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Troubadour-Forum für die Freunde der Oper, des Gesangs und der Klaviermusik

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Von der Hoffnung auf Erlösung von den Beschwernissen des Lebens und von der Enttäuschung, diese Erlösung nicht zu erlangen

Diese Hoffnung auf Erlösung hat der Wanderer auf seiner Winterreise, als er im „Wirtshaus“ anlangt, und diese Hoffnung wird ihm genommen und er zieht tief enttäuscht weiter. In meinen vielen Aufnahmen von Schuberts Winterreise überzeugt mich in diesem Lied besonders diese aus den 1960er Jahren von Dietrich Fischer-Dieskau, der hier von Jörg Demus begleitet wird:

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Das Wirtshaus

Wilhelm Müller

Auf einen Totenacker
Hat mich mein Weg gebracht. 
Allhier will ich einkehren: 
Hab’ ich bei mir gedacht.
 
Ihr grünen Totenkränze 
Könnt wohl die Zeichen sein, 
Die müde Wandrer laden 
In’s kühle Wirtshaus ein.
 
Sind denn in diesem Hause 
Die Kammern all’ besetzt? 
Bin matt zum Niedersinken 
Bin tödlich schwer verletzt.
 
O unbarmherz’ge Schenke, 
Doch weisest du mich ab? 
Nun weiter denn, nur weiter, 
Mein treuer Wanderstab!

 

Ich würde mich freuen, wenn ihr noch andere Beispiele, vorzugsweise aus dem Liedschaffen jedweder Komponisten finden und posten würdet, wo dem Hoffenden Ähnliches widerfährt.

Liebe Grüße

Willi????

Ein weiteres Lied aus der Winterreise bringt die Todessehnsucht zum Ausdruck, das in der Abfolge dem „Wirtshaus“ direkt vorausgeht, das Lied „Der Wegweiser“, in dem der Wanderer sich bewusst wird, dass er bald einen Weg gehen muss, den „noch keiner ging zurück“. Ich nehme als Tonbeispiel wieder die Aufnahme mit Fischer-Dieskau und Demus, die die inhaltliche Einheit dieser beiden Stationen der Winterreise, wie ich finde, auch im Ausdruck so zwingend deutlich macht:

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Der Wegweiser

Wilhelm Müller

Was vermeid’ ich denn die Wege 
Wo die anderen Wandrer geh’n,
 Suche mir versteckte Stege 
Durch verschneite Felsenhöhn?

Habe ja doch nichts begangen, 
Dass ich Menschen sollte scheu’n – 
Welch ein törichtes Verlangen 
Treibt mich in die Wüstenei’n?

Weiser stehen auf den Strassen, 
Weisen auf die Städte zu,
Und ich wandre sonder Massen, 
Ohne Ruh’, und suche Ruh’.

Einen Weiser seh’ ich stehen
Unverrückt vor meinem Blick; 
Eine Strasse muss ich gehen,
Die noch Keiner ging zurück.

Liebe Grüße

Willi????

Lieber Willi,

ein solch verhaltenes Stück, wie Du es beschreibst, ist sicher die Alt-Rhapsodie von Brahms. 

Es ist ein Gedicht von Goethe – also poetischer Hochadel. Der Text ist wie folgt:

Aber abseits, wer ist’s?
In’s Gebüsch verliert sich sein Pfad,
hinter ihm
schlagen die Sträuche zusammen,

das Gras steht wieder auf,

das Gras steht wieder auf,
die Oede verschlingt ihn.

Ach wer heilet die Schmerzen dess,
dem Balsam zu Gift ward?

der sich Menschenhass aus der Fülle der Liebe trank!

Menschenhass, Menschenhass aus der Fülle,
aus der Fülle der Liebe trank!

Erst verachtet, nun ein Verächter
zehrt er heimlich auf seinen eignen Werth

in ung’nügender Selbstsucht.

Ach, wer heilet die Schmerzen dess,
dem Balsam zu Gift ward?
Der sich Menschenhass, Menschenhass aus der Fülle,
aus der Fülle der Liebe trank!

Ist auf deinem Psalter, Vater der Liebe,

ein Ton seinem Ohre vernehmlich,
so erquicke sein Herz, so erquicke sein Herz!
Oeffne den umwölkten Blick über die tausend Quellen
Neben dem Durstenden in der Wüste.

Ist auf deinem Psalter, Vater der Liebe,

ein Ton seinem Ohre vernehmlich,
so erquicke sein Herz, so erquicke sein Herz!

 

Die Einleitung ist lang, und die Sängerin muß in unangenehmer Tessitura sehr wohlüberlegt und deutlich phrasieren, damit es nicht deklamatorisch klingt: manchmal singt man hier eher Melodiebruchstücke.

Für die Mühe wird man belohnt, wenn man die Conclusio singt: „Ist auf Deinem Psalter…“vereint Alt und Männerchor und ist pure Wonne, eine ungemein tröstliche Melodie, die mit zum Schönsten gehört, was Brahms geschrieben hat.

Ich habe dieses Kleinod selbst einmal in den frühen 2000er Jahren in Chisinau mit Symphonieorchester und Chor gesungen und erinnere mich noch dankbar an das Erlebnis.

In diesem Ausschnitt singt Kathleen Ferrier, deren Interpretation meiner Meinung nach unübertroffen ist:

https://www.youtube.com/watch?v=P7S162WFNI8

Grüße!

Honoria Lucasta

Liebe Honoria,

In der Tat ein sehr bezwingendes Stück, von dem ich nun die erste Hälfte gehört habe, Jetzt lässt allerdings meine Aufmerksamkeit nah weil ich doch vom Laufen heute müde geworden bin. Ich kenne die großartige Kathleen Ferrier schon von den Kindertotenliedern Mahlers, die sie mit Bruno Walter und den Wiener Philharmonikern eingespielt hat. Ich werde morgen weiterhören.

Liebe Grüße nach Temeswar

Willi????

Liebe Honoria,

wie gut ich dich verstehe, die Alt-Rhapsodie von Brahms ist in meiner Erinnerung eingebrannt. Ich habe sie 1996 mit dem Bonner Orchesterverein und der Mucher Konzertgemeinschaft im Sülztaler Dom, Immekeppel und in Much gesungen. Leider gibt es nur eine Kassette davon, wie es früher üblich war.

Brahms gewährt hier einen der seltenen Einblicke in das Gefühlsleben des sonst so verschlossenen Komponisten. Im Sommer hatte ihm Clara Schumann die Verlobung ihrer Tochter Julie mit einem italienischen Grafen mitgeteilt und sich gewundert, wie verhalten, ja betroffen Brahms reagiert. Niemand, nicht einmal Julie selbst, hatte etwas von der stillen Zuneigung des damals 36-Jährigen geahnt. Seine Enttäuschung fand den Gleichklang in Goethes „Harzreise im Winter“, die aus der Begegnung des Dichters mit einem einsamen und verzweifelten jungen Theologen entstand. In Brahms Vertonung wird das Fragment „Aber abseits, wer ist’s?“ zum kaum verhüllten Selbstportrait, zum Ausdruck seelischen Schmerzes, der schließlich in der Musik Trost sucht.

Nach den beiden Konzerten fiel ich in ein tiefes Loch. Es hat mich seelisch sehr mitgenommen und ganz tief mein Herz berührt.

Kathleen Ferrier ist eine meine Lieblings-Altistin aus der Vergangenheit, ich stelle sie heute gleich mit Natalie Stutzmann.

Willi erwähnte die Kindertotenlieder von Mahler, die ebenso tief in die Seele einschneiden und wenn man sie singt, viel Kraft benötigen.

Dazu der link zum Beitrag „Kindertotenlieder“ https://troubadour-forum.de/foren/thema/mahler-gustav-kindertotenieder/

musika

 

Hallo

Ich bin mir nicht sicher, ob dieses Stück tatsächlich unter unsere Überschrift „Kunst- und Orchesterlieder“ passt. Den B eitrg habe ich vor einiger Zeit bereits bei den allgemeinen Liedbesprechungen gepostet.
Ich denke aber, es passt zu der Themenstellung, die Du Willi gewählt hast.
 
Die „Ballade vom Haideknaben Opus 122/1“ von Robert Schumann ist ein Melodram, ein Deklamationsstück. Die pianistische Begleitung der rezitierten Ballade von Friedrich Hebbel (1813-1863). Es war die dritte Komposition dieser Art, die Schumann 1853 in Folge schrieb. Er widmete sie dem Komponisten Carl Debrois van Bruyk, der Schumann zu diesem Stück inspirierte.
Schumann und Hebbel waren sich 1847 persönlich begegnet. Hebbel besuchte ihn in Dresden, war allerdings verwundert, weil Schumann während des Treffens wohl nur geschwiegen hatte. Dieser hingegen fühlte sich geehrt, wie er in sein Tagebuch schrieb.
 
Fischer-Dieskau bewertet die Entscheidung für das Melodram – also für das Wort – als Kapitulation. Sozusagen als Flucht aus der Spannung, Wort und Ton in Einklang zu bringen. Für mich hängt die Bewertung davon ab, ob er die Komposition vom Lied her dachte oder in erster Linie ein Werk für Klavier, das programmartig angelegt ist, zu schaffen beabsichtigte.
 
Eine schaurige Moritat, in der ein Traum von Habsucht und Tod zur Realität wird.
BALLADE VOM HAIDEKNABEN
Der Knabe träumt, man schickte ihn fort
Mit dreißig Thalern zum Haideort,
Er ward drum erschlagen am Wege
Und war doch nicht langsam und träge.
 
Noch liegt er im Angstschweiß, da rüttelt ihn
Sein Meister und heißt ihn, sich anzuziehn
Und legt ihm das Geld auf die Decke
Und fragt ihn, warum er erschrecke.
 
„Ach Meister, ach Meister, sie schlagen mich tot,
Die Sonne, sie ist ja wie Blut so rot!“
„Sie ist es für dich nicht alleine,
Drum schnell, sonst mach’ ich dir Beine!“
 
„Ach Meister, mein Meister, so sprachst du schon,
Das war das Gesicht, der Blick, der Ton,
Gleich greifst du“—zum Stock, will er sagen,
Er sagt’s nicht, er wird schon geschlagen.
 
„Ach Meister, mein Meister, ich geh, ich geh,
Bring’ meiner Mutter das letzte Ade!
Und sucht sie nach allen vier Winden,
Am Weidenbaum bin ich zu finden!“
 
Hinaus aus der Stadt! Und da dehnt sie sich,
Die Haide, nebelnd, gespenstiglich,
Die Winde darüber sausend,
„Ach, wär’ hier ein Schritt, wie tausend!“
 
Und alles so still, und alles so stumm,
Man sieht sich umsonst nach Lebendigem um,
Nur hungrige Vögel schießen
Aus Wolken, um Würmer zu spießen.
 
Er kommt ans einsame Hirtenhaus,
Der alte Hirt schaut eben heraus,
Des Knaben Angst ist gestiegen,
Am Wege bleibt er noch liegen.
 
„Ach Hirte, du bist ja von frommer Art,
Vier gute Groschen hab’ ich erspart,
Gib deinen Knecht mir zur Seite,
Daß er zum Dorf mich begleite!
 
Ich will sie ihm geben, er trinke dafür
Am nächsten Sonntag ein gutes Bier,
Dies Geld hier, ich trag’ es mit Beben,
Man nahm mir im Traum drum das Leben!“
 
Der Hirt, der winkte dem langen Knecht,
Er schnitt sich eben den Stecken zurecht,
Jetzt trat er hervor—wie graute
Dem Knaben, als er ihn schaute!
 
„Ach Meister Hirte, ach nein, ach nein,
Es ist doch besser, ich geh’ allein!”
Der Lange spricht grinsend zum Alten:
Er will die vier Groschen behalten.
 
„Da sind die vier Groschen!“ Er wirft sie hin
Und eilt hinweg mit verstörtem Sinn.
Schon kann er die Weide erblicken,
Da klopft ihn der Knecht in den Rücken.
 
„Du hältst es nicht aus, du gehst zu geschwind,
Ei, Eile mit Weile, du bist ja noch Kind,
Auch muß das Geld dich beschweren,
Wer kann dir das Ausruhn verwehren!
 
Komm, setz’ dich unter den Weidenbaum
Und dort erzähl’ mir den häßlichen Traum,
Ich träumte—Gott soll mich verdammen,
Trifft’s nicht mit deinem zusammen!“
 
Er faßt den Knaben wohl bei der Hand,
Der leistet auch nimmermehr Widerstand,
Die Blätter flüstern so schaurig,
Das Wässerlein rieselt so traurig!
 
Nun sprich, du träumtest—„Es kam ein Mann—“
War ich das? Sieh mich doch näher an,
Ich denke, du hast mich gesehen!
Nun weiter wie ist es geschehen?
 
„Er zog ein Messer!“—War das, wie dies?—
„Ach ja, ach ja!“—Er zog’s?—„Und stieß—“
Er stieß dir’s wohl so durch die Kehle?
Was hilft es auch, daß ich dich quäle!
 
Und fragt ihr, wie’s weiter gekommen sei?
So fragt zwei Vögel, sie saßen dabei,
Der Rabe verweilte gar heiter,
Die Taube konnte nicht weiter!
 
Der Rabe erzählt, was der Böse noch tat,
Und auch, wie’s der Henker gerochen hat,
Die Taube erzählt, wie der Knabe
Geweint und gebetet habe.
 
Wir hören Dietrich Fischer-Dieskau, der von Burkhard Kehring unterstützt wird.
 
Gruß Wolfgang

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