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Sir Morosus und die Oper

Sir Morosus war und ist eigentlich ein Freund der Oper, auch wenn er selbst zufrieden ist, wenn die Musik vorbei ist. Nun kommt noch seine tiefe Abneigung gegen „verunstaltete“ Inszenierungen hinzu. Deshalb besucht er auch seltener Opern als in jungen Jahren. Doch manchmal packt ihn die Lust und er macht den Fernseher an. So hat er vor einigen Tagen auf der arte-Mediathek eine Inszenierung einer seiner Lieblingsoper angesehen. Neugierig? „Erkennen Sie die Melodie?“

Der Vorhang geht auf. Das Bühnenbild – ein weißer Raum mit 2 Türen und einem undefinierbarem Klotz in der Mitte. Ein Haufen Menschen auf der Bühne, alle im schwarzen Anzug, fein angezogen. Einer ist so ne Art Häuptling, er schwärmt von der Stieftochter des großen Chefs. Man schwatzt durcheinander, irgendwo singt einer unsichtbar religiöse Texte. Dann kommt die Stieftochter, auch in schwarz und fragt, wer da singt. Man antwortet, das sei ein Gefangener. Die Stieftochter will ihn sehen, doch der Häuptling darf das nicht. Sie bezirzt ihn, er gibt nach und holt den Gefangenen . Der hatte sich hinter dem Klotz versteckt. Er ist völlig nackt. Die Stieftochter ist fasziniert, wovon auch immer. Sie will ihn berühren, seinen Leib, sein Haar, und schließlich will sie ihn küssen. Der Gefangene sträubt sich, dabei zieht er sich an, schwarz. Die Prinzessin zieht sich aus, bis zur Unterwäsche. Der Gefangene verflucht sie – eine sehr beliebte Handlung in der Oper – und setzt sich in eine Ecke. Wenigstens hat er jetzt was an. Der Häuptling nimmt sich das Leben. Alle schwarzgekleideten ziehen sich teilweise aus und es passiert eine Massenvergewaltigung der Stieftochter, teilweise geschehen auch homoerotische Handlungen. Der tote Häuptling steht auf und macht mit. Die Stieftochter nimmt es relativ gelassen hin.

Jetzt kommt der Chef vom Ganzen, der Stiefvater, natürlich in schwarz. Er kommt mit seiner Gemahlin, im schwarzen Kleid und roten Pumps – welche Farbenpracht!!! Der Chef schimpft über das Wetter, die Vögel in der Luft, die Unordnung im weißen Zimmer und ständig mit seinem Weib. Er will trinken, zanken, kurz er ist ein ständiger Nörgler. Es kommen fünf Schwarzgekleidete und streiten sich über das Judentum, schrill. Danach kommen zwei Schwarzgekleidete und singen weniger schrill. Der Chef schickt sie alle weg. Er hat genug getrunken und will seine Stieftochter tanzen sehen. Sie will nicht, da verspricht er ihr alles, was sie haben will. Das reizt sie, sie zieht sich rosafarbene Anziehsachen über und tanzt für ihren Stiefpapa, sieben verschiedene Tänze. Von der Frau des Chefs – ihrer Mutter – wird sie angefeuert, und die Stieftochter begeistert alle Schwarzgekleideten. Dann verlangt sie ihren Preis: Sie will den Kopf des Gefangenen, auf einem Silberteller. Der Chef ist entsetzt, verspricht ihr die tollsten Dinge, von der selbst seine Frau mit Staunen zur Kenntnis nimmt, was ihr Gatte für Geheimnisse hat. Die Stieftochter will aber den Kopf, und der Chef muß zustimmen. Ein Schwarzgekleideter geht durch eine weiße Tür und bringt den Gefangenen lebendig ins Zimmer, nicht mehr nackt, sondern im besten schwarzen Anzug. Die Stieftochter singt ihm ein Lied vor, sie erinnert ihn daran, was er alles haben hätte können, wenn er erlaubt hätte, daß sie ihn berührt. Er hört mit zunehmenden Interesse zu. Schließlich küßt sie ihn nicht im Triumph, sondern voller Zärtlichkeit, und er macht begeistert mit. Hand in Hand verlassen sie das Zimmer und gehen in eine helle Zukunft. Der Chef ist nicht zufrieden, obwohl seine Stieftochter offenbar eine guten Fang gemacht hat, denn er befiehlt, sie zu töten. Aus,  Schluß. Beim Happy-end wird wie gewöhnlich abgeblendt. Die Reaktion des Publikums bleibt unerkannt.

Soweit dieser Opernabend. Es war natürlich eine Adaption der Salome von Christoph Loy aus der Oper Helsinki. Musikalisch vom Feinsten. Szenisch zum Ausreißen. Am Abend danach habe ich mir den Salome-Film mit Stratas und Weikl angesehen. Das war auch optisch ein Genuß. Unten eine Art Trailer.

Viele Grüße von Sir Morosus

http://www.youtube.com/watch?v=gXArO8qGFcQ

 

Endlich wieder ein Bericht, von Dir lieber SIR. Und was für einer, der durch seinen süffisant ironischen Stil begeistert. Schöner kann man die Verfälschung einer Oper kaum aufzeigen. Leider ist das Machwerk keine Parodie sondern bittere Wahrheit. Danke.

Lass‘ uns bitte nicht so lange nach Deinen Beträgen dürsten. Ähnliche Beispiele, wie oben geschildert findest Du leider genügend.

Gerade haben Ingrid und Hans die Sängerfreunde im Bereich „Freude, Erheiterung und Besinnlichkeit“ geschildert, warum sie als  „ewige“ Bayreuth Besucher zu den Tiroler Festspielen nach Erl desertiert sind. Weil dort Brigitte Fassbaender Wagner authentisch  inszeniert.

Lieber Sir Morosus,

was für ein hirnloser Schwachsinn, den du mit sehr treffenden Worten beschrieben hast!! Die Inszenierung gibt es auch noch auf arte concerto zu sehen. Aufgrund deiner Schilderung habe ich im Querschnitt hineingeschaut. Da ich inzwischen die meisten berüchtigten Regisseure kenne, habe ich das Fernsehen schon garnicht eingeschaltet, um nicht unnötige Zeit in solche Verunstaltungen zu investieren. Die knapp 10 Minuten für die Querschnittsbetrachtung kann ich gerade noch verschmerzen.
Es tut mir leid, dass du in Gera nicht mehr die Möglichkeit hast, dir im Kino die Übertragungen aus der MET anzusehen. Dort gibt es noch einige Inszenierungen, die man als Opernfreund, der diese Werke kennt, ohne Verdruß ansehen kann, du wirst es sehen, wenn ich dir die DVD der Vorstellung der „Fedora“ vom letzten Samstag schicke. Auf DVDs (und das Kino, wo es möglich ist) sind wir Freunde der unentstellten Werke ja inzwischen angewiesen, denn das Fernsehen sendet auch fast ausschließlich solche verhunzten Inszenierungen. 3sat hat es zwar voriges Jahr doch tatsächlich auf drei oder vier Inszenierungen gebracht, die man noch ohne Reue anschauen konnte, dafür aber ein Mehrfaches an Inszenierungen des schalen, abgedroschenen und daher langweilenden Regisseurstheaters. Bei arte gab es in dem ganzen Jahr – soweit ich gesehen habe – nur eine Oper, die man mit Freude ansehen konnte: „Dalibor“ von Bedrich Smetana. 
Wie ich aus dem früheren Forum weiß, gibt es aber einige wenige Leute, die diese Regisseure sogar als „Künstler“ betrachten, und daher deren „künstlerische Freiheit“ reklamieren. Ein Künstler aber kann in meinen Augen nur einer sein, der eigene Werke liefert (in Bezug auf die Oper also – eventuell mit Hilfe eines Textdichters – den passenden Text und die Musik dazu). Aber nicht der, der fremde Werke mit nicht passendem Text und Musik, für seine Handlungsideen missbraucht. Als „Künstler“ kann eventuell noch einen Regisseur ansehen, der es versteht, Opern so zu inszenieren, dass sie spannend sind, aber das Werk nicht beschädigen. Aber das scheint vielen sogenannten modernen „Künstlern“ abhanden gekommen zu sein. Von den genannten Leuten wird immer wieder Neues gefordert, ohne dass sie überzeugen erklären könnten, warum das Neue vom ursprünglichen Werksinhalt abweichen muss. Ich habe von manchen Werken eine Reihe von Inszenierungen gesehen. Jede war anders, ohne dass der Werksinhalt beschädigt wurde; und jede brachte neue Spannung. Aber Text und Musik scheinen manche Leute (auch diese Regisseure) nicht mehr zu interessieren. Es gab sogar einmal den Vorschlag, man solle sich nicht mehr vorher über das Werk informieren, sondern einfach hinnehmen, was da auf einen zukommt. Aha
Mag also die musikalische Seite – wie du angibst – noch so gut sein, eine Oper ist ein Werk zum Sehen und Hören, und wenn das Geschehen nicht mehr zu dem zu hörenden Werk passt, dann ist für mich die Inszenierung völlig verfehlt und verdirbt auch die Freude an der Musik. Da kann dann nur eine konzertante Darstellung helfen. Und in dieser Hinsicht hat natürlich das Fernsehen den Vorteil, dass man das Bild abschalten kann, wenn man die Möglichkeit hat, den Ton über die Stereoanlage zu hören. Und mein Geld für eine Inszenierung auszugeben, in die ich nur mit undurchsichtigen Augenklappen gehen kann, dazu wäre mir jeder Cent zu schade.

Liebe Grüße
Gerhard

Liebe Sängerfreunde,

es ist leider nicht so besonders vergnüglich, einen satirisch anmutenden Beitrag über eine kaputtgemachte Oper zu schreiben, denn das setzt voraus, erst einmal 2-3 Stunden kopfschüttelnd und bei immer schlechter werdender Stimmung seiner Zeit zu opfern und sich Blödsinn anzuschauen, den man sonst nie ansehen würde. An Stoff mangelt es dazu allerdings nicht, gerade auf der Mediathek von arte oder 3Sat kann man leider fast nur verunstaltete Opern sehen, während ich sonst gerade diese beiden Sender mag.

Von Brigitte Faßbaender hatte ich in 1998 eine Inszenierung des Rigoletto in Chemnitz gesehen, die fand ich schrecklich. Es war eine furchtbare Erfahrung – an heutigen Maßstäben gemessen allerdings eine eher gemäßigte RT-Arbeit. Im Publikum gab es damals Mißfallensbezeugungen und schlechte Zuschriften an die Intendanz. Frau  Faßbaender hat auch öffentlich darauf reagiert und geschrieben, daß das ostdeutsche Publikum noch unerfahren in der Bewertung moderner Inszenierungen sei und es daran noch gewöhnt werden müsse. Naja. Man kann seine Meinung auch ändern. Ich habe aber keine Arbeit der von mir besonders als Marschallin hochgeschätzten Sängerin als Regisseurin wieder erlebt.

Herzlichst Sir Morosus

Zitat von Sir Morosus am 25. Januar 2023, 13:58 Uhr

Von Brigitte Faßbaender hatte ich in 1998 eine Inszenierung des Rigoletto in Chemnitz gesehen, die fand ich schrecklich. Es war eine furchtbare Erfahrung – an heutigen Maßstäben gemessen allerdings eine eher gemäßigte RT-Arbeit. Im Publikum gab es damals Mißfallensbezeugungen und schlechte Zuschriften an die Intendanz. Frau  Faßbaender hat auch öffentlich darauf reagiert und geschrieben, daß das ostdeutsche Publikum noch unerfahren in der Bewertung moderner Inszenierungen sei und es daran noch gewöhnt werden müsse. Naja. Man kann seine Meinung auch ändern. Ich habe aber keine Arbeit der von mir besonders als Marschallin hochgeschätzten Sängerin als Regisseurin wieder erlebt.

Herzlichst Sir Morosus

Lieber Sir Morosus, 

da muss aber das westdeutsche Publikum ebenso, wenn nicht noch unerfahrener in der Bewertung „moderner“ Inszenierungen sein, da hier ebensoviel Ablehnung gegenüber dem stumpfsinnigen, immer gleich einfallslosen Einerlei des Regisseurstheaters herrscht.  „Modern“ heißt doch nicht zwingend, dass man die Handlung verunstalten muss (wie es diese Regisseure wohl so sehen). Neu und mit modernen Mitteln ist z.B. auch die wundervolle „Fedora“, die ich dir nach der Inszenierung der MET gesandt habe. Der Regisseur hatte es nicht nötig, die Handlung zu entstellen. Brigitte Faßbender hat aber auch andere, vernünftigere Inszenierungen geschaffen.

Liebe Grüße
Gerhard

Ja, Danke für die DVD, ist heute 14.00 Uhr im Briefkasten gewesen und kommt sicher diese Woche noch auf den Player, nur nicht heute. Da regiert Handball mein Leben.

Nochmals vielen Dank und herzliche Grüße aus dem seit Tagen grauen Gera von Sir Morosus

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