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Helge Rosvaenge – der Star meiner Jugend

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Helge Rosvaenge war mein erster „Star“, den ich erleben konnte, live, und das in 4 verschiedenen Rollen, und das in Gera von 1957 bis 1961. Als Manrico, Herzog, Canio und als Richard im Maskenball.

Nie werde ich die Erinnerung daran verlieren, wie ich im Dezember 1957 mit Gipshand (ich hatte beim Fußballspielen den kleinen Finger der rechten Hand gebrochen) im 2. Rang in der vorletzte Reihe des ausverkauften Geraer Theaters saß (damals hatte das Haus noch rund 1200 Plätze). Die Karten hatte mein Opa besorgt, der dafür stundenlang anstehen mußte, bei Schnee und Kälte, die Karte kostete trotz Gastspielpreis nur 2,00 DDR-Mark, die besten Plätze laut meiner Erinnerung 16,00 Mark! Meine Mutter hatte mir ihr altes, halb blindes Opernglas gegeben. Und ich war aufgeregt. Rosvaenge war mein absoluter Radioliebling, ich hatte alle Radio-Programmzeitschriften studiert, um ja nicht zu verpassen, wann er sang. Gerade die Stretta aus dem Troubadour war meine Lieblingsarie – und nun sang dieser Rosvaenge diese Oper in Gera!! Ich kenn heute noch die Namen aller anderen Sänger, aber die kennt niemand mehr. (Leonore – Anneliese Schubert-Neuhaus, Luna – Alexander Toth, Ferrando – KS Erhard Groß, Azucena – Gertrud Magnus, Dirigent – GMD Ernst-Albrecht Reinhard).

Mit nassen Händen wartete ich, daß Ferrando endlich fertig ist, und auch die Arie der Leonore nahm kein Ende. Doch dann aus dem Hintergrund „Einsam steh ich, und verlassen“ – er, Rosvaenge!

Dann kam er raus, ein kleines, zierliches Männchen, aber mit einer gewaltigen Ausstrahlung. Riesenapplaus zur Begrüßung. Das Terzett allererste Sahne. Im Azucena-Akt war er dann voll da, es wurde mir eiskalt auf dem Rücken, da auch die Zigeunerin  hervorragend war. Die ganze Vorstellung war prickelnd, voller Spannung. Dann kam der Höhepunkt. „Daß nur für Dich mein Herz erbebt“ und danach die Stretta „Lodern zum Himmel“. Der ganze Saal sprang danach auf, Bravos wie im Opernfilm. Er mußte Da capo singen, und auch danach hörte das Publikum erst auf zu jubeln, als der eiserne Vorhang heruntergelassen wurde. Ich (und sicher auch die Mehrzahl der Besucher) merkte nicht, daß die Stretta einen halben Ton nach unten transponiert wurde. So teilte es die damalige Korrepetitorin Gesine Wedel mir später mit. Und auch nach dem nicht enden wollenden Schlußapplaus mußte der eiserne Vorhang nochmals herabgelassen werden als Aufforderung, mit dem Klatschen aufzuhören. Ich brauche nicht zu betonen, daß die Inszenierung damals superklassisch war. Das Zigeunerlager war ein Zigeunerlager, Azucena war der Prototyp einer Zigeunerin usw. Ich war schweißnaß, habe gewünscht, der Abend solle nie zu Ende gehen. Ging er aber doch. 

Ich lief in der Kälte 3 km nach Hause, und ich fror nicht, mir war heiß. Und ich sang auf dem Heimweg lautstark die Stretta, ich glaube, die Passanten haben mich für einen Irren gehalten.

So etwas habe ich nie wieder erlebt (auch nicht in den nachfolgenden Rosvaenge-Gastspielen). Bis heute nicht, und das wird auch nie wieder kommen. Schade. Nur die Erinnerung bleibt.

wird fortgesetzt…..

Herzlichst Sir Morosus

Helge Rosvaenge als Herzog von Mantua

Nach dem Troubadour 1957 kam im Herbst 1958 Rigoletto auf die Geraer Bühne. Hier mußte ich ja nicht so lange warten, bis er kam. Sein „Freundlich blick ich auf diese und jene“ ist ja praktisch die Eröffnung der Oper. Und wieder sag ich – er kam, er sah, er siegte. Die Bühne gehörte ihm! Im 2. Bild hat ja der Rigoletto seine großen Auftritte, in „Gleich sind wir beide“ und den Duetten mit Gilda. Wir hatten einen extrem guten Bariton, den Ungarn Sandor (Alexander) Toth. Er ließ kurz den Herzog vergessen, aber als dieser der Gilda ins Wort fiel bei „…..ich liebe Dich“, da klopfte das Herz wieder. Vielleicht auch, weil ich 16 Jahre alt war und wir damals romantischer veranlagt waren als die 16-jährigen heute. Es darf ruhig gelächelt werden! Im 3. Akt dann wieder ein großer Auftritt „Sie wurde mir entrissen“ bis zum parademäßig sitzenden hohen Ton beim Abgang. Naja, jeder kennt`s , dann wieder Sandor Toth mit seinem „Lala,Lala..“ und im Duett mit dem Töchterchen bis zum Racheschwur, da war Rosvaenge durch die Macht der Musik etwas weg.

Aber dann der letzte Akt. Im Quartett „Als Tänzerin erschienst Du mir..“ , da glänzte er wieder, und auf sein „Oh wie so trügerisch“ haben alle gewartet. Er sprang trotz seiner damals 61 Jahre auf den Tisch, zückte seine Spielkarten und machte Kartentricks, sicher 1000mal gemacht, aber im Gedächtnis unverrückbar. Der Jubel war unbeschreiblich, natürlich mit da Capo. Der Rigoletto ist natürlich zuerst eine Baritonoper, der Schluß am Mincio-Fluß war zum Weinen traurig. Am Ende wieder stehende Ovationen. Unvergeßlich.

Herzlichst Sir Morosus

Canio in Gera

Wieder ein Jahr später, im Herbst 1959. Helge Rosvaenge als Canio. Voran natürlich die Cavalleria, die ich jetzt bei guter Besetzung dem Bajazzo vorziehe. Leider war damals in Gera die Besetzung beim Mascagni nicht so toll, ich habe kein Programm mehr, kenne aber noch immer die Namen (Martin Peleikis als Turiddu, Kammersänger Erhard Groß als Alfio, Eva Haßbecker als Santuzza und Gertrud Magnus als Mutter, Peleikis war der Schwachpunkt). Alles wartete auf die Pause, eigentlich dumm.

Der Prolog, wieder gesungen von Sandor Toth, einem Bariton mit einem Timbre, erinnernd an Walter Berry (seine Fans mögen mir verzeihen), brachte die Masse wieder zum Toben. „Das Spiel kann beginnen“, und der Applaus dröhnte so laut, daß Rosvaenge hinter der Bühnen gedacht haben mag – heute mußt Du Dich besonders anstrengen! Und das tat er dann. Schon sein „Scherzet immer“ ging ins Blut. Das Vogellied der Nedda (Annelies Schubert-Neuhaus) – toll. Der Auftritt des sexuell erregten Tonio – ein Gedicht. Das Liebesduett mit Silvio (Georg Schulz) – herrlich. Eine Steigerung war kaum möglich. Denkste – Rosvaenge kam und zerstreute alle Zweifel, wer der Chef ist. Nach seinem „Lache Bajazzo“ taten einem die Hände weh vom Klatschen. Und nach seiner letzten Arie und Tonios „Geht ruhig heim, das Spiel ist aus“ kam der Applaus wie 2 Jahre zuvor im Troubadour erst nach dem eisernen Vorhang zum Stehen.

Es war, ist und bleibt mein bisher bester Bajazzo. Vielleicht ein bißchen verklärt in der Erinnerung, aber vor allem in den letzten Jahren habe ich nie wieder erleben können, wie die eigenen Vorstellungen von Bühnengeschehen, von Musik, von Kostümen und Bühnenbild mit dem Gesang übereingestimmt haben zu einem auch nach 62 Jahren unvergessenen Opernerlebnis. Wie hätte ich mir sonst die Namen der eigentlich unbekannten Sänger merken sollen. Dirigent war übrigens GMD Ernst Albrecht Reinhard.

Herzlichst Sir Morosus

Rosvaenge im Maskenball

Nun ist es das letzte mal, das ich Euch mit meinen kindlich-jugendlichen Erinnerungen traktiere. 1961 im Januar kam Rosvaenge  letztmalig nach Gera, diesmal als Richard im Maskenball. Eigentlich war und ist das nicht meine Lieblingsoper, aber der Name meines Lieblingssängers hat elektrisiert. Wieder mußte der Opa anstehen, ich war ja in der Schule, jetzt in der 12. Klasse, kurz vor dem Abitur. Vom Maskenball kannte ich nicht so viel. Die beiden Baritonarien, favorisiert mit Metternich, aber vor allem das Liebesduett, im Radio oft zu hören mit Rosvaenge und Hilde Scheppan. Ich habe mich manchmal dabei ertappt, daß ich vor dem Schlafengehen vor mich hingesungen habe „Ach wie die süßen Worte mit Wonne mich durchbeben“ oder „ach wie hab ich gekämpft und gerungen“. Ich glaube, vom Liebesduett (wie auch bei vielen Arien aus Troubadour, Rigoletto oder Bajazzo) kann ich den kompletten Text auf deutsch noch auswendig. Deshalb bin ich auch durchaus dafür, wieder einmal eine italienische Oper in deutsch zu hören, aber nicht mit den Felsenstein-Texten.

Kurz und gut, wieder den guten Anzug angezogen – das machte man damals und ich mache es auch heute noch – und bei Kälte ins Theater gelaufen. Natürlich volles Haus. Rosvaenge näherte sich dem 64. Geburtstag, und ich merkte, daß die Stimme zwar noch klar und kräftig, aber doch dunkler geworden war. Ein Schicksal aller Tenöre. Die Baritonarien brachte wieder unser Ungar Sandor Toth, und das Haus war hin. Das Liebesduett wurde zum letzten Höhepunkt meiner Erlebnisse mit Rosvaenge. Es war nicht nur sein letztes Gastspiel in Gera, er trat auch auf anderen Bühnen kürzer. Natürlich gab es Jubel, das Publikum war dankbar, daß ein für heutige Begriffe „Weltstar“ in Gera gesungen hat. Aber von allen 4 Gastspielen ist mir der Maskenball am wenigsten im Gedächtnis geblieben.

Natürlich waren es überall klassische, teilweise bombastische Bühnenbilder, waren es tolle Kostüme, hatte der Geraer Chor noch ca. 50 Sänger (heute 21), sodaß die 4 Chorfinales gewaltig toll ausfielen. Eine Ära ging für mich zu Ende, die mich geprägt hat, mein Interesse an der Oper nicht nur geweckt hat, sondern vertieft. Und es hat Erwartungshaltungen bei mir erzeugt, die in den letzten 30 Jahren immer mehr enttäuscht wurden. Fazit – ich gehe kaum noch in die Oper, sondern bevorzuge jetzt Konzert. Dabei würde ich liebend gern wieder einmal eine italienische Oper sehen, so wie ich es in den 50-er Jahren erleben durfte. Wer denkt nicht ab und zu mal an seine erste Liebe! Aber das ist vorbei. Rosvaenge ist tot, aber seine Platten und CD sind geblieben. Er war für mich immer meine Nummer 1!!!

Herzlichst Sir Morosus

PS biographisches folgt!

Lieber Sir, 

Rosvaenge sehen wir ähnlich. Absolut richtig ist, dass es ein absoluter Verlust ist, bei Tschechisch und Ungarisch ist es sogar für uns Deutsche blödsinnig, wenn nicht auch in deutscher Sprache gesungen wird. Wir werden im Forum gelegentlich ein engagiertes Plädoyer für das Singen in deutscher Sprache einstellen.

Herzlichst 

die Sängerfreunde

 

 

Werter Sir,

ich habe leider nicht das Glück gehabt, Helge Rosvaenge in Opernpartien zu sehen.  Das ist an mir vorbeigegangen – leider.  Denn es gab noch Troubadur-Vorstellungen mit Rosvaenge und Terkal.  Aber ich war damals noch zu sehr auf Operette fixiert.

Aber ich hatte die Freude, ihn als Sou-Chong im „Land des Lächelns“ mehrfach zu hören.  In der Volksoper und im Theater an der Wien, wo eigentlich Giuseppe die Stefano singen sollte, aber mehrmals absagte, so dass H.R. ein „Dauereinspringer“ war.  Das Publikum, das zuerst enttäuscht war, bejubelte ihn letztendlich zu Recht.

Erich

Lieber Sir

Vielen Dank für Deine mit so viel Herzblut und Leidenschaft geschilderten Berichte. Es macht mir große Freude so etwas zu lesen. Ich finde es toll und kann Deine Begeisterung ganz genau verstehen, weil ich das ähnlich erlebt habe, wenn auch mit einem anderen Tenor – für Rosvaenge war ich in seiner aktiven Zeit noch zu jung – er ist mir aber durch mehrere Schallplatten ein Begriff, z. B. „Rigoletto“, die ich seit meiner Jugendzeit habe.  Ein damals älterer guter Bekannter erzählte mir, daß er Rosvaenge in seinen 60er Jahren in Zittau auch als Manrico erlebt hat. Nochmals herzlichen Dank für Deine Berichte. Übrigens, kennst, bzw. hast Du das Buch „Mach es besser, mein Sohn“? Wenn nicht, dann ist das ein heißer Tipp.

Herzlichst PavOro

Lieber PavOro,

 

als Student habe ich mir dieses Buch 1965 gekauft, gelesen und verborgt. Seitdem ist es weg, der Schuldner ist unbekannt verzogen und erfreut sich jetzt an einem geliehenen Buch, welches er nun als Eigentum betrachten kann. Der Teufel soll ihn holen!

Herzlichst Sir Morosus

Hallo Sir Morosus,

beim großen Urwaldfluss ist das Buch antiquarisch zu haben!

Viele Grüße

Amina

 

 

Danke für die Zuschriften. Und Danke liebe amina. Werde den großen Urwaldfluß anfliegen. 

Herzlichst Sir Morosus

Sir,

was für mitreißende Erinnerungen an einen der Tenor-Helden meiner Jugend – wobei er schon lange tot war, als ich zum ersten Mal eine Aufnahme von ihm hörte.

Ein örtliches Lampen-, Küchengeräte-, Radiogeschäft hatte vor dem Ladenlokal immer eine Grabbelkiste mit Langspielplatten zum reduzierten Preis – 6 DM! Sehr günstig. Da schaute ich regelmäßig durch und fand eines Tages eine LP mit der Aufnahme von Giordanos „Andrea Chenier“, mit der Besetzung Rosvaenge/Heidersbach/Domgraf-Fassbender aus dem Jahr 1942. Seit dem ersten Hören dieser Aufnahme war und bin ich Rosvaenge-Fan. Ich mußte die Musik längere Zeit entbehren, als alle Schallplattenspieler wie auf kollektive Anordnung entsorgt wurden. Irgendwann gab es dann eine CD, und ich war wieder im Stande der Hörenden. 

Diese Aufnahme hat ja eine Geschichte – darüber schreibe ich ein andermal. Aber Rosvaenge allein lohnt schon alle Lobpreisungen. Wie er die erste Chenier-Arie „Den Blick hatt‘ ich einst erhoben zum Sonnenhimmel“ singt, läßt mich alle weiteren Sänger dieser Arie – das heilige Dreigestirn PavDomCar eingeschlossen- als nachrangig betrachten (was nicht richtig ist,mich sag’s jetzt aber doch mal…). Und alles weitere ist ebenso spitzenmäßig. 

Ich habe später noch viele Aufnahmen von Rosvaenge gekauft, und er ist immer brilliant, weil er immer ganz da und dabei und mit einer begnadeten Stimme ausgestattet ist; an den Andrea Chenier kommt aber nichts heran.

Grüße!

 

Honoria Lucasta

 

Sehr geehrte Honoria,

ich bin hocherfreut, noch einen Rosvaenge-Fan begrüßen zu dürfen. Meinen Plattenspiele hatte ich nicht entsorgt, aber Platten waren in der DDR auch Bück-Dich-Ware. Bis heute höre ich auf meinem Plattenspieler – angeschlossen an ein Bose-Gerät – seine einzige mir von ihm verbliebene Amiga- Platte „Große Sänger der Vergangenheit – Helge Rosvaenge“ regelmäßig. Natürlich besitze ich- obwohl kein großer Sammler – etliche CD mit Arien und Opernquerschnitten von ihm. Und das Internet ist unerschöpflich.

Neben den auch von mir besonders geschätzten „Andre“ ist auch die „Margarete“ mit dem tiefschwarzen Georg Hann als Mephisto für mich ein Juwel, und das „Liebesduett „Ich bin Dir nah“ aus dem Maskenball steht auch oft auf meinem Programm. Er hat ja sogar den Bacchus in der Ariadne gesungen. Besonders mag ich sein „Di rigori armato“ aus dem Rosenkavalier. So kraft- und glanzvoll wie er singt das kein Anderer. Und er hat noch etwas Besonderes: Seine Stimme ist unverwechselbar, durch Stimmumfang, durch die Modulation, aber auch durch seine langgezogenen Vokale. Mancher mags nicht, aber vor 60-80 Jahren hat man anders gesungen als heute, galten andere Ideale. Außerdem sind er und ich stark berufsverwandt (nicht als Sänger, er und ich haben Chemie studiert, wenn auch mit unterschiedlichem Abschluß)

Herzlichst Sir Morosus

Nun komme ich endlich dazu, die biographischen Eckdaten des „Stars meiner Jugend“ einzustellen.

Helge Rosvaenge wurde am 27.08.1897  als Helge Anton Rosenvinge Hansen in Kopenhagen geboren. Er studierte in Kopenhagen an der TH mit Abschluß als Chemie-Ingenieur. Sein Gesangstalent wurde früh entdeckt, er nahm privat Gesangsunterricht und hatte 1921 Mut, sich am Theater Neustrelitz zu bewerben, und Neustrelitz hatte den Mut einen 24-jährigen völlig unbekannten Dänen als Don Jose in der Carmen zu präsentieren. Schnell wurde in Fachkreisen bekannt, daß er mehr als nur ein Talent war. Bereits 1 Jahr später wurde er in Altenburg/Thüringen engagiert, nach zwei weiteren Jahren folgte schon Basel und danach Köln. Bereits 1927 verpflichtete ihn die Wiener Staatsoper als Don Jose, und ab 1929 war er fest an der Staatsoper Berlin engagiert. Ab 1930 war er in Berlin und Wien fest engagiert, blieb diesen führenden Opernhäusern treu und entwickelte sich zu einem der führenden Tenöre im italienischen Fach.

Sehr schnell war er Gast an den großen europäischen Opernhäusern und erweiterte sein Repertoire auf über 120 Rollen, besonders in italienischen und französischen Opern. Er sang auch oft in  Operetten und  Oratorien. Er scheute sich nicht, auch kurzfristig für erkrankte Kollegen einzuspringen, 200 Auftritte im Jahr waren für ihn keine Seltenheit. Dabei reichte sein Spektrum vom Chapelou (Postillion von Lonjumeau) mit dem berühmten hohen „D“ bis zum Florestan, vom Tamino bis zum Parsifal (1934 und 1936 in Bayreuth). Seine Vorliebe galt aber der italienischen Oper, der Manrico, Kalaf, Andre Chenier, Canio, Herzog, Alfred uva., oft zusammen mit Maria Cebotari und Heinrich Schlusnus.

Während der NS-Zeit trat er auch auf Propaganda-Veranstaltungen auf, er war Gast bei Görings Hochzeit und wurde in die „Gottbegnadetenliste“ aufgenommen, die ihn vor einer Einberufung schützte. Nach 1945 blieben Engagements in Deutschland aus, er arbeitete wieder in seinem Beruf als Chemie-Ingenieur und begann biographische Bücher zu schreiben, z.B. „Lache Bajazzo“ und später „Mach es besser mein Sohn“ (1962). 1946 beging er sein 15-jähriges Bühnenjubiläum in Las Palmas als Turiddu.

1948 setzte er seine Karriere in der Schweiz fort und bekam auch wieder Auftritte in Wien, Berlin und Salzburg. 1958 kam es in Wien zu Auseinandersetzungen mit Herbert von Karajan, der Opernaufführungen ausschließlich in der Landessprache durchsetzen wollte und das auch schaffte. Rosvaenge hat alle seine Rollen in deutscher Sprache einstudiert und war nicht bereit, sich auf italienisch umzustellen. Es kam zum Bruch mit Wien, er wurde aber bei mehreren Galakonzerten im Wiener Konzerthaus 1958 – 1961 triumphal verabschiedet. Die Wiener liebten ihn.

Lange Zeit blieb er der Staatsoper Berlin verbunden und gab Gastspiele in Deutschland auch an kleineren Häusern. Er wohnte zeitweise in Birkenwerder bei Berlin und in München. Hier verbrachte er die letzten Jahre seines Lebens als Gesangslehrer. Er starb am 19.06.1972 in München.

Sir Morosus

 

Liebe alle,

ich habe heute auf cueTV eine halbstündige Dokumentation über Rosvaenge gesehen – es war eine Folge aus der Reihe „BelCanto – Tenöre der 78er Ära“, die vor längerer Zeit auch mal im deutschen Fernsehen lief. Jürgen Kesting, der ausgewiesene Stimmexperte, kommentiert Film- und Bühnenaufnahmen der großen Sänger, neben anderen Erinnerungen von Zeitzeugen oder Familienmitgliedern.

Über Rosvaenge und dessen bisweilen spezielle Art des Singens spricht Kesting für seine Verhältnisse fast wohlwollend. 

Man kann die Sendung hier aufrufen: https://www.cuetv.online/documentary-helge-rosvaenge-bel-canto-the-tenors-of-the-78-era-various-composers-pars-media-2016 – ich weiß allerdings nicht, ob das eine Bezahlsendung ist oder nicht. Die Dokumentation lief einst auch in der ARD.

Grüße!

Honoria Lucasta

Liebe Honoria,

die BelCanto-Reihe habe ich auch gesehen, und natürlich auch den Rosvaenge-Beitrag, was für einen seiner Fans selbstverständlich war. Kesting hat ja nicht immer lobend über seine „Opfer“ gesprochen, wobei das immer seine persönliche Meinung war. Auch in seinen Büchern steht seine Meinung nicht immer für den Geschmack des Publikums, wie Gesang aller Gattungen immer Befürworter und Gegner finden wird. Ich weiß auch, daß Rosvaenge mit seiner Eigenschaft, manche Vokale in die Länge zu ziehen und auch mit seinem doch recht breiten Vibrato nicht jedermanns Liebling ist. Trotzdem oder gerade deshalb war ich erstaunt, daß er bei Kesting relativ gut abgeschnitten hat. Gefreut hat es mich auf jeden Fall.

Herzlichst Sir Morosus

Esteemed Sir,

beim Nachlesen der Beiträge und Nachhören mancher Musikbeispiele kommen dann doch noch ein paar Gedanken… 

Wenn Rosvaenge singt, kann ich den Text mitschreiben. Die Textverständlichkeit wird mglw. ein wenig durch die technischen Bedingungen der Aufnahme unterstützt, aber sei’s drum: singt man nicht extrem deutlich, kann man es auch nicht annähernd so klar hören. 

Ist das ein Effekt -unkorrekten?- Singens? War das nur damals so? Warum singt man heute nicht so deutlich wie Rosvaenge?

Grübelnde Grüße

Honoria Lucasta

Liebe Honoria,

auch ich kann nur bestätigen, daß die Textverständlichkeit im Laufe der Zeit deutlich nachgelassen hat. Das trifft nicht nur auf Sänger zu, auch im Sprechtheater waren die Akteure früher besser zu verstehen als heute. Und das besonders im Fernsehen. Was da genuschelt und dann als große Kunst verkauft wird, das zwingt mich oft genug zur Arbeit mit der Fernbedienung, auch bei synchronisierten Filmen neueren Datums.

Ich bin ja nicht vom Fach, aber das ist sicher manchem Regisseur zu verdanken, aber ganz bestimmt auch der Stimmbildung an unseren Musik- und Theaterhochschulen. Wir werden es nicht mehr ändern können. Aber die Fernbedienung bleibt uns ja als Lösung.

Nachgedanke – warum sehe ich nur die Inszenierung mit Gründgens und Quadflieg an, wenn mir mal nach Faust I zumute ist?

Herzlichst Sir Morosus

Liebe Honoria Lucasta, lieber Sir,

es ist richtig, dass heute die Artikulation, die Verständlichkeit und die Sprachkultur in allen Formen des Theaters sträflich vernachlässigt wird. Wahrscheinlich wird unter dem Motto: Bei hohen Lagen versteht man sowieso nichts und es gibt ja die Untertitel die Sprecherziehung an den Musikhochschulen vernachlässigt. Das Problem wird durch die internationalen Sängerbesetzungen noch verstärkt. Das Regiekonzept und die „genialen“ Einfälle des Regisseurs sind weit wichtiger als der Text. Die Einheit von Musik, Text, Darstellung, Kostümen und Bühnenbild spielt oft keine Rolle mehr. Erst wenn diese Gesamtheit wieder als wichtig erkannt und gefordert wird kann eine Änderung eintreten. Es gibt durchaus hoffnungsvolle Ansätze z. B. an der MET in New York. Auch wir im Forum haben die Verpflichtung auf Defizite ständig hinzuweisen. Deshalb gehen die beiden vorstehenden Beiträge in die richtige Richtung.

Es danken und grüßen die Sängerfreunde

 

 

 Sängerfreunde.

Liebe alle,

bei Durchsicht dieses Fadens sehe ich, daß eine der mitreißendsten Aufnahmen von Rosvaenge hier noch der Erwähnung harrt – nein, nicht eine, sondern es sind zwei, ehrlicherweise.

Da ist zunächst einmal Wolfs Feuerreiter https://www.youtube.com/watch?v=X8b8rpdgZ0s . Ich habe keinen Vergleich, weil ich nur Rosvaenges Aufnahme dieses grellen Werkes kenne; aber ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand Dramatik und Verzweiflung so überzeugend stimmlich darstellen kann wie der große Däne. 

Das ist die Aufnahme für die Intellektuellen, sozusagen.

Für Freunde der populäreren Musik gibt es eine -man verzeihe den unmöglichen Superlativ ? – noch idealere Aufnahme: diese hier

https://www.youtube.com/watch?v=EGAKTwc0b5Q

Künnekes Ballade vom Leben des Schrenck, aus seiner Operette „Die große Sünderin“, die wahrscheinlich niemand mehr kennt außer der lieben Musica. Ich muß gestehen: das Lied nimmt mich immer mit. „Und finde ich ehrlichen Reitertod, oder sterbe ich auf dem Schaffott…“ – läuft es nicht jedem da kalt den Rücken hinunter?

Denn wir wissen ja, daß dies eine Anspielung ist, nämlich auf den Freiherrn von der Trenck, jenen Ordonanzoffizier des preußischen Königs, der wegen einer unterstellten Liebesaffäre mit dessen Schwester in der Glatzer Festung eingekerkert wurde. Ihm gelang die Flucht, er wurde wieder gefaßt und erneut eingekerkert, später bewirkte Kaiserin Maria Theresia seine Freilassung. Er führte ein etwas unstetes Leben, bis er in der Spätphase der Revolution nach Paris gelangte, dort unter dem Vorwurf der Spionage verhaftet und 1794 zwei Tage vor dem Sturz Robespierres guillotiniert wurde. Wahrscheinlich traf er im Gefängnis André Chenier, den Dichter, dessen Leben und Sterben Umberto Giordano vertonte… und, man lese ein wenig weiter oben, diese Oper wurde von Helge Rosvaenge 1942 in Berlin mit aufgeführt.

Also: es hängt wieder einmal alles mit allem zusammen, sozusagen.

Grüße!

Honoria Lucasta

Liebe Honoria Lucasta,

diese Schrenck-Arie liebe ich seit Jahrzehnten, sie ist nicht überbietbar. 

Aber – das Leben der Trencks – des deutschen und des österreichischen – sind beide auf ihre Art sensationell.  Es lohnt sich, in diese Zeit einzutauchen.

Erich

Ich erinnere mich noch daran, dass mir an Weihnachten etwa 1965 von meinem Vater die erste Vinylplatte geschenkt wurde. Eine 45er Platte mit Helge Roswaenge. Darauf: „Freunde, vernehmet die Geschichte“, „Ewig will ich dir gehören“, „Lache Bajazzo“ und „Scherzet immer“. Es wurde damals meine Lieblingsplatte und ich besitze sie heute noch. Leider gibt es kaum Filmaufnahmen von dem Sänger. Immerhin diese humorvolle:  

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Lieber Attila,

es gibt eine Operettenaufnahme mit ihm:  „Die lustige Witwe“ aus Bregenz, in der er den Baron Mirko Zeta singt.  Eine wunderbarer Film!

Erich

Schön, daß mein einstiger Lieblingstenor aus dem Schlaf geweckt wurde!! 

Ich muß zwei unbedeutende Einwände loslassen:

  • natürlich, liebe Honorica, kennt man den Feuerreiter, wenn er auch nicht mein Lieblingsstück ist. Aber gerade der Feuerreiter hat viel Lob bekommen von Gesangskritikern. Und ich glaube, wenn Du den „großen“ Dänen erwähnst – er war knapp 1,70 groß, dann meinst Du seinen künstlerischen Wert. Er machte diesen kleinen Mangel durch eine ungeheure Bühnenpräsenz mehr als wett (siehe meine ersten Beiträge in diesem Thread).
  • Wir sind mindestens 3 Kenner, die Rosvaenge als Schrenck auf Platte kennen. Und er ist phantastisch!

Herzliche Grüße von Sir Morosus

Lieber Sir Morosus,

Helge Rosvaenge verehre ich, seit ich in jungen Jahren im Saarländischen Rundfunk erstmals sein „Postillonlied“ gehört habe. Der Moderator war ein bekennender Rosvaenge-Fan. Über die Jahre habe ich viele seiner Aufnahmen in meine Sammlung aufgenommen, auch die vorstehend genannten.

Einen besonderen Platz nehmen dabei die Querschnitte des „Othello“ und „Andrea Chénier“  aus den frühen 40er Jahren ein, die seinerzeit auf BASF -LPs erschienen. Sein Othello und Chénier sind einfach grandios gesungen. In beiden Aufnahmen hatte er im übrigen kongeniale Partner (Maria Reining, Hans Reinmar im Othello, Käthe Heidersbach und Willi Domgraf-Fassbaender im Andrea Chénier). Welch ein Sänger, welch eine Stimme!

Viele Grüße

Folco

Folco

Ich bin auch ein großer Fan von Helge Rosvaenge. Er sang immer schön im Körper. Bedauerlicherweise hat er ausländische, insbesondere italienischer Opern, immer nur in einer deutschen Übersetzung gesungen. Ich bin absolut für die Originalsprache. Vom „Feuerreiter“ gibt es zwei Aufnahmen mit Rosvange, am Klavier einmal Gerald Moore und das andere Mal Michael Raucheisen. Das sind beides tolle Aufnahmen. Aber die Einspielung mit Moore halte ich für absolut die beste. Da ist ungemeines Feuer, eine große Hitzigkeit und eine fulminante Dramatik zu spüren. Diese Aufnahme geht viel mehr unter die Haut als die von Raucheisen.

Herzliche Grüße

Lustein

Lieber Lustein, 

in einem Diskussionsforum das sich mit Oper, Operette, Lied und Gesangskunst beschäftigt ist es erforderlich, ja sogar notwendig , selbst einem anerkannten  Fachjournalisten  zu widersprechen, wenn man anderer Meinung ist.

Im Falle der Gesangskunst sind wir einig Helge Rosvaenge war und ist ein Ausnahmetenor bis heute geblieben.

Widerspruch gibt es  zum absoluten Gebot in der Originalsprache zu singen. Bei bekannten italienischen Opern ist das durchaus angebracht, weil die populären Werke  auch der nur gelegentliche Opernbesucher kennt und die bekanntesten Arien auch im Ohr hat. Bei slawischen Sprachen empfinden wir dies direkt kontraproduktiv. Rein zufällig waren  wir gestern im Heilbronner Theater bei einem Gastspiel der Heidelberger Oper mit Rusalka. Märchenhafte, gelungene Inszenierung mit interessanten, auch  modernen Ideen. Sängerische und musikalische Leistungen auf gutem Staatstheater-Niveau. Das einzige was störte war das Singen in Tschechischer Sprache. Die deutschen Obertitel waren nur  ein unbefriedigender, ablenkender Ersatz. Noch deutlicher wird dies in einer Oper wie der „Verkauften Braut“. Der ganze Witz zum Beispiel in der Verkauften Braut  im köstlichen  Duett Hans- Kezal „Komm mein Söhnchen auf ein Wort“ ist weg, wenn man kein Wort versteht. Die Oper verharrt leider in einem Elfenbeinturm  einer gebildeten Minderheit. Warum? Weil  erstmalige Opernbesucher und das ist oft die Jugend schon beim ersten Opernbesuch abgeschreckt werden, weil sie die Handlung nicht verstehen. Es gäbe noch eine Menge weiterer Argumente: Zum Beispiel, dass man in der Liebermann  Ära hervorragende Beispiele von glänzend übersetzten Opern hören konnte. Gott sei Dank sind diese Aufnahmen gerade auch wegen der Verständlichkeit der deutschen Sprache auf CD und DVD erhalten.

Wir können uns sicherlich näher mit folgender Ideallösung kommen: Opern sollten in  Original-Sprache, jedoch gleichzeitig auch in deutscher Übersetzung angeboten werden. Dieses Experiment wurde mit großem Erfolg bereits schon an verschiedenen  Musiktheatern gemacht. Kompromiss:  Originalsprache selbstverständlich ja – deutsche Sprache  dort wo für Verständlichkeit schwierig aber notwendigist.

Herzlich grüßen Ingrid und Hans die Sängerfreunde

Lieber Erich,

Weisst Du, man diesen Film „Lustige Witwe“ bekommen kann?

Liebe Sängerfreunde,

da wird keiner von uns seine Meinung ändern. Aber solche Kompromisse, wie ihr ansprecht, habe ich auch schon erlebt. In Karlsruhe gab es in den 1990er Jahren einmal eine Neuproduktion von Mozarts Cosi, die einmal in der italienischen Originalsprache, zum anderen aber auch in einer deutschen Übersetzung gegeben wurde. Weil mir einige Sänger gut gefielen, habe ich mir damals auch manchmal die deutschsprachige Aufführung angesehen, trotz einer hahnebüchenden Übersetzung. Eine andere Art des Kompromisses war es, bei italienischen Opern die Arien, Duette etc. in der Originalsprache zu singen, die Rezitative aber ins Deutsche zu übertragen. Diese Methode habe ich in Stuttgart bei der Seidenen Leiter und in Gießen beim Barbiere di Sivilla erlebt. Das war einigermaßen akzeptabel. Dennoch bin ich der Ansicht, jede Oper sollte in der Sprache gegeben werden, in der sie geschrieben worden ist. Auch der umgekehrte Fall ist denkbar, dass Opern, die in deutsch geschrieben sind, wie beispielsweise die Opern Wagners, in einer anderen Sprache gesungen werden. Da habe ich einige aussagekräftige CDs. Italienisch gesungene Aufnahmen von Parsifal, Lohengrin und Meistersingern sind für mich indiskutabel. Da passt musikalisch-stilistisch überhaupt nichts mehr. Wort und Musik gehen da einfach in keinster Weise zusammen. Und was die Verkaufte Braut angeht: Meine absolute Lieblingsaufnahme ist eine tschechisch gesungene Einspielung mit Peter Dvorsky und Gabriela Benackcova. Die ist nicht zu überbieten. Aber ich glaube, das wird ein ewiger Diskussionspunkt bei uns bleiben. Und Rosvaenge, der so viele italienische Partien gesungen hat, hätte ich so gerne mal in italienisch singen gehört. Die Einspielungen aus diesem Repertoire, die ich kenne, sind phantastisch gesungen, kranken aber unter einer fragwürdigen deutschen Übersetzung, glaube von Hermann Levi, der sicher ein besserer Dirigent als Übersetzer war.

Herzliche Grüße

Lustein

Lieber Lustein,

Rosvaenge hat auch italienisch gesungen, und wie gut:

http://www.youtube.com/watch?v=CWyMeKYFh7w

Allerdings vermag ich sein italienisch nicht zu beurteilen. Meines Wissens singt er auch die Arie des italienischen Sängers „Di rigori armato“ italienisch, und ebenfalls besonders gut,

Herzlichst Sir Morosus

Verehrter Sir,

liebe alle,

m.E. entsprechen die italienischsprachigen Aufnahmen Rosvaenges nicht seinem sonst dokumentierten sängerischen Niveau.

Er singt natürlich die jeweiligen Melodien so, wie er es im Deutschen auch tut. Das schließt eindrucksvolle Höhe ein da, wo sie hingehört, und ein inneres (hoffen wir mal…) Engagement, das ihn verläßlich ohne jegliches Zögern oder auch nur kurzzeitiges Ansetzen auch in höchste Höhen führt.

Man merkt aber, daß er das Singen auf Italienisch nicht gelernt hat – bei jemandem, der z.B. weiß, wie man Vokale manchmal ein wenig gegen den Strich singen muß, damit sie authentisch klingen. Und der ihn gelehrt hätte, Konsonanten eher als Sprungbrett denn als Boxenstop zu verstehen. Das ist für jeden Sänger, und für italienisch nicht muttersprachlich singende Künstler allemal, eine Sache der steten Übung; diese Übung hatte Rosvaenge nicht. Er mußte sie ja auch nicht erwerben, weil ihm in Deutschland niemand idiomatisches Italienischsingen abverlangte – so weit ging die Verbundenheit der Nazi-Machthaber mit dem Achsenpartner Italien eben nicht.

Eine kleine sympatische Besonderheit ist noch, daß wir in mancher halbverschluckten Endsilbe der Aufnahme von Kalafs Arie den Dänen sprachlich durchschimmern hören. 

Grüße!

Honoria Lucasta

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