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Troubadour-Forum für die Freunde der Oper, des Gesangs und der Klaviermusik

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Ich klage an

(Auszug aus dem Buch „Faszination Oper von Walter Herrmann, S.113)

Ich klage an!

Ich klage an: die Regisseure, die um ihres persönlichen Ruhms, ihrer oft maßlos überhöhten Gagen und ihrer zumeist negativen Lebenseinstellung willen Werke missachten, der Lächerlichkeit aussetzen, verfälschen und im tiefsten Grunde unverstanden auf die Bühne bringen.

Ich klage an: die Direktoren und Intendanten, die oft  ihre eigene – bessere – Überzeugung unterdrücken und verleugnen, um ein erhöhtes Echo in den Medien zu erzielen. 

Ich klage die Medien selbst an, die dieses gefährliche Tun, das für die Kunst keinen Fortschritt bringen kann, unterstützen.

Ich klage sie an im Namen ungezählter Opernfreunde, die Werke nicht mehr so hören können, wie ihre Autoren sie sich zweifellos gewünscht haben. Und im Namen der jungen Generation, die Opernwerke zum ersten Mal im Leben vernimmt und nicht ahnen kann, dass sie manchmal der Sensation zuliebe statt bewundernswerter Meisterwerke nur Fälschungen vorgesetzt erhält.“

Kurt Pahlen ( 1907 -2003) weltweit tätiger Dirigent und anerkannter Musikwissenschaftler, der über 4o Bücher zum Thema  Oper geschrieben hat.

 

In dem Buch: „Faszination Oper“ von Walter Herrmann sind noch eine ganze Reihe von belegten Aussagen von Künstlern über Regisseure drin. Die Sängerfreunde können  diese alle bringen. 

“Von zehn würde ich neun erschießen“ auf die  Frage, was sie von Opernregisseuren halte. Ich habe nie einen Regisseur gebraucht, In dem Moment, wo ich auf der Bühne war, war ich einfach die Person, die ich zu singen hatte.“

Christel Goltz („Die Presse)

Dazu sollte man wissen, dass Frau Kammersängerin Goltz eine passionierte Jägerin war.

Mich interessieren keine Regisseure, die die Bühne dazu benutzen, um ihre eigenen Probleme darzustellen und ihre oft narzisstischen Neigungen zu befriedigen. 

Lorin Maazel („Il Messagero“, 13. November 20o1)

Ein kluger Mann, der diesen Satz gesagt hat.

musika

Was zum Teufel ist mit den deutschen Theatern los? …. 
Woher rührt diese Sucht nach der Selbstdarstellung, der Wichtigtuerei, der Respektlosigkeit?….
Musik und Bühne generieren Diskrepanzen und Widersprüche, die leider zu dieser Vielzahl an grauenerregenden Inszenierungen führen, welche die moderne Opernwelt heimsuchen.

András Schiff in NEUE ZÜRICHER ZEITUNG vom 27.12.2014

Auf der Seite des Deutschlandfunks fand ich auch Ineressantes zu dem Thema, hier allerdings nur bezogen auf das Theater, was aber in der Sache an sich kaum einen Unterschied macht:

Ist die Regisseurin wichtiger als der Autor?

Regietheater gegen Werktreue, Interpretation gegen Text: Was auf die Bühne kommt, kann aus verschiedenen Gründen gar nicht immer genau das sein, was einst als Stück geschrieben wurde.

Dass der Regisseur oder die Regisseurin am Theater heute weitaus mehr gilt als der Autor oder die Autorin des Stücks, lässt sich allein an der Organisation des Theaterbetriebs festmachen. Regisseure – auch Regisseurinnen, doch ihr Anteil beträgt nur 30 Prozent – sind die Chefs der Produktion. Sie treffen die Entscheidungen: vom Bühnenbild übers Kostüm, der Besetzung bis hin zu dem, was wie auf der Bühne gesagt und getan wird. Hat sich eine Regisseurin oder ein Regisseur einen Namen erarbeitet, wählt sie oder er auch das Stück aus und streicht. Oder entwickelt den Stoff gleich selbst.
Diese Machtfülle geht oft auf Kosten der Autorinnen und Autoren. Bei den Berliner Autorentheatertagen – einem Festival des Deutschen Theaters, das dezidiert Dramatikerinnen und Dramatiker ins Zentrum stellen möchte – hat vor zwei Jahren der Regisseur Sebastian Hartmann vom neuen, prämierten Stück eines Autors nur Fetzen übrig gelassen. Dadurch wurde der Sinn derart verkehrt, dass der Abend nicht mehr Uraufführung genannt werden durfte. Das sorgte für Aufruhr. Doch Hartmann wurde für die Inszenierung sehr gelobt. Das Ergebnis zählt, sagten viele.

Eigentlich nur Organisator
Um zu verstehen, wie es zu dieser Machtfülle kam, muss man sich die Anfänge des Berufs ins Gedächtnis rufen. Den Regisseur, wie wir ihn heute kennen, gibt es erst seit gut einhundert Jahren. Davor waren es oft die Autoren selbst, die ihre Stücke mit Schauspielerinnen und Schauspielern probten. Der Regisseur war reiner Organisator. Man spielte die Stücke vom Blatt und war überzeugt, dass man „werktreu“ inszeniert. Ohne sich bewusst zu machen, dass ein Stück auf Papier umgesetzt auf der Bühne nur eine Interpretation darstellen kann. Die Aussage eines Stücks verändert sich, wenn der Hamlet 18 statt 30 Jahre jung ist, aufbrausend statt zaghaft. Es wird, solange es Menschen gibt, keine zwei identischen „Romeo und Julia“-Inszenierungen zu sehen geben.

Mit Max Reinhardt und Erwin Piscator hat sich der Beruf des Regisseurs in den 1920er-Jahren auch deshalb verändert, weil sich die Bühnentechnik mit Beleuchtung und Mechanik rasant entwickelt hat und zudem ein Bedürfnis nach realistischerer Darstellung entstanden war. Als Reinhardt die Schauspieler und alle Mittel auf eine einzige Interpretation verengte, sah man plötzlich eine große ästhetische Energie freigesetzt.

 
(Im Beitrag Nr. 5 wird leider nicht ersichtlich, wann Lorin Maazel diese Aussage gemacht hat,  zumal wir am 13. Juli schon an seinen 9. Todestag erinnern.)
 
Liebe Grüße
 
Willi????
 
 
 

Der Bereich wird durchaussagekräftige und belegte Beispiele sehr interessant. 

Es ist gut, dass so aufmerksam aufgepasst wird. Der Fehler in Beitrag 5 wurde von mir, Hans der Sängerfreund gemacht. Die Aussage von Lorin Maazel ist vom 13.November 2001. Wurde im Beitrag Nr. 5 sofort ergänzt.

Herzlichst 

Hans der Sängerfreund

Bedeutende Künstler mit Aussagen zur Situation des Musiktheaters

Wenn wir von dem Drang, alles neu machen zu müssen, so besessen sind,  dass wir ein Stück nicht mehr spielen lassen können, wie es konzipiert wurde  und in der dafür vorgesehenen Epoche, dann empfinde ich es als ein Armutszeugnis.

Thomas Hampson (Kurier)

Ingrid und Hans die Sängerfreunde empfinden es als ein gewisses Manko, dass die Anhänger moderner Inszenierungen sich nicht mit ähnlich belegbaren Beispielen für die Belange des Regietheaters einsetzen. Es ist ja ein Grundsatz unseres Troubadour- Forums, dass alle Meinungen, die in Form und Stil den  Forenregeln entsprechen, veröffentlicht werden. 

Treffender als Thomas Hampson hätte ich es auch nicht sagen können. 

Gerhard

Der größte Feind einer neuen Theaterentwicklung ist unsere Originalitätssucht; der Wunsch, neu zu sein um jeden Preis, auch um den Preis des Werkes, das wir zu interpretieren hätten

Gustav Gründgens

Dem großen Theatermann: Schauspieler, Schauspiel- und Opernregisseur wird wohl kaum einer unterstellen können, dass er nichts von der Materie verstanden hat, meinen Ingrid und Hans, die Sängerfreunde.

 

 

 

Gerade suche ich nach klassisch inszenierten Opern als Geschenk für Frau und Mutter, und schon finde ich endlich mal eine Diskussion dazu.

Ich kann mich hier nur anschließen – ich finde es ok, dass Theater auch neue Inszenierungen machen, solange sie dies kenntlich machen. Abartig finde ich, dass nahezu 100% der Aufführungen heute solch neue Inszenierungen sind. Als noch relativ frischer Opernliebhaber fühle ich mich der Chance beraubt, selbst entscheiden zu können

Liebe Troubadouri,

unsere Sängerfreunde erhielten den Link in einer Nachricht von Dieter Fuoß, ehemaliger Redakteur bei der EMI, der sehr interessant ist. Dieser Artikel macht im Moment die Runde auf facebook, ich möchte ihn hier gerne auf Wunsch von Hans einstellen.

Eine Warnung aus Bayreuth für die gesamte Opernwelt

30.06.2023 um 19:18 von Ioan Holender

Was hat es zu bedeuten, wenn die Wagner-Festspiele in Bayreuth nicht mehr ausverkauft sind? 

Der Autor

Ioan Holender (* 1935 in Timisoara, Rumänien) war von 1992 bis 2010 Direktor der Wiener Staatsoper.

„Das ist das Ende?“ Wotans Worte – leicht umgeformt – gebrauche ich, um ängstlich und sorgenvoll zu fragen, ob dies in der Tat ein Zeichen für das bevorstehende weltweite Ende der Oper ist. Die Bayreuther Festspiele in Franken gelten als Zielort von Pilgerreisen all jener Menschen, die Richard Wagners zehn Hauptwerke erleben wollen.

Wolfgang Wagner, einer der zwei Enkel des Komponisten, war – bis zu seiner Tochter – der letzte alleinige autonome und bekannte Leiter der Festspiele am Grünen Hügel. Das 1937 Plätze umfassende Auditorium war bisher stets auf Jahre ausverkauft. Noch vor wenigen Jahren konnte man sich für maximal zwei Karten bewerben. Und die Wartezeit, um diese zu erlangen, dauerte bis zu acht Jahren.

In meiner 19-jährigen Direktion der Wiener Staatsoper war es mir immer bewusst, dass die Bayreuther Festspiele die wichtigste aller Opernunternehmungen weltweit sind. Ich versuchte deshalb schon a priori in der Bayreuther Probenzeit keine Werke anzusetzen, in denen mögliche für Bayreuth infrage kommende Sänger auftraten. Ich wollte vermeiden, dass ich diese gegebenenfalls für Proben in Bayreuth freigeben müsste. Wenn es dann trotzdem geschah, konnte und wollte ich Wolfgang Wagners Bitte nicht abschlagen. Seine Briefe mit dem Ersuchen um Freigabe des Künstlers waren immer persönlich. Sie waren immer so formuliert, dass ich sowieso nicht Nein sagen konnte.

Die höchste Auszeichnung

Das Hemd ist einem Opernleiter näher als der Rock, und ich handelte immer danach. Aber Wolfgang Wagners Bayreuth war dann doch irgendwie noch näher als das Hemd. Ich betrachte bis heute als Höhepunkt meines Wirkens auf dem Gebiet des Opernlebens meine Rede beim Festakt zum 100. Geburtstag von Wolfgang Wagner auf der Bühne des Bayreuther Festspielhauses.

Die höchste Auszeichnung für einen Dirigenten und einen Opernsänger war das Engagement nach Bayreuth. In der langen Zeit der Festspielleitung Wolfgang Wagners lernte die Opernwelt Regisseure wie Götz Friedrich, Patrice Chéreau oder Harry Kupfer kennen, alle bereits in Zeiten, in denen die Wichtigkeit der Regisseure – nicht aber das, was wir heute unter Regietheater verstehen – allmählich zunahm.

Verärgertes Publikum

Musik und Texte der Schöpfer waren die zwei Säulen ihrer Arbeit. Diese und nur diese waren ausschlaggebend. Durch die szenischen Aberrationen der letzten Jahre und nicht zuletzt auch durch die fragwürdigen Dirigenten und Sängerbesetzungen verließ das zahlende Publikum Bayreuth immer öfter enttäuscht, ja verärgert.

Wütend taten diejenigen, die die Werke bereits kannten, ihre Enttäuschung am Ende des Spektakels lauthals kund. Nicht weniger verunsichert jedoch sind auch jene, welche eines der zehn in Bayreuth gezeigten Werke Wagners erstmalig erlebten. Allein die wunderbare, weltweit einmalige Akustik im Festspielhaus kann durchschnittliche musikalische Leitungen, oft schlechte Sängerbesetzungen und unverständliche optische Wiedergaben der von den jeweiligen Regisseuren erfundenen Geschichten nicht wettmachen, um Besucher zu behalten.

Die nicht ausverkauften Bayreuther Festspiele sind und sollen eine Warnung sein für alle jene Operntheater weltweit, welche die Musik und die Vorlage – das Libretto –, auf deren Grundlage die Musik komponiert wurde, vernachlässigen, verändern, verachten und, man glaubt es nicht, öfters auch nicht kennen. Denn dann bewahrheitet sich allmählich Wotans Warnung vom Ende.

 

Guter Beitrag!

Und ohne das Thema hier hijacken zu wollen – gibt es hier im Forum vllt. einen Bereich, wo man Tipps zu klassisch inszenierten Opern finden könnte? Also wo etwas läuft etc.? Ich kann nicht meiner 80jährigen Mutter eine Zauberflöte schenken, wo Papageno dann ein nackter Drogendealer ist. Auch meine Kinder würde ich gerne heranführen an die Oper, gleiches Problem…

Lieber Mavo0013,

ganz herzlich willkommen in unserem Forum. Ingrid und Hans die Sängerfreunde haben erst durch Deinen vorstehenden Beitrag mitbekommen, dass Du bei uns bist. Wir hoffen, dass Du Dich bei uns wohl fühlst. Als relativ neuer Opernliebhaber kann man aus den Beiträgen viel profitieren, besonders dann, wenn  man selbst Beiträge schreibt denn dann bekommt man Antworten und ist ganz schnell mitten drin in der Forumsfamilie.

Schau heute bei den neuen Beiträgen, da hat Musika einen Beitrag von Joan Holender, langjähriger Intendant de Wiener  Staatsoper eingestellt, der sich mit der Frage traditionelle Oper versus modern beschäftigt.

Herzlich grüßen die Sängerfreunde

 

Hallo, mavo0013

herzlich willkommen im Forum.

Das ist eine gute Idee, wir werden uns Gedanken darüber machen, ob wir ein Forum mit den klassisch inszenierten Opernaufführungen, die irgendwo gespielt werden, falls es sie noch gibt, hier einführen. Manchmal ist es nicht so leicht dahinterzukommen, ob es eine moderne Inszenierung ist, wenn keine Fotos dabei sind.

musika

Hallo Musika

wo ziehst Du die Grenze?

Ich habe vor kurzem Xerxes an der Frankfurter Oper gesehen.

Gehört sie zu den klassisch inszenierten Opern?

https://oper-frankfurt.de/de/spielplan/xerxes_3/

Gruß Wolfgang 

Lieber Wolfgang,

das kann ich dir mit einem Satz erklären: „Ich würde mir diese Inszenierung nicht ansehen!“ 🙂

Was ist deine Meinung, du hast sie ja hautnah erlebt?

musika

Hallo Musika

Ich fand die Inszenierung in ihrer Modernität sehr stimmig. Zumal Xerxes keine Oper ist, die durch Vielfalt, differenzierte Handlung oder orchestrale Überflüge punktet.

Der „putineske“ Tisch als Mittelpunkt der Inszenierung sowie die Erweiterung des Bewegungsrahmens der Interpretinnen und Interpreten um den Orchestergraben herum fand ist interessant und auflockernd.

Der Regisseur hat mit diesem Maß an Modernität dem Satz des Thomas Morus Rechnung getragen, indem er nicht die Asche bewahrt sondern die Tradition durch Weitergabe des Feuers bewahrte.

Eine Oper, die hinsichtlich ihrer herkömmlichen Inszenierung dem hier definierten Anspruch entsprechend dürfte, ist der „Freischütz“ an der Oper Leipzig, die ich vor Kurzem erleben durfte. Mit einer herrlichen Sarah Traubel. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob sie aktuell noch auf dem Spielplan steht.

Gruß Wolfgang

 

 

Lieber Wolfgang,

vielleicht urteile ich auch anhand der Fotos falsch, die mich abschreckten. Doch das alleine würde mich von einem Besuch abhalten, obwohl ich, besonders die Stimme des Xerxes hervorragend finde.

musika

Zitat von mavo0013 am 3. Juli 2023, 12:02 Uhr

Ich kann mich hier nur anschließen – ich finde es ok, dass Theater auch neue Inszenierungen machen, solange sie dies kenntlich machen. Abartig finde ich, dass nahezu 100% der Aufführungen heute solch neue Inszenierungen sind. Als noch relativ frischer Opernliebhaber fühle ich mich der Chance beraubt, selbst entscheiden zu können

Lieber mavo0013,

erst einmal herzlich willkommen. Auch ich habe nicht habe nichts gegen neue Inszenierungen. Ich habe manche Oper in unterschiedlichen Inszenierungen gesehen, aber jedesmal waren Ort, Zeit und Handlung des Originals gewahrt. Das ist aber heute zu fast 100 % nicht mehr der Fall. Die Handlung entsteht aus einer irren Fantasie eines Regisseurs, und damit werden die Zeit und die Orte dieser Fantasie willkürlich angepasst. Dennoch wird das Machwerk unter dem Namen und Titel der Autoren des Werkes angekündigt, wobei die oft nicht passenden Texte und die Musik missbraucht werden. Es ist also eine Mogelpackung, die dem Zuschauer angedreht wird (etwa so, wie wenn ich Hundekot in einer Pralinenschachtel verkaufen will). Ich bin also derselben Meinung wie du, dass diese Inszenierungen unter einem neuen Titel „XY….unter Verwendung von Text und Musik der Oper….von….“ oder so ähnlich vertrieben werden müssen. Alles andere ist Betrug am Zuschauer. 
Im Übrigen habe ich den Eindruck, dass diese Inszenierungen garnicht mehr für den Zuschauer, der das Werk liebt, sondern als Spielwiese für die einsamen Verirrungen und Frustrationen eines Regisseurs gedacht sind. In einer Besprechung fand ich dafür einen Ausdruck, den ich passender nicht hätte ausdrücken können: „Cerebralonanien“. 
Übrigens beklagen viele Opernfreunde wie du, dass man ihnen die Chance nimmt, selbst zu denken und zu entscheiden.
Klassisch inszenierte Opern als Geschenk für seine Lieben zu finden, dürfte heutzutage – zumindest in Deutschland – schwer fallen. Man muss dazu schon ins Ausland gehen. Ab und zu höre ich, dass es an der Wiener Staatoper eine Wiederaufnahme einer klassischen Inszenierung gibt, wie kürzlich die „Madame Butterfly“, die völlig ausverkauft war, während viele deutsche Opernhäuser unter Zuschauerschwund leiden. In Österreich gibt es dazu noch die Festspiele in Erl und in Sankt Margarethen, die klassische Inszenierungen zeigen. In Tschechien gibt es an verschiedenen Opernhäusern auch schon mal gute, klassische Inszenierungen. Und wenn man nicht nach New York reisen will, gibt es in vielen Kinos in Deutschland die Live-Übertragungen aus der Metropolitan Opera, die meist werkgerecht und auch sehr packend sind. Ich sehe mir allerdings vorher jedesmal an, was ich davon buche. Meist gibt es ja Trailer, von älteren Inszenierungen manchmal auch die ganze Oper auf youtube zu sehen, wonach man dann urteilen kann, ob man sich die Vorstellung ansehen will. Durch das oft nähere Herangehen der Kamera an die Szene wirkt manche Szene auch noch packender, als in der Totale im Opernhaus. In der nächsten Kinosaison kann ich empfehlen: Verdi: Nabucco (06.01), Bizet: Carmen (27.01), Gounod: Romeo und Julia (23.03.), Puccini: La Rondine (20.04.), Puccini: Madama Butterfly (11.05). Da die Kinokarten für diese Sondervorstellungen um 30 €  kosten, wäre das auch schon ein besonderes Geschenk. 
Auf DVD gibt es auch noch eine große Anzahl klassischer Inszenierungen (Ich besitze rund 300 davon, teilweise gekauft, teilweise im Fenrsehen aufgnommen, wo es aber heute kaum noch einmal etwas gibt, was des Anschaltens wert ist). Auch hier kann man sich vielfach auf youtube informieren.

Liebe Grüße
Gerhard

Zitat von Gerhard Wischniewski am 4. Juli 2023, 15:05 Uhr

 

 Man muss dazu schon ins Ausland gehen. Ab und zu höre ich, dass es an der Wiener Staatoper eine Wiederaufnahme einer klassischen Inszenierung gibt, wie kürzlich die „Madame Butterfly“, die völlig ausverkauft war, während viele deutsche Opernhäuser unter Zuschauerschwund leiden. In Österreich gibt es dazu noch die Festspiele in Erl und in Sankt Margarethen, die klassische Inszenierungen zeigen. In Tschechien gibt es an verschiedenen Opernhäusern auch schon mal gute, klassische Inszenierungen.

Lieber Gerhard

Wie schon oft von mir an verschiedenen anderen Stellen zu dem Thema berichtet, kann ich zusammenfassend aus eigenen Besuchserlebnissen wiederholend bestätigen – ich habe in den vergangenen zehn Jahren im tschech. Theater /Opernhaus Liberec /Reichenberg 20 verschiedene Werke erlebt, wovon nur eines, der Don Pasquale, inszenatorisch verunstaltet war. Nach drei oder vier Vorstellungen, war er wieder verschwunden. Alle anderen erlebten Werke waren hervorragend werkgetreu, bis sehr gut und akzeptabel inszeniert, mit vielleicht einigen ganz kleinen Abstrichen. Davon zwei Beispiele: La Bohéme – im Finale stirbt Mimi sitzend auf einem Stuhl. Madama Butterfly – Pinkerton erscheint im Finale mit einem Alltagsmantel gekleidet, als wenn er gerade von der Straße kommt. Aber im Verhältnis zur sonst absolut gelungenen Inszenierung, sind das Kleinigkeiten und „Meckern auf ganz hohem Niveau“.  Und wie gut Inszenierungen sind beweist, die Oper Nabucco hatte 2002 Premiere und lief bis 2022 , zwanzig Jahre unverändert.

LG PavOro

Mein lieber PavOro,

Über Deinen vorstehenden Beitrag haben Ingrid und Hans die Sängerfreunde geschmunzelt. Nach dieser „Lobeshymne“ gehört der Beitrag in einen Themenreich „Besondere Anerkennung – Zum Besuch zu empfehlen, aber nicht in den Bereich „Ich klage an“

Du solltest für Deine unermüdliche, anerkennende, Werbung zum Ehrenmitglied des Opernhauses Liberec/Reichenberg ernannt werden. Weiß die Theaterleitung überhaupt, was Du für dieses Haus leistest?

Mache die Intendanz/Dramaturgie doch einmal auf unser „Troubadour-Forum“ aufmerksam. Vielleicht könnten die Tschechen Mitglied bei uns werden und ihren Spielplan und News bei uns veröffentlichen.

Wäre dann übrigens das erste Musiktheater, das Mitglied bei uns wäre. Sicherlich ein Prestigegewinn für uns?

Liebe Grüße von Ingrid und Hans den Sängerfreunden.

 

 

Jessy Norman sagt zum Thema Ich klage an: “ Alle regielichen Veränderungen sind für uns Sänger sehr schwer. Man hat seine Rolle genau gelernt, über den Librettisten und den Komponisten gelesen und auch die anderen Rollen studiert. Man ist bereit, das Beste zu leisten und dann kommt ein solcher Idiot daher und sagt: … Die Handlung spielt nicht 182o sondern 1950… So etwas raubt mir die Nerven. Leute, die solche Ideen haben, sollten etwas Neues komponieren, ein anderes Stück schreiben und nicht ihre Ideen auf ein Stück, das perfekt ist aufpfropfen.“ („Der neue Merker“ 1989)

Dazu meinen Ingrid und Hans die Sängerfreunde: Wer von uns die Diskussionen im Forum zu diesem Thema regelmäßig verfolgt könnte glauben, Jessy Norman habe sich mit unserem Gerhard ausgetauscht, denn der wettert seit Jahren gegen die Verlegung einer Oper in eine andere Zeit. Die Sängerfreunde haben in dieser Frage schon resigniert und akzeptieren längst Alltagkleidung in mittelalterlichen Handlungen,  die offenbar unentbehrlichen modernen Waffen in einer Zeit, wo es diese noch nicht gab usw.. Hans schreibt in seinen Kritiken kaum mehr über solche Veränderungen, er ist des Kämpfens müde geworden und passt sich an das offensichtlich unvermeidliche Übel an, Solche Urteile, wie das Vorstehende von einer größten Sängerinnen sollten wachrütteln, um sich nicht zu sehr dem Zeitgeist zu beugen.

at

Liebe Sängerfreunde

zwar habe ich keinen Kontakt zu Jessy Norman gehabt, die ja leider auch nicht mehr unter uns weilt. Aber die Worte, die ihr genannt habt, habe ich fast gleichlautend auch ausgesprochen, obwohl ich sie von ihr durch euren Beitrag das erste Mal gehört habe. Ich spreche das aus, was viele Opernfreunde denken. Erst gestern hatte ich Kontakt zu einer Dame, von der ich bisher garncht wußte, dass sie überhaupt an Opern interessiert ist. Sie schimpfte auch gewaltig auf die Verunstaltungen, die wir fast nur noch zu sehen bekommen. Sie wäre früher viel hier in Köln in die Oper gegangen und habe sich auch die Opern im Fernsehen angeschaut, als man sie noch ansehen konnte. Jetzt gehe sie nicht mehr ins Theater und das Fernsehen schalte sie auch nicht mehr ein. Und ich kenne viele Opernfreunde, die genauso denken. Wenige Andersdesdenkende kenne ich nur aus einigen Kommentaren in einem früheren Forum.

Aber Jessy Norman ist ja nicht die Einzige. Es gibt ja manche Sänger, Dirigenten und Leute anderer Richtungen, die sich in ähnlicher Weise geäußert haben. Ich jedenalls – solange ich kann – werde nicht müde werden, diesen Unsinn, der heute in Opernhäusern in Deutschland und Umgebung verzapft aufzuzeigen, anzuprangern und zu hinterfragen, wobei ich von den Verteidigern noch nie eine Antwort erhalten habe, was sich auch hier kürzlich wieder gezeigt hat. Also bleibe ich bei dem Glauben, dass sie auch nicht erklären können, warum man – um mit Jessy Norman zu sprechen – „einem Stück, das perfekt ist“ andere absurde Ideen „aufpfropfen“ muss.

Liebe Grüße
Gerhard

Liebe Leute,

wie Jessy Norman andeutet, ist es durchaus sinnvoll, Historisches und Neuzeitliches miteinander zu verbinden, um zu verdeutlichen, dass die alten Stücke immer noch zeitgemäß sind und einen echten Bezug zum modernen Leben haben. Aber da gibt es einen besseren Weg als „Ideen auf ein Stück, das perfekt ist aufzupfropfen“, nämlich: „etwas Neues komponieren, ein anderes Stück schreiben“. Auf diese Weise können sich Alt und Neu ergänzen, anstatt sich dauernd in die Quere zu kommen.

Liebe Grüße
André

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