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"Mozart: Die Zauberflöte," Aufführung der Salzburger Festepiele 2022, 17. 8. 2022

Tagelang habe ich auf eine Kritik der Zauberflöte aus Salzburg gewartet. Nun habe ich eine entdeckt, allerdings nicht von einem unserer Mitglieder, sondern von einem Kritiker, der auch im Online Merker veröffentlicht:

SALZBURG/ Festspiele/ „Haus für Mozart“: DIE ZAUBERFLÖTE – 7. Aufführung in dieser Inszenierung

18.08.2022 | Oper in Österreich

SALZBURGER FESTSPIELE / Haus für Mozart: DIE ZAUBERFLÖTE 7. Aufführung in dieser Inszenierung am 17. August 2022

Von Manfred A. Schmid

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Mauro Peter  (Tamino), Roland Koch (Großvater), Valerie Junker (3. Priester),
Foto: Sandra Then / Salzburger Festspiele

Die 2018 herausgekommene Inszenierung von Mozarts Zauberflöte war – wie die Presse einhellig berichtete – ein veritabler Misserfolg. Nun bekam die amerikanische Regisseurin Lydia Steier eine zweite Chance. Ihre überarbeitete Fassung, die am 28. Juli Premiere feierte, wurde aufatmend allgemein als eine deutliche Verbesserung begrüßt. Der Rezensent kann sich dieser Meinung nicht anschließen. Zum einen deshalb nicht, weil die Inszenierung ein einziges Missverständnis ist: Man kennt es von vielen Festivals, dass von wichtigen Werken eigens eine Kinderfassung erstellt wird, um dem jungen Publikum einen Einstieg in die Opernwelt zu ermöglichen. Steier hat den Auftrag der Salzburger Festspiele, Mozarts Die Zauberflöte herauszubringen, offenbar dahingehend ausgelegt, dass es auch hier darum geht, dem mehrheitlich infantilem Publikum die Oper begreifbarer zu präsentieren Um das umzusetzen, erfindet sie eine Rahmenhandlung, in der der Opa in einer großbürgerlichen Familie knapp vor Ausbruch des I. Weltkriegs seinen Enkeln das Märchen von der Zauberflöte erzählt und ihnen so den zuweilen etwas widersprüchlichen Handlungsverlauf näherzubringen versucht. Diese Infantilisierung der Oper ist fehl am Platz, denn das Salzburger Festspielpublikum ist – so möchte man wenigstes meinen – in seiner Mehrheit sehr, sehr erwachsen und benötigt diesen kindgerechten Zugang zur Oper nicht. Mozarts Oper gehört zu den meistgespielten der Welt. Der Kindheit entwachsene Menschen sollte also durchaus in der Lage sein, dieses Meisterwerk und Schikaneders in der Tradition der Altwiener Zauberstücke verfasstes Libretto verstehen zu können. Lydia Steiers Inszenierungsansatz fehlt also der geeignete Adressat. Dass das Publikum angesichts von vier possierlichen Teddybären und einem Schimpansen in Entzückung gerät, weist allerdings darauf hin, dass der Re-Infantilisierungsprozess bei einigen Besuchern doch schon ein ziemlich fortgeschrittenes Stadium erreicht haben dürfte.

Das zweite Argument, warum die Überarbeitung der Inszenierung nicht zu goutieren ist, liegt darin, dass die Regisseurin zwar von der wahnwitzigen Idee abgekommen ist, Sarastro als Zirkusdirektor inmitten einer Gauklertruppe vorzuführen, stattdessen aber eine Schar von abgehobenen, faschistoiden, autoritär geführten, misogynen Bürgern auf die Bühne stellt, die alsbald gegen den bösen Feind in den (Welt-)Krieg zieht und sich in grausam blutigen Gemetzeln stählt und bewährt. Die Feuerprobe, die Tamino zu bestehen hat, besteht darin, dass er sich in diesem Krieg heldenhaft zu verhalten hat. Diese Deutung ist durch nichts gedeckt und meilenweit entfernt von den hehren Prüfungen freimaurerischer Prägung, wie im Original zu finden sind. Besonders problematisch ist der Umstand, dass auch Opas Enkel als Kindersoldaten mit Rock und Gewehr missbraucht werden. Hier wären Erklärungen ihres Opas dringend vonnöten, was auch für ihre Konfrontation mit den düsteren Selbstmordgedanken von Pamina und Papageno gilt. Da aber hüllt sich der Opa (Roland Koch) in Schweigen und stellt sich meistens schlafend.

Musikalisch lässt es hier auch nicht von einem festspielgerecht gelungenen Abend sprechen. Joana Mallwitz am Pult der Wiener Philharmoniker sorgt zwar für einen entschlackten, schlanken und bes(ch)wingten Mozartsound, doch das Ensemble auf der Bühne ist – mit Ausnahme der exzellenten Regina Mühlemann als anmutige Pamina – leider nicht von dem Format, das dem Salzburger genius loci und dem Niveau eines Festivals dieses Ranges – und dieser Ticketpreise – würdig wäre. Gewiss, da stehen gute Sängerinnen und Sänger auf der Bühne, aber in Salzburg müssten, vor allem bei Mozart, die Besten der Welt auftreten, und davon ist man weit entfernt.

Mauro Peter ist ein kraftvoller Tamino, aber ohne Ausstrahlung, woran aber die Regie mitschuldig ist. Er wird nicht ins rechte Licht gerückt, was auch für Tareq Nazmi gilt, der einen profunden Bass vorweisen kann, sich darstellerisch aber nicht abhebt vom Einerlei seiner Gesinnungsgenossen. Seine erste große Arie singt er, unauffällig am Bühnenrand positioniert.

Michael Nagl ist in dieser Inszenierung nicht der leichtsinnig in den Tag hineinlebende, unbeschwerte, naive Vogelfänger, sondern ein Metzger, der als Hoflieferant gerupftes Federvieh anliefert. Sympathisch, gesanglich okay, aber von der Paraderolle des Papageno, wie sie traditionsgemäß hierzulande seit der Uraufführung durch Schikaneder gepflegt und gehegt wird, keine Spur. Für eine ernstzunehmende Neuinterpretierung hat diese Figur aber leider viel zu wenig Profil.

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Ilse Erens (1. Dame), Sophie Rennert (2. Dame), Brenda Rae (Königin der Nacht),
Noa Beinart (3. Dame), Mauro Peter (Tamino), Foto: Sandra Then / Salzburger Festspiele

Die Auftritte der Königin der Nacht sind lächerlich konzipiert. Bei ihrem ersten Auftritt sieht man sofort, dass sie an zwei Bändern hängt. Wenn sie dann in den Himmel entschwebt, ist das keine Überraschung mehr. Ohne Überraschung bleibt allerdings auch Brenda Raes Gesang. Zu wenig eindrucksvoll und in den Koloraturen zu unspektakulär.

Ausgezeichnet – nach einem etwas holprigen Einstieg – bewähren sich hingegen die drei Damen Ilse Eerens, Sophie Rennert und Noa Beinart. Auch die drei Enkel, die später mit den drei im Libretto vorgesehenen Knaben verschmelzen, sind mit spiel-und sangesfreudigen Wiener Sängerknaben bestens besetzt.

Eine stimmliche Karikatur liefert Peter Tantsits als Monostatos, der in dieser Inszenierung als natürlich nicht ge-blackface-ter Hoflieferant für – Achtung: Witz – Kohlen fungiert. Ein stimmliches Leichtgewicht ist Maria Nazarova als zwitschernde Papagena.

Wenig Licht und viel Schatten also in einer Aufführung, die dem Mittelmaß gewidmet scheint und dennoch mit beträchtlichem Applaus belohnt wird. Die kindgerechte Herangehensweise der Regisseurin hat sich also doch noch – wenn auch schamlos überteuert – bezahlt gemacht.

© Manfred A. Schmid

Liebe Grüße

Willi?

Nie werde ich verstehen, wie man die schamlose Vergewaltigung einer Meisteroper noch mit Applaus feiern kann. Früher hätte man Tomaten oder faule Eier als Antipathiesymbole geworfen. Leider ist das aus der Mode gekommen. Vielleicht sogar zu Recht, denn einige ungebildete und ahnungslose Zuschauer könnten auf die Idee kommen, daß das zur Inszenierung und damit zur Zauberflöte gehöre. Arme kranke Welt.

Ein verständnisloser Sir Morosus

Liebe Freunde,

ich denke, auch bei den Salzburger sogenannten „Fest“spielen findet man immer weniger Kenner und immer mehr Eventpublikum, das von den Opern, die sie dort sehen, nur wenig „beleckt“ ist. Bei Kennern würde eine solche „Show“ wohl kaum Applaus ernten. Leute, die Geld haben, zeigen müssen oder wollen, dass sie es sich leisten können,  und denen das Geschehen auf der Bühne häufig völlig egal zu sein scheint – oder eine schon dem verunstaltenden Niveau modischer Inszenierungen gegenüber gleichgültig gewordene Gesellschaft. Nennt man so etwas heute Festspiele????

Liebe Grüße
Gerhard

Ich kenne diese Inszenierung nur von einigen Fotos, die ein Freund mir von seiner Urlaubsreise auf das Smartphone meiner Frau geschickt hat. Und das war auch der Grund, warum ich mir, wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, vorgenommen habe, mir das Spektakel nicht anzusehen. So einen Dreck muss ich mir nicht antun – und sage noch zusätzlich, dass es eine Beleidigung für Mozart ist. Im übrigen stimme ich mit Gerhard überein (und mehr muss man darüber nicht schreiben):

auch bei den Salzburger sogenannten „Fest“spielen findet man immer weniger Kenner und immer mehr Eventpublikum, das von den Opern, die sie dort sehen, nur wenig „beleckt“ ist. Bei Kennern würde eine solche „Show“ wohl kaum Applaus ernten. Leute, die Geld haben, zeigen müssen oder wollen, dass sie es sich leisten können,  und denen das Geschehen auf der Bühne häufig völlig egal zu sein scheint 

Zitat von manfred am 21. August 2022, 15:52 Uhr
. Und das war auch der Grund, warum ich mir, wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, vorgenommen habe, mir das Spektakel nicht anzusehen. So einen Dreck muss ich mir nicht antun – und sage noch zusätzlich, dass es eine Beleidigung für Mozart ist.

Lieber Manfred, lieber Gerhard

Es war zwar nicht Salzburg, es war „nur“ das Theater /Opernhaus Liberec /Reichenberg, wo ich vor ein paar Jahren dort Die Zauberflöte gesehen habe. Ich stelle Euch hier mal die Szenenfotos rein und glaube, die Aufführung hätte Euch bestimmt auch gefallen.

LG PavOro

https://www.saldovo-divadlo.cz/program/detail-predstaveni/r/kouzelna-fletna

In der Tat sind das ansprechende Bilder einer werkgetreuen Regiearbeit. Da muss man, im Theater sitzend, nicht die Augen verschließen, um nur der wunderbaren Musik zu lauschen (und keinen Augenkrebs zu bekommen), sondern kann auch „die Bilder sind bezaubernd schön“ dieses Märchen genießen…

Eine Stellungnahme zur Salzburger Zauberflöte

Vorbemerkung: Der Rezensent des Merker Manfred A. Schmid verweist auf die Aufführung vom 17. August. Meine Eindrücke stammen aus der Fernsehübertragung der Premiere vom 30. Juli, die am 11. August auf ServusTV ausgestrahlt worden ist. Hieraus können sich unterschiedliche sängerische Eindrücke ergeben.

Weitgehend teile ich die von Herrn Schmid veröffentlichte Merker-Kritik über Mozarts Meisterwerk. Insbesondere Regula Mühlemann (nicht Regina) hat es verdient, ihre großartige Pamina-Darstellung in Gänze zu hören und sehen. Sie überragte als Solitär die Aufführung.

Ich bin wahrlich kein Freund dieser Inszenierung, dennoch muss ich sagen: Die Unsitte, eine Opernproduktion ausschließlich mittels einiger Handy-Fotos beurteilen zu wollen, zeugt nicht gerade von großer musikalischer Belesenheit. Denn die Musik ist immerhin vom Genius Mozart! Und Mozart vermag kein Regiestümper dieser Welt kleinzukriegen. Ob mit oder ohne Großvater, der noch überflüssiger als seine Rolle selbst immer wieder in die Dialoge der Darsteller hineinquatschte. Ein Ärgernis!

Musikalisch auf der positiven Seite sah ich außer Mühlemanns Pamina auch den Papageno von Michael Nagl. Er singt diese Partie auch an seinem Stammhaus in Stuttgart sehr erfolgreich, was ihm die Tür nach Salzburg geöffnet hat.

Den Freunden der Gottlob-Frick- Gesellschaft ist Nagl längst kein Unbekannter mehr. Beim Festkonzert zum Künstlertreffen 2015 trat er so erfolgreich als Solist auf, dass ihm sein großer „Kollege“ Matti Salminen mit einem anerkennenden Klaps spontan ein paar Gratisstunden zusagte.

Wenig überzeugend wirkte auf mich Mauro Peter als Tamino. „Kraftvoll“ wie von Herrn Schmid bemerkt konnte ich an seinem Gesang nichts erkennen. Keine Dynamik in Stimme und Auftritt, die Höhe sehr angestrengt und vom Orchester oft zugedeckt, war das für mich die Enttäuschung der Aufführung. Die Sprecherszene dümpelte auch nur ohne Spannung vor sich hin, ein lustloser Dialog. Dazu trugen auch die mangelhaften Sprachkenntnisse des Sprechers (Henning von Schulman) bei, der sich so einige Schnitzer leistete, z.B. …“du Jüngling glaubst den Zungenspiel“.

Über die Leistung der Königin der Nacht (Brenda Rae) möchte ich höflich den Mantel des Schweigens ausbreiten.

Über die Verschandelung der Monostatos-Rolle muss aber geredet werden. Nun, dass es „politisch-korrekt“ kein Mohr mehr ist, vernimmt man sowohl optisch als auch akustisch. Pamina singt im Finale des 1. Akts …“Der böse Mann (Originaltext Mohr) verlangte Liebe“ und Monostatos im 2. Akt: Eine Holde (Originaltext Weiße) nahm mich ein“. Das mag ja noch angehen, wenn es denn sein muss.

Aber dass der Sänger nicht wie in der Partitur vorgegeben als Charakter- oder Spieltenor singen darf, sondern Laute wie ein quakender Frosch von sich geben muss, das ist eine Zumutung für den Sänger (Peter Tantsis) wie auch für den Zuhörer. Dass er singen kann, sei zu seiner Ehrenrettung ausdrücklich erwähnt. Warum also dieser Quatsch?

Dass Sarastro (Tareq Nazmi) und seine Priesterschar zu Zigarre rauchenden und Bowler tragenden Karikaturen verkommen, soll auch erwähnt sein. Sängerisch vermochten sie ohnehin keine Akzente setzen.

Die 3 Knaben (Wiener Sängerknaben) waren sowohl gesanglich als auch darstellerisch ein belebendes Element. Gerne wüsste ich auch deren Namen. Reizend die Szene mit Pamina in der Badewanne.

Die 3 Damen wurden von Herrn Schmid treffend gewürdigt. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Letztendlich stellte sich auch mir die Frage nach dem Festspielniveau. Zweifellos trifft das auf die Eintrittspreise zu. Im Haus für Mozart werden heuer für die Zauberflöte bis zu 455 Euro aufgerufen, was so einen Opernbesuch rasch in vierstellige Dimensionen treibt.

Bei diesen Preisen sollte es selbstverständlich sein, dem Publikum eine Sängerschar der Extraklasse zu bieten. Das war bis auf die genannten Ausnahmen leider nicht der Fall.

Lieber Wolansky,

Du hast mich mit diesem Satz

Die Unsitte, eine Opernproduktion ausschließlich mittels einiger Handy-Fotos beurteilen zu wollen, zeugt nicht gerade von großer musikalischer Belesenheit.

angesprochen und ich kann dazu nur sagen, ich mag diese Verunstaltungen nicht – musikalische Belesenheit hin oder her. Wenn mir jemand ein Bild aus Gemäldeausstellung zeigt, kann ich beurteilen, ob ich diese Ausstellung besuchen oder lassen würde. Wenn ich also Bilder aus der Salzburger Inszenierung geschickt bekomme, dann kann ich sagen, ob ich – finanzielle Gegebenheiten und gesundheitliche Gründe mal beiseite lassend – hingehen würde. Und hier hätte ich ja die Möglichkeit gehabt, mir das Bild an einem TV-Video anzusehen. Aber was ich den Bildern entnehmen konnte, ließ mein Interesse gegen Null sinken. Ich lege mir da lieber eine von vielen Aufnahmen in den Player und mache mir meine Inszenierung im Kopf selber oder erinnere mich an gesehene Aufführungen.

Das kann und darf jeder für sich anders beurteilen, da rede ich keinem Musikfreund hinein. Ich sage (schreibe hier) nur das, was ich empfand.

Der uns freundschaftlich verbundene Kritiker Manfred A. Schmidt hat noch einmal eine Zauberflöten-Vorstellung besucht, knapp vier Wochen später, und diesmal in der Wiener Staatsoper:

WIEN / Staatsoper: DIE ZAUBERFLÖTE – Die dritte Vorstellung

14.09.2022 | Oper: Wiener Staatsoper

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Peter Kellner (Papageno) und Golda Schultz (Pamina). Ale Fotos: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

 

WIEN / Staatsoper: DIE ZAUBERFLÖTE – Dritte Vorstellung der laufenden Serie

  1. Aufführung in dieser Inszenierung,  14. September 2022

Von Manfred A. Schmid

Wenn man an die trotz gründlicher Überarbeitung immer noch nicht befriedigend gelöste Salzburger Festspiel-Inszenierung von Mozarts Meisterwerk denkt, gefällt einem die zunächst gar nicht so sehr geschätzte Staatsopernproduktion von Moshe Leiser & Patrice Caurier aus dem Jahr 2013 schon wieder um einiges besser. Wenn das so weiter geht, wird man sie noch richtig lieben lernen. Wer hätte das nach der Premiere gedacht!

Schikaneders Zaubermärchen wird – mit all seinen dramaturgischen Ungereimtheiten – ziemlich schlüssig, unterhaltsam und mit vielen, meist komischen Überraschungen gespickt, auf die Bühne gebracht. Die Kostüme nach Agostino Cavalca sind zwar nicht sehr fantasievoll gestaltet, dafür aber begeistert der Aufmarsch der wunderlichen Tiere, vom Drachen über die Bären bis hin zu den putzig-elegant daher trippelnden Straußenvögel das Publikum. Spätestens wenn die Wiener Polizisten – im Gefolge des hier eher harmlos agierenden Bösewichts Monostatos – die unter ihren Uniformjacken versteckten Ballettröckchen sehen lassen und possierlich zu tanzen beginnen, ist für helle Freude und Heiterkeit gesorgt. Dankbar nimmt das Publikum jede gebotene Möglichkeit für einen glucksenden Lacher zur Kenntnis. Was da geboten wird, ist tatsächlich ein oft staunenswertes, vergnügliches Märchen, voll der Wunder für Groß und Klein. Man fühlt sich fast wie in eine Vorstellung für Kinder versetzt, aber die gibt es traditionellerweise erst am Tag nach dem Opernball.

Die ziemlich kahle und trostlose Bühne von Christian Fenouillat ist leider weiterhin alles andere als eine Augenweide. Immerhin aber bietet sie Raum für eine spektakuläre Feuerprobe, die Don Giovannis Höllenfahrt fast in den Schatten stellt, sowie für eine Wasserprobe, von der man allerdings wenig mitbekommt, weil Sarastros Männer dabei ihre Schirme aufspannen und das Geschehen vor den Blicken unbefugter Adabeis geschickt verdecken. Die handelnden Personen tauchen aber nicht nur in tiefe, geheimnisvolle Abgründe ab, sondern erheben sich – von Zauberkraft angetrieben – auch in die Höhe. So Pamina und die Drei Knaben, vor allem aber Papageno und Papagena, die am Schluss der Oper geradezu in den Himmel der Liebe entschwinden.

All das aber genügt nicht, wenn die musikalische Komponente nicht passt. Doch keine Angst, die namhafte Besetzung bis in die kleinesten Rollen überzeugt diesmal nicht nur auf dem Papier (Programmzettel), sondern auch auf der Bühne. Es ist tatsächlich so, dass der Wiener Staatsoper mit den drei Herbstsaison eröffnenden Opern – La Bohème, Carmen und Die Zauberflöte ein beachtlicher Hattrick gelungen ist. Chapeau und weiter so!

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Pavol Petrov (Tamino).

 

Den stärksten Applaus während der Vorstellung hat – eher unerwartet – Kathryn Lewek einheimsen können, denn die Auftritte der Königin der Nacht sind in dieser Inszenierung dramaturgisch gar nicht so spektakulär angelegt. Sie stattet ihre Rolle aber gesanglich mit allen Finessen aus und brilliert in der Rachearie mit Verve und geschmeidig funkelnden Koloraturen.

Beim Schlussbeifall ist es Peter Kellner, der als Letzter zur Verbeugung auf der Bühne erscheint und für seinen handfesten, eher robust dargestellten Papageno am meisten gefeiert wird. An seiner Seite macht auch Miriam Kutzrowatz, Mitglied des Opernstudios, als muntere Papagena gute Figur, was auch für ihren Opernstudio-Kollegen Lukas Schmidt gilt, der einen ernsthaften, nachdrücklich mahnenden 1. Priester abgibt, gilt.

Ruhepol und Zentrum des Geschehens ist Günther Groissböck als Respekt einfordernder, souverän singender Sarastro, auch wenn man nicht genau weiß, was für einer verschworenen Männergesellschaft dieser Mann überhaupt vorsteht. Warum er mit einem erlegten Hirsch auf den Schultern seinen ersten Auftritt zu absolvieren hat, den er dann eher achtlos zu Boden wirft, bis er später, an einem Fleischerhaken hängend, nochmals zu sehen ist, bleibt ein Rätsel. Sind die Männer mit Hut in seinem Gefolge Shareholder einer hochspekulativen geheimnisumwitterten Aktiengesellschaft? Man wird es nie wissen.

Pavel Petrov, 2019 beim Österreichischen Musikpreis für seinen Lenski im Grazer Eugen Onegin als bester Sänger ausgezeichnet, ist ein noch junger, tadelloser Tamino mit dem nötigen Schmelz und der ebenso erforderlichen Festigkeit in der Stimme. Darstellerisch bleibt er etwas blass, was angesichts der aufgeweckten, spielfreudigen Golda Schultz als Pamina noch deutlicher hervortritt. Die aus Südafrika stammende Sopranistin weiß mit ihrer gar nicht so großen Stimme jedenfalls viel anzufangen, wozu auch ihre anmutige Ausstrahlung das Ihre beiträgt.

Clemens Unterreiner ist ein edel artikulierender und würdevoll in Erscheinung tretender Sprecher. Wieder einmal bestätigt der vielseitig einsetzbare Bariton, dass er auch kleine Rollen liebevoll ausgestaltet und ihnen ein jeweils eigenständiges Profil zu verleihen gewillt ist.

Robert Bartneck ist ein eher ungefährlicher, bemitleidenswerter Monostatos mit weißgefactem Gesicht, darf aber zuweilen eine schwarze Halbmaske tragen. Das Duett der beiden Geharnischten wird von Jörg Schneider und Dan Paul Dumitrescu kraftvoll und bedeutungsschwer zu Gehör gebracht. Die Drei Damen von Anna Bondarenko, Stephanie Houtzeel und Monika Bohinec bestätigen, dass auch zwischen Hofdamen eine gewisse Stutenbissigkeit ausbrechen kann, wenn es darum geht, wer die Führungsposition im Vordergrund einnehmen darf. Lustvoll in der Gestaltung ihrer Auftritte, nicht immer aber stimmlich ausgewogen. Die Drei Knaben sind, wie erwartet, mit exzellenten Wiener Sängerknaben besetzt.

Bertrand de Billy ist ein verlässlicher musikalischer Leiter einer im Orchestergraben insgesamt soliden, mehr als zufriedenstellenden Aufführung, an der auch der Staatsopernchor seinen Anteil hat.

Liebe Grüße

Willi?

 

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