinen wunderbaren Bericht. Es gibt sie also noch, die Momente, für die man in die Oper geht, die Momente, in denen man glaubt, die Bodenhaftung zu verlieren und zu schweben. Ich kenne diese Momente auch noch. Sie bleiben unvergessen, sie sind in unserem Denken und in unserer Erinnerung unauslöschlich geblieben. Leider war es mir nie vergönnt, Domingo live zu erleben, aber meine Erfahrungen mit ihm auf div DVD/TV vereinen eine grandiose Darstellungskunst mit einer glanzvollen Tenorstimme. Als Bariton habe ich ihn im Rigoletto und im Oberto im TV gesehen, und ich gestehe, als Tenor mehr Freude an ihm gefunden zu haben. Er war einer meiner Lieblinge auf der TV-Bühne, nicht zuletzt seit der Live-Tosca 1989.

Bei  Chisinau fällt mir sofort Maria Cebotari ein, die Lieblingssängerin meiner Schwiegermutter in den 1940-er Jahren in Dresden. Sie ist in Kischinjow = Chisinau geboren und leider so früh gestorben.

Herzlichst Sir Mosrosus

Liebe Honoria

Danke für Deinen ausführlichen interessanten Bericht. Es freut mich für Dich, daß Du so ein schönes musikalisches Erlebnis hattest. Eigentlich ein schönes Vortages – Geschenk zu Deinem heutigen Geburtstag. Die Erlebnisfreude wirkt ja noch nach und so wünsche ich Dir eine schöne Feier.

Dir alles Liebe und Gute, mit herzlichen Grüßen

PavOro

Liebe Honoria,

großartiges Erlebnis,  sehr animierender Bericht. Auch wir durften Altersleistungen erleben, die unvergesslich waren. Z. b. Gottlob Frick, so um die 80 Jahre alt, in einer Inszenierung von Nicolais Falstaff, die extra für Ihn für ihn gemacht wurde. Fast unglaublich die stimmliche Frische, Kraft und der berühmte unvergleichliche Klang seiner Stimme, alles noch voll da – und er war noch äußerst beweglich. Wie er von einem Tisch heruntersprang und mit welcher affenartigen Geschwindigkeit er in den Waschkorb kam wurde von Publikum mit großem Beifall bedacht.

In erster Linie wollten wir jedoch Dir, liebe Honroria ganz herzlich mit allen guten Wünschen  zum Geburtstag gratulieren. Möge Dir im neuen Jahr Gesundheit, Wohlergehen, Zufriedenheit und die Erfüllung Deiner Erwartungen, Wünsche und Träume geschenkt werden. 

Etwas egoistisch hoffen wir auch viele Berichte von Deinen Auftritten und Opernerlebnissen. Du bist eine großer Gewinn für unser Forum. Bitte weiter so!

Herzlichst die Sängerfreunde.

 

Szabolcs Brickner als Gabriele Adorno ist eine sichere Bank, ich kenne ihn aus seinem derzeitigen Stammhaus, der Volksoper Wien (Barinkay, Tamino).

Erich

Bei  Chisinau fällt mir sofort Maria Cebotari ein, die Lieblingssängerin meiner Schwiegermutter in den 1940-er Jahren in Dresden. Sie ist in Kischinjow = Chisinau geboren und leider so früh gestorben.

Sir,

Maria Cebotari ist mir aus einigen Einspielungen gut geläufig – was für ein Verlust, daß sie so früh verstarb! Meine Dienststelle in Chişinău befand sich seinerzeit übrigens in der Strada Maria Cebotari. Wir gedachten ihrer also quasi täglich…

Bezüglich der Aufführung von Simone Boccanegra noch ein Nachsatz: ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie ich Domingos Leistung eingeschätzt hätte, wenn sie nicht unter diesen Ausnahmebedingungen erbracht worden wäre. Sein für einen aktiven Opernsänger staunenswertes Alter; der hohe Anteil der Domingo-Verehrer im Publikum und die daraus resultierende mehr als freundliche Stimmung ihm gegenüber; auch meine eigenen Erinnerungen an die phantastischen Auftritte dieses Künstlers in der Vergangenheit: alles das mag eine wirklich sachliche Bewertung der Leistung beeinflussen.

Aber: welche Leistung setzt den Maßstab? Es ist bezeichnend und tröstlich, daß viele Sänger den Boccanegra erst auf dem Programm haben, wenn fast alles andere gesungen ist. Gerade die Abschiedsszene bringt den Bariton innerlich sicher so an die Grenzen wie es für den Tenor der Otello im letzten Bild von Verdis Oper tut. Domingo selbst hat einmal gesagt, ihm wäre es am liebsten, daß die Zuschauer am Ende des Otello schweigend nach Hause gingen. Vielleicht wäre das tatsächlich auch für den Boccanegra eine respektvolle, angemessene Option gewesen. 

Grüße!

Honoria Lucasta

Liebe Honoria,

auch von mir ein herzliches Dankeschön für deinen Begeisterung verbreitenden Erlebnisbericht.

Ich habe den Simon Boccanegra vor -zig Jahren an der Württ. Staatsoper Stuttgart erlebt. Derzeit ist er nicht im Programm.

Von unserem Forenfreund Rüdiger Wohlers, der öfters den Gabriele Adorno gesungen hatte, erfuhr ich mal, dass er  während einer Vorstellung mächtig Atemprobleme bekam, als auf der Bühne schwingende Teppichbahnen mächtig Staub aufgewirbelt hatten. Sie stellten Meereswogen dar. Ein Regie-Einfall mit bösen Folgen. Als Heuschnupfen-Allergiker habe ich bei der Schilderung richtig mitgelitten.

Kontakt
Telefon: 0178-1069333
E-Mail: info@troubadour-forum.de

Gestaltung Agentur kuh vadis