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MOZART, Wolfgang Amadeus: DIE VERSTELLTE EINFALT (La finta semplice)

Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791):
LA FINTA SEMPLICE
(Das schlaue Mädchen oder Die verstellte Einfalt)

Dramma per musica in drei Akten, KV 51 (46a)
Libretto von Marco Coltellini
nach Carlo Goldonis Textbuch für Salvatore Perillo
Originalsprache: Italienisch
Uraufführung (wahrscheinlich) am 1. Mai 1769 im Hoftheater Salzburg.

PERSONEN DER HANDLUNG
Don Cassandro, reicher und geiziger Gutsbesitzer aus Cremona (Bass)
Don Polidoro, sein jüngerer Bruder (Tenor)
Giacinta, beider Schwester (Sopran)
Fracasso, ungarischer Hauptmann (Tenor)
Rosina, seine Schwester, die angeblich Einfältige, Baronin (Sopran)
Ninetta, Kammermädchen von Giacinta (Sopran)
Simone, Sergeant, Diener von Fracasso (Bass)

Ort und Zeit: In der Nähe von Cremona in der Mitte des 18. Jahrhunderts.

Erster Akt. 

Garten mit alleenartigem Weg zu einem Landschloss im Hintergrund.
Don Cassandro ist ein erklärter Weiberfeind, ein Rüpel, aber von seiner Schönheit und Intelligenz überzeugt. Den Weiberfeind gibt er, seit eine Verwandte ihn einmal schlecht behandelt hat. Seinen Bruder Polidoro, der am liebsten jedem Rock nachstellen würde, unterdrückt er systematisch. Er lebt mit ihm und der Schwester Giacinta in einem eigenen Landschloss ein abgeschiedenes Junggesellendasein. Seit zwei Monaten sind zudem der ungarische Hauptmann Fracasso und sein Diener Simone bei ihm einquartiert und Fracasso hat sich in dieser Zeit in Giacinta und Simone in deren Zofe Ninetta verliebt. Von dieser Liebelei darf Don Cassandro natürlich nichts wissen.
Ninetta, die von den Brüdern nur als Narren, großen Affen und Dummköpfen spricht, spielt mit dem Gedanken, beide Herren in irgendeine Alte verliebt machen, damit ihre eigene glückliche Zukunft und die von Fracasso und Giacinta nicht weiter unterdrückt wird.
Gerade ist Rosina, Fracassos ebenso gescheite wie hübsche Schwester, in einem nahegelegenen Gasthof abgestiegen, weil sie ihren Bruder besuchen will. Mit ihrer Hilfe entstand der Plan, die Brüder Cassandro und Polidoro verliebt zu machen. Don Cassandro weigert sich aber konstant, Frauen in sein Haus aufzunehmen und selbst der Besuch von Rosina ist ihm nicht recht. Er ist fest entschlossen, so jungfräulich zu sterben, wie er geboren wurde – wenn nicht eines Tages doch noch die „Richtige“ kommt. Insofern geht Fracasso Vorschlag einer Wette bei dem Don völlig ins Leere.
Ninetta fordert trotz dieser Unwägbarkeiten Rosina auf, Cassandro und Polidoro in sich verliebt zu machen. Polidoro ist von der ungarischen Baronesse auch sofort mehr als angetan und macht ihr Komplimente, will sie sogar auf der Stelle heiraten. Als Cassandro davon erfährt,gibt es gehörigen Ärger. Rosina aber gelingt es, in ein Gespräch mit ihm zu kommen, dass er aber sehr zurückhaltend führt. Trotzdem verliebt er sich, ungewollt natürlich, in sie und wird erst misstrauisch, als sie von ihm den kostbaren Ring, den er am Finger trägt, als Geschenk erbittet. Letztendlich gelingt es Rosina, diesen Ring von Cassandro als Leihgabe zu erhalten. Um ihn nicht aus den Augen zu verlieren, nimmt er Rosina in seinem Haus auf.

Zweiter Akt.

Eine Loggia in Don Cassandros Haus.
Simone erregt sich bei Ninetta über das stundenlange Mittagessen der Herrschaften, weil er auch hungrig ist. Sie gibt ihm zu verstehen, dass sie sich von ihm mehr Aufmerksamkeit wünscht und nicht Klagen über den eigenen Hunger. Sie macht ihm dann noch klar, dass der Mann, den sie heiraten wird, sich ihrem Willen unterzuordnen hat. Als sie dann abgeht, sagt sich Simone, dass er sie, wenn sie erst verheiratet sind, mit dem Stock gefügig machen wird.
Aufgeregt kommt Giacinta hinzu und berichtet Simone von einem Streit zwischen Fracasso und ihrem älteren Bruder Cassandro, der bis zu einem Duell eskalieren könnte. Simone antwortet, dass es ihm recht wäre, wenn sie sich dabei die Köpfe einschlagen würden. Das will Giacinta nicht noch einmal hören, denn sie weiß, dass der Hauptmann ihrem Bruder natürlich überlegen ist. Sie möchte jedenfalls, dass er seinen Herrn um Nachsicht bittet, denn sie kann das nicht. Simone verspricht Hilfe und geht ab. Kaum ist er gegangen, kommt Polidoro auf die Szene und äußert sich erstaunt über „die Geschichte“ mit dem Ring. Giacinta weiß natürlich Bescheid und rät dem Bruder, Rosina einen noch schöneren Ring zu verehren, denn dann könnte sie Cassandro den Ring zurückgeben und es wäre dann wieder Ruhe im Haus. Polidoro blickt Giacinta ratlos an, sorgt dann jedoch mit einer Aussage für deren Ratlosigkeit, denn er will ihr, noch bevor ein Jahr vorbei ist, einen schönen Knaben schenken. Polidoro liegt mit dieser Aussage biologisch zwar daneben, doch Giacinta hat trotzdem seine Absicht verstanden und sie fragt ihn, ob er heiraten will. Ja, sagt er, und zwar die Baronesse Rosina. Giacinta gibt zu Bedenken, dass Cassandro damit nicht einverstanden sein wird, doch das ist Polidoro egal. Er ist entschlossen, seinen Kopf gegen den des Bruder durchzusetzen. Kopfschüttelnd geht Giacinta ab, dafür kommt Ninetta und bittet Polidoro, zur Baronesse zu kommen.

Verwandlung:Ein Raum mit Stühlen, Tischen und Leuchtern am späten Abend.
Polidoro ist gerade bei Rosina angekommen, als der angetrunkene Don Cassandro den Raum betritt und Rosina ohne Umschweife zu verstehen gibt, dass der Ring immer noch sein Eigentum ist und er ihn jederzeit zurückfordern kann. Erst dann bemerkt er Polidoro und beginnt sofort einen Streit, auf den der Bruder aber nicht eingeht. Polidoro fordert stattdessen die Auszahlung seines Erbteils und kündigt an, mit Rosina nach Ungarn reisen zu wollen. Cassandro lehnt die Auszahlung des Erbteils natürlich ab. Als Polidoro dann Rosina seine „Braut“ nennt, behauptet Cassandro, er sei Rosinas Bräutigam. Damit stürzt er Polidoro in ein Gefühlschaos, zumal Rosina das bestätigt. Polidoro steht auf und geht zornig davon.
Don Cassandro wirbt um Rosina, sie treibt jedoch nur Späße mit ihm. Da er jedoch inzwischen vom Wein umnebelt ist, schläft er plötzlich ein. Und diesen Moment nutzt sie, ihm den Ring wieder an den Finger zu stecken. Als der Don erwacht, gesteht sie ihm, dass sie sowohl ihn als auch seinen Bruder Polidoro liebe. Nun will er ihr den Ring schenken, doch Fracasso, der hinzutritt, empfindet das als eine Beleidigung, zumal der Don den Ring ja an seinem Finger trägt. Als dieser nun Rosina des Diebstahls beschuldigt, fordert ihn Fracasso zum Duell auf – eine Farce, denn Cassandro macht sich „aus dem Staub“.

Eine neue Intrige wird gesponnen: Simone soll Giacinta in ein Versteck bringen, den Brüdern aber erzählen, das Mädchen sei mit den Kostbarkeiten des Hauses geflohen. Ninetta folgt ihr zum Schein und Rosina weist Cassandro und Polidoro in die Schranken. In der Hoffnung, Giacinta mit Hilfe von zwei Soldaten wiederzufinden, versprechen Cassandro und Polidoro sie dem, der sie findet, zur Frau.

Dritter Akt

Ein großer Flur im Landschloss Cassandros.
Die beiden Paare, Simone und Ninetta sowie Giacinta und Fracasso, versichern sich ihres halb gewonnenen Spiels. Rosina dagegen eröffnet Cassandro, dass er und Polidoro ihr nicht gleichgültig sind, dass sie aber gerne den „Schöneren“ von beiden heiraten würde. Das sei natürlich er, behauptet Cassandro. Rosina schluckt und fragt ihn, was denn wäre, wenn sie den „Dümmeren“ wählen würde? Nun, lautet Cassandros Antwort, dann müsse sie halt Polidoro auswählen und er ziehe sich zurück. Rosina atmet tief durch und sagt dann, dass sie am liebsten beide heiraten würde. Cassandro glaubt sich verhört zu haben, da sieht sie Polidoro kommen und kündigt Cassandro an, Polidoro einen Streich spielen zu wollen, weshalb er sich verstecken solle.
Polidoro kommt näher und sofort zur Sache: er fragt Rosina nach einem Hochzeitstermin. Doch sie will vorab wissen, ob alle nötigen Vorbereitungen abgeschlossen sind, und ob er die Heiratsgenehmigung seines Bruders habe, und was mit seinem Erbteil sei? Polidoro gibt zu, dass er seinen Bruder nicht zu fragen gewillt ist, denn er würde sich damit nur Schläge einhandeln. Und was sein Erbteil angeht: Cassandro hat ihm das Testament ihres Vaters vorgelesen und das bestimmt den Ältesten als Alleinerben. Rosina schluckt und fragt, wie er denn sie als seine Frau ernähren will? Durch arbeiten natürlich, lautet seine Antwort.
Das Finale beginnt mit dem Streich, den Rosina Polidoro zufügen will: Als er ihre Hand ergreifen will, führt sie seine Hand in die Hände des hinzutretenden Cassandro. Polidoro gerät außer sich und nennt das ganze einen Schwindel. In diesem Moment tauchen die beiden anderen Paare auf, und Fracasso besteht auf Erfüllung des Versprechens der beiden Brüder: Wer die Flüchtige findet, dürfe sie heiraten. Man vergibt sich und es kommt zu einer dreifachen Verlobung: Rosina feiert mit Don Cassandro, Ninetta mit Simone und Giacinta bekommt ihren Fracasso. Und Polidoro? Der guckt in die Röhre und muss alleine bleiben.

© Manfred Rückert

 

Anmerkungen:

Ende 1767 war die Familie Mozart nach Wien gereist, weil Leopold hoffte, dass Wolfgang dort als Opernkomponist reüssieren könnte. Es war nämlich Joseph II. der angefragt hatte, ob Wolfgang nicht Lust habe, eine Oper zu vertonen. Der Text, den Wolfgang danach erhielt, wurde durch den Hofopern-Intendanten Giuseppe Afflisio vermittelt und es war das Dramma giocoso “La finta semplice“. Der Autor war Carlo Goldoni, der es für Salvador Perillo geschrieben und das Marco Coltellini, der seit 1763/64 in Wien als Nachfolger Metastasios Hofdichter war, bearbeitet hatte.

In Goldonis Komödie sind die Figuren nicht nur Typen der Commedia dell‘ Arte, sondern haben ausgeprägt-individuelle Charaktere. Und der elfjährige Wolfgang hat es tatsächlich verstanden, jede Figur dieser Buffa genauso musikalisch zu zeichnen. Offensichtlich hatte er den italienischen Buffastil inzwischen verinnerlicht. Vor allem in den Arien zeigt sich bereits sein Verständnis für Charakterisierungskunst mit parodistischem Einschlag, so z.B. in den drei Da-capo-Arien Fracassos, Nr. 5 (Guarda la donna in viso), Nr. 20 (In voi belle è leggiadria) und Nr. 25 (Nelle guerre d’amore). Aber auch Giacintas „Che scompiglio, che flagello“ oder in den vier, mal empfindsamen, mal komödiantischen Arien Rosinas, Nr. 6 (Colla bocca, e non col core), Nr. 9 (Senti l’eco ove t’aggiri), Nr. 15 (Amoretti, che ascosi qui siete) und Nr. 18 (Ho sentito a dir da tutte), die als Einzige mit Koloraturen versehen sind, beweist er für einen Elfjährigen ein erstaunliches Einfühlungsvermögen.

Eine Aufführung der fertiggestellten Oper in Wien fand nicht statt; auch eine Salzburger Aufführung 1769 ist nicht mit Sicherheit nachzuweisen. Erst 1921 kam es in Karlsruhe zu einer Wiedergabe, der 1956 in Salzburg eine Bearbeitung Bernhard Paumgartners sowie 1982 (unter Leopold Hager) eine Aufführung in Rudolph Angermüllers kritischer Ausgabe der Neuen Mozart-Edition folgten. 1993 stellte die Kölner Studio-Oper eine Bearbeitung von Volker Elis Pilgrim und Elke Neidhardt vor.

Ich weiß nicht, ob Mozart seine mit elf Jahren komponierte Oper jemals gehört hat; die Intrigen gegen das Werk eines Kindes waren einfach zu groß. Wir können auch diese Opera buffa eines elfjährigen Kindes hören (und im Theater oder per DVD [wenn man einen Spieler denn hat] sehen!) und auch staunen. Staunen, was der Knabe Wolfgang auf das Notenpapier geschrieben hat:

Mozart: la Finta Semplice   La Finta Semplice (Die vollständige Mozart-Edition - Vol. 28)   Mozart Edition Vol. 14: Die Zauberflöte / La Finta Semplice

Nachrichtlich: weitere Aufnahmen auf DVD und durch MP3-Download

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