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Händel – Messias: Die "Trebles" machen den Unterschied

Das Werk ist zweihundertundachtzig Jahre alt und dennoch unverwüstlich – sozusagen. Ich spreche hiervon:

Unter den gefühlt hunderttausend Aufnahmen ist diese Interpretation momentan mein Favorit. Und das hat wenig bis nichts mit den Solisten zu tun, wohl aber mit dem „Choir of New College Oxford“ und dann auch mit der „Academy of Ancient Music“.

Dem auf „period-instruments“ spielenden Orchester gelingt unter der Stabführung von Edward Higginbottum eine feine orchestrale Darbietung von Händels Meisterwerk. Aber der Chor, und das wird bereits auf dem Cover erklärt: „1751 version“, ist das für mich ins Ohr fallende Wunder. Der Hinweis auf eine im Jahre 1751 von Händel erneut vorgenommene Bearbeitung des „Messiah“ bedeutet nichts anderes, als dass die Soli- und Chor-Soprane und Chor-Alte wegfallen und durch Knabensstimmen ersetzt wurden und das die Solo-Alt-Partie den Fähigkeiten von Händels Alt-Kastraten Gaetano Guadagni angepaßt wurde, was heißen soll, dass der Komponist dem Sänger brandneue Fassungen geschrieben hat. Hier ist der Austausch der Frauen- zugunsten der Knabenstimmen ein Beweis für die bessere Wahl – meine ich.

Und das lässt mich daran denken, dass Händel das Oratorium 1741 innerhalb von 24 Tagen komponiert, es aber immer wieder – mal mehr, mal weniger stark – bearbeitet hat. Er hat also nie aufgehört, an seinem Opus zu arbeiten.

Händels Librettist, Charles Jennens, war zunächst Feuer und Flamme, als er seinen auf Bibelzitaten beruhenden Text dem Komponisten zukommen ließ; und er war überzeugt, dass „er sein ganzes Genie“ einsetzen und mit diesem Werk alle seine Oratorien übertreffen werde. Umso enttäuschter war Jennens, als er das Ergebnios gehört hat (und bewies damit, von Musik wenig Ahnung zu haben):
Sein Messias hat mich enttäuscht, maßen in großer Hast gesetzet ist, wo er doch gesagt hat, dass er ein Jahr daran arbeiten & ihn zum besten seiner Werke machen wollte. Ich werde ihm jedenfalls keine Heiligen Worte mehr in die Hand geben, dass er sie also missbrauche.

Ich weiß nicht, was Jennens sagen würde, wenn er die heute erhältlichen Aufnahmen sehen und vielleicht auch selektiv hören würde. Wären die früheren großformatig-symphonischen Einspielungen seine erste Wahl? Oder vielleicht doch die sich an der „Historischen Aufführungs-Praxis“ orientierten? Angesichts der in der Mitte des 18. Jahrhunderts üblichen Praxis denke ich, dass es eher die Aufnahmen der HIP-Formate wären. Und ich könnte mir denken, dass die hier besprochene NAXOS-Produktion ganz oben stehen würde.

Was die Solisten betrifft, haben die drei eingesetzten Knabensoprane (Henry Jenkins, Otta Jones, Robert Brooks) die Nase vorn. In der Trackliste werden sie bei ihren Einsätzen genannt. Und sie singen mit deutlicher Aussprache und klarer Tonfärbung – wobei ich zwischen den drei „Trebles“ keinen wensentlichen Unterschied erkennen kann. Dieses Lob kann ich dem als Bassisten genannten Eamonn Dougan nicht geben. Stimmlich ist er für mich kein Bass, höchstens ein Bariton – ihm fehlt die manchmal notwendige Tiefe. Mit dem Countertenor Iestyn Davies und dem Tenor Toby Spence habe ich diese Probleme nicht, halte mich aber mit einer näheren Beurteilung bewusst zurück, weil ich noch einmal oder auch mehrmals in die Aufnahme hineinhören muss.

Eine bei mir neue Aufnahme mit viel Potenzial…

 

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